«Soccerverse»
22.05.2018, 06:00 Uhr
So viele Daten stecken im Fussball
Wie gut ist der FC Basel im Vergleich zum FC Bayern München? ETH-Forscher haben ein Online-Ranking für Spitzenfussballvereine entwickelt. Dieses liefert Erkenntnisse zur Verbesserung von Rankingverfahren und umfasst verschiedene Anwendungen, mit denen man den internationalen Klubfussball analysieren kann.
Wie überraschend kam der Sieg von Atlético Madrid im Final der Europa League tatsächlich? Eigentlich gar nicht, wenn man bedenkt, dass die Madrilenen der sechstbeste Fussballklub der Welt sind, wohingegen Olympique Marseille erst an 53. Stelle rangiert und damit noch hinter dem Schweizer Serienmeister FC Basel (Rang 50) liegt. Und wie verhält es sich mit dem Final der Champions League 2018, der am 26. Mai in Kiew stattfindet? Wer ist stärker einzuschätzen, Real Madrid oder der FC Liverpool? Sind die Spanier wirklich deutlicher Favorit? Oder hat Liverpool doch ganz gute Chancen auf den Sieg?
Wenn im internationalen Klubfussball die letzten Runden der Champions League ausgetragen werden oder sich die Landesmeisterschaften der heissen Endphase zuneigen, steigt das Fussballfieber und die Debatten über die wahren Erfolgschancen der Teams nehmen zu. Doch wie stark ist beispielsweise der FC Basel im Vergleich zu Manchester City, gegen die sie im Achtelfinal der Champions League ausgeschieden sind?
Eine mögliche Antwort auf solche Fragen gibt ein von ETH-Professor Ulrik Brandes und Postdoktorand David Schoch vom Departement Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften entwickeltes Ranking, das erstmals alle Mannschaften der höchsten Spielklassen weltweit zueinander in Beziehung setzt: Soccerverse, ein Universum des Fussballs.
Eine Jahrzehnte umfassende Grundlage
Damit lassen sich nicht nur Klubs miteinander vergleichen, die noch gar nie gegeneinander gespielt haben, die Plattform bietet auch Spielvorhersagen, Erfolgsbilanzen von Trainern und laufend neue Fakten zur Methodik der Systemanalyse im Sport. Die Nutzungsmöglichkeiten der Seite sind vielfältig und voller Entdeckungen: Aktuelle Weltnummer eins ist demnach der FC Bayern München. Bei den beiden Champions League-Finalisten platziert sich Real Madrid auf Rang drei vor dem siebtklassierten FC Liverpool.
Möglich macht diese Vergleiche eine umfassende Datengrundlage: Aus 206 Ländern finden bisher über eine Million Spiele mit knapp drei Millionen erzielten Toren Eingang in die Analyse. Und wöchentlich kommen um die tausend Spiele hinzu. Eine Datenmenge also, die es zu bewältigen gilt. War dies anfangs eine Herkulesarbeit – die Verwertung reicht immerhin zurück bis ins Jahr 1888 – kann man den Prozess mittlerweile beinahe als Selbstläufer bezeichnen: «Die Aggregation der Daten läuft heute vollautomatisch, diese werden Soccerverse direkt von verschiedenen Internetseiten zugeführt», so Schoch. Dieser reibungslose Ablauf ist nicht zuletzt der Mitarbeit des ehemaligen Konstanzer Studenten Imant Daunhawer zu verdanken, der für die technische Umsetzung und Darstellung der Seite verantwortlich ist.
Somit können sich die beiden Forscher hauptsächlich auf die Weiterentwicklung und Ergebnisanalyse konzentrieren. Diese lässt nämlich durchaus Raum für Überraschungen: Dass die Berner Young Boys (aktuelle Weltnummer 80) die Schweizer Meisterschaft vor dem FC Basel (aktuelle Weltnummer 50) gewinnen würden, hatten zu Saisonbeginn wohl nur Wenige erwartet.