Wann sagt Microsoft endlich danke?

Lange Zeit hat Microsoft von Citrix profitiert - und umgekehrt. Beide Unternehmen blicken auf eine jahrzehntelange Partnerschaft zurück. Citrix hat den Windows-Desktop virtualisiert und punkto mobile Win-Apps (mit dem Windows-Receiver) entscheidende Anschubhilfe geleistet. Jetzt aber bricht der einstige Juniorpartner zu neuen Ufern auf. Apples iDevices und Googles Android rücken stärker in den Fokus. Die Citrix Synergy, die zurzeit in Los Angeles stattfindet, gibt eine Ahnung davon, wohin die Reise geht. Es ist die grösste, somit nach Teilnehmern erfolgreichste Synergy in der Geschichte des Unternehmens. Worauf gründet der Erfolg? "50 Prozent seines Umsatzes macht Citrix immer noch mit Windows as a Service, 25 Prozent mit Collaboration/Data Sharing (GoToMeeting, SHareFile) und 25 Prozent mit Netscaler", sagte Citrix-Chef Mark Templeton auf einem Pressebriefing in Los Angeles. Die Umsätze mit der Cloud- und Netzwerk-Maschine Netcaler sollen im abgelaufenen Geschäftsjahr besonders rasant angezogen haben: um starke 60 Prozent. Der mobile Formfaktor aber, das weiss auch Citrix-Chef Templeton, werde immer wichtiger. Und dort dominiert nicht Microsoft.

Noch greift Citrix seinem alten Kumpel Microsoft kräftig unter die Arme. Auf der Synergy zeigte Templeton, begleitet von spontanem Publikumsapplaus, die Mobility-Suite XenMobile, ein verbessertes ShareFile und den neuen Windows-Virtualisierer XenDesktop 7 (XD). XD 7 ist das erste Release der sogenannten Avalon-Produktserie, die Desktop und Win-Apps als "echte", mobile Cloud-Services bereitstellt. Lange hatte Citrix unter dem Projektnamen Avalon an Windows as a Service gewerkelt. Jetzt ist es endlich fertig.   Templeton portraitiert den neuen XD7 (für Windows Server 2012 und System Center 2012) mit den drei Schlagworten: mobile, simple und scalable. Eine Komponente des Cloud-Desktops ist HDX mobile, jetzt mit GPS, Sensor- und Kamera-Unterstützung für Android. Das seien nicht nur kleine Erweiterungen des alten HDX-Netzwerkprotokolls, betonte der Citrix-Chef. XD7 beherrscht Handgesten-Steuerung (natural gesturing), Bitraten-optimierte HD-Videos in nahezu perfekter Qualität und 3D-Modelling. Citrix zeigte einige beeindruckende Live-Demos mit Photoshop und AutoCAD auf mobilen Geräten, ohne erkennbare Verzögerungen oder Artefakten.

Mit XD7 und HDX mobile laufe jetzt so gut wie alles auf mobilen Devices, betonte Templeton. Einen wesentlichen Anteil daran hat der Citrix-Partner Nvidia, der auf der Synergy die Leistungsfähigkeit seiner virtuellen "Graphical Processing Unit" Kepler (vGPU) demonstrierte. Nvidias vGPU hat Virtualisierungstechnologie bereits in die Hardware eingebaut, also fest verdrahtet. Das ist immer performanter. Die vGPU werkelt auch im XD7. Laut Nvidia ist "Kepler" die industrieweit erste GPU für gehostete Apps im Shared-Nutzer-Betrieb. HD-Videos und 3D-Modelle laufen dadurch in weit besserer Qualität. Nächste Seite: Endlich, die Mobility-Suite XenMobile... Im Gegensatz zu Konkurrenten wie VMware und Microsoft fokussiert sich Citrix seit Jahren auf die End-User-Cloud und propagiert den mobilen Workstyle. Sicher zukunftsträchtig, und mit der neuen Software-Suite XenMobile gibt es endlich das passende Produkt dafür. XenMobile kommt im Juni in drei Versionen auf den Markt, als (i) vollumfängliche Enterprise Edition, als (ii) MDM Release (Mobile Device Management von der aufgekauften Zenprise) und als (iii) App Edition, funktional an die alte, aber weit verbreitete Terminalserver-Lösung XenApp angelehnt.

XenMobile Enterprise wird die drei Kernkomponenten Worx Mail, Worx Web Browser und ShareFile enthalten. Alle optimiert für mobile Devices, versteht sich. Unter "Worx" versteht Citrix eine Art gesicherte mobile App, gesichert über einen sogenannten Micro VPN-Tunnel (Micro Virtual Private Network). Da nicht jede Business-Software die Worx-Anforderungen erfüllt, liefert Citrix das passende "Worx App SDK" (Software Development Kit) für Software-Entwickler gleich mit. Ein Virtual Private Network ist letzten Endes eine verschlüsselte und dadurch sichere Verbindung zwischen einem (mobilen) Device und dem Backend (wie ERP, Mail, CRM). Citrix' Micro VPN baut eine verschlüsselte Verbindung nicht für den gesamten Desktop, sondern pro Applikation auf. Dadurch lassen sich auf einem Hardware-Device private Apps und sicherheitskritische Enterprise-Apps parallel benutzen, ohne die Sicherheit von Unternehmensdaten zu gefährden.

"Anwender halten sich nicht an Policies und installieren dann doch, was sie wollen", sagte Citrix VP CLoud Ahmed Datoo im Gespräch mit CW. Citrix Micro VPNs sind einfacher und eleganter als die Lösung von VMware. VMware implementiert zwei virtuelle Betriebssysteme - eins für die private, eins für die geschäftliche Nutzung - auf ein  und demselben Hardware-Device, um zu verhindern, dass kritischer Daten in falsche Hände fallen. Nächste Seite: So sichern Sie Business-Apps Angeblich soll man mit dem Worx App SDK relativ leicht, nämlich im Wesentlichen durch Einfügen der Code-Zeile MDXSDK / Function rename.h Business-Apps für das mobile, sichere Worx tauglich machen können. Zurzeit gebe es etwa 80 Worx-zertifizierte Apps, sagte Templeton, darunter natürlich viele Citrix-eigene Applikationen wie die Video-Konferenzlösung GoToMeeting und das Remote-Access-Paket GoToMyPC.

Die nach XenDesktop 7 und XenMobile dritte Key-Neuerung heisst ShareFile. Citrix hat seine Document-Sharing-Lösung ShareFile um sogenannte Storage-Zonen erweitert, um Dokumente entweder gehostet, über Cloud-Anbieter oder auf den eigenen Servern verwalten zu können. Das neue ShareFile unterstützt über sogenannte Storage-Zone-Connectors die Microsoft-Cloud Windows Azure und Microsoft SharePoint.

Citrix ist dasjenige Unternehmen, das den mobilen Lebensstil (mobile workstyle) für Busines-Endanwender am Breitesten und Konsequentesten vorantreibt. Citrix hat wesentlichen Anteil an der "Mobilisierung" von Microsofts Windows Desktop und Windows-Applikationen. Zwar schleichen sich stärker Microsoft-fremde Systeme in die Keynotes ein, ein XD7-Player für MacOS, Samsung oder Android. Wegen des starken Anteils am eigenen Umsatz - 50 Prozent verdient Citrix mit der Virtualisierung von Windows -  wird Citrix seinem alten Partner aber wohl oder übel noch ein Weilchen die Treue halten müssen.

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