22.10.2009, 14:35 Uhr

Implenia baut auf Windows 7

Microsofts neues Betriebssystem ist auf dem Markt. Das Bauunternehmen Implenia überspringt Vista und rollt derzeit schweizweit Windows 7 aus.
An allen Ecken der Schweiz wird gebaut und Implenia werkelt kräftig mit. Derzeit allerdings hat der Schweizer Baudienstleister noch eine ganz andere Baustelle zu betreuen: Ein Projektteam von fünf IT-Fachleuten arbeitet mit Hochdruck daran, Windows 7 firmenweit zu installieren. Aufbauend auf den Erfahrungen aus der Betaphase, entschied das Unternehmen, seine rund 2300 Notebooks und Desktops schon jetzt auf das neue Microsoft-System zu migrieren.
Bisher lief auf den firmeneigenen Rechnern Windows XP. «Windows Vista haben wir bewusst ausgelassen», berichtet Andy Galliker, Systems Engineer bei Implenia, «da wir einzelne Anwendungen im Einsatz haben, die unter Vista nicht einwandfrei funktionieren, und weil die Performance von Vista nicht mit unserer Hardware vereinbar war».
Durch die Teilnahme am Beta-Programm von Windows 7 ist die Implenia-IT nun wieder auf dem aktuellen Stand. Dabei setzt der Konzern auf die bestehende Hardware: Da zwischenzeitlich schon Vista-kompatible Rechner angeschafft wurden, besteht kein Bedarf für neue PCs. «Die Anforderungen für die optimale Nutzung von Windows 7 sind tiefer als bei Vista», berichtet der Projektleiter aus seiner Erfahrung.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, mit welchen Schwierigkeiten Implenia bei der Migration zu hadern hatte.
Die Beta von Windows 7 lief zunächst nur auf einzelnen Testclients in der IT-Abteilung. In dieser Phase wurden die Standard-Clients entwickelt, die später mit dem Release Candidate von Windows 7 auch von den Endanwendern getestet wurden. «Das ging nicht ohne Schwierigkeiten», gibt Andy Galliker zu. «Das Hauptproblem war die Verfügbarkeit von Windows-7-Treibern und die Hardware-Kompatibilität. Zudem waren Low-Level-Produkte wie Antiviren-Software nicht von Beginn des Projekts an verfügbar.» Mit Support von Microsoft habe Implenia aber rasch Fortschritte gemacht.
Ein Problem ist aktuell noch der Betrieb von unterschiedlichen Wireless-WAN-Modulen unter Windows 7. Hier fehlt die Software noch. «Vorerst müssen wir auf den Corporate Network Access von Swisscom verzichten», schränkt der Projektleiter ein. Allerdings arbeitet der Hardware-Zulieferer schon an einer Lösung.
Virtuelles Windows XP
Für Problemfälle bringt Windows 7 eine virtuelle XP-Umgebung mit, in der inkompatible Software vorübergehend betrieben werden kann, bis eine Windows-7-Version vorliegt. Auf den ersten Blick ist bei Implenia der Bedarf durchaus vorhanden: In den unterschiedlichen Abteilungen werden rund 150 Applikationen eingesetzt, darunter Microsoft Office, Project, SharePoint, Visio, Acrobat, AutoCAD, Citrix XenApp Client, Leica GeoOffice, SAP 7.10 und der Swisscom Unlimited Data Manager.
Jedoch bereitet keine dieser Anwendungen dem Windows-7-Team ernsthaft Kopfschmerzen. Den optionalen XP-Mode sieht die Implenia-IT kritisch, da er - wie Andy Galliker sagt - einen enormen zusätzlichen Administrationsaufwand bedeute. Die virtuellen Clients auf den Geräten der Benutzer müssen zusätzlich verwaltet und gewartet werden.
«Den XP-Mode erachten wir als letzte Notlösung, die wenn immer möglich umgangen werden sollte», gibt der Projektmanager als Losung aus. Die Anwender, die Implenia-IT und die Geschäftsleitung versprechen sich von Windows 7 schliesslich eine deutliche Produktivitätsverbesserung und weniger administrativen Aufwand.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie die Implenia-Anwender Windows 7 aufgenommen haben.
Aus Sicht der Implenia-IT erfüllt das Betriebssystem alle Erwartungen. Etwa hilft «AppLocker» den Administratoren beim Durchsetzen von Browser-Standards. Sie verhindert auch, dass Benutzer unerwünschte Browser auf den Clients einrichten, die sich ohne Administratorrechte installieren lassen.
Aus den Tests der Endanwender erhielt das Windows-7-Team positive Rückmeldungen über die neuen Taskleistenfunktionen. So hilft die Vorschau auf geöffnete Dateien den Benutzern beim Navigieren. Als nützlich erwies sich in der Testphase auch die Möglichkeit, eigene Bibliotheken zu erstellen. Damit findet der Anwender schneller gewünschte Dateien, wenn er einmal nicht mehr weiss, wo er sie gespeichert hat.
Die Implenia-Mitarbeiter nutzen auch gerne die neuen Goodies: Das «Snipping Tool» schneidet spezifische Bildschirminhalte aus und speichert sie als Bild. «Sticky Notes» sind Heftzettel für den Bildschirm, auf denen Notizen erstellt werden können - das verhindert den Papierkrieg am Arbeitsplatz. «Sie können bei der täglichen Arbeit sehr hilfreich sein», hört Andy Galliker immer wieder. Gegenüber XP biete Windows 7 einige Vorteile, resümiert der Projektleiter.
Die Administratoren haderten nur mit kleineren Unzulänglichkeiten. Etwa damit, dass Dateien ohne Rückmeldung an einen anderen Speicherort umgeleitet werden oder, dass selbst mit Administratorrechten keine Anpassungen an bestimmten Dateien ausgeführt werden können - etwa an der Datei «services» im Windows-Systemverzeichnis «drivers\etc». Zwei Einträge in dieser Datei sollen zum Beispiel sicherstellen, dass das SAP-System sauber funktioniert.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, welches Potential von Windows 7 die Implenia-IT derzeit noch brach liegen lässt.
Das grösste Business-Potenzial von Windows 7 hat sich das Unternehmen laut Andy Galliker aber noch gar nicht erschlossen. Damit spielt er auf «Branch Cache» und «DirectAccess» an, die beide noch evaluiert werden. Von «Branch Cache» verspricht er sich einen schnelleren Datenzugriff für Mitarbeiter an Standorten ohne eigenen Server.
Die Funktion «DirectAccess» erspart mobilen Benutzern das Einwählen ins Firmennetz. «Auf dieses Feature wollen wir keinesfalls verzichten», so die Ansage des IT-Experten. Für den Betrieb ist aber ein Server-Upgrade notwendig, denn nur Windows Server 2008 R2 unterstützt die Funktionen. Aktuell betreibt Implenia grösstenteils Windows Server 2003 R2 und vereinzelt Windows Server 2008.
Schulung vor dem Umstieg
Der Baukonzern will auch noch alle Anwender schulen, bevor sie produktiv mit Windows 7 arbeiten. «Noch ist die Migration nicht abgeschlossen. An den rund 60 Implenia-Standorten werden wir gleichzeitig die Migration auf Windows 7 und Benutzerschulungen durchführen», gibt der Projektverantwortliche als Marschroute vor.
Inhalte der Trainings sind die Neuerungen im Betriebssystem, die dem jeweiligen Angestellten bei seiner täglichen Arbeit helfen und seine Abläufe optimieren können. Zudem zeigt die Implenia-IT den Benutzern auf, welches ihr notwendiger Beitrag zur Sicherheit der Unternehmensdaten ist.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, welches Fazit Implenia zieht und welche Tipps Andy Galliker für migrationswillige Unternehmen hat.
Fazit: Produktiver Arbeiten
Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Windows-7-Projektteam zufrieden mit der Umstellung. «Da wir ein Enterprise Agreement besitzen und somit das Recht haben, auf das neuste Betriebssystem zu migrieren, kostet uns Windows 7 nur Zeit », erklärt der Projektleiter. Zeit, die das Unternehmen aber durch das Upgrade im täglichen Betrieb wieder einsparen will.
Fünf Tipps für die Migration
Unternehmen, die den Umstieg auf Windows 7 prüfen, gibt Andy Galliker von Implenia fünf Tipps für die erfolgreiche Migration:
(1.) Prüfen Sie Ihr komplettes Hardware- und Software-Inventar auf Windows-7-Tauglichkeit.
(2.) Erstellen Sie eine Liste allfälliger Komponenten wie Drucker, Kartenleser, Messgeräte und Scanner, die an die Clients angeschlossen werden. Prüfen Sie dann, ob Windows 7 die Treiber mitbringt oder ob die Hersteller diese anbieten.
(3.) Spezifizieren Sie einen Windows-7-Basisclient, auf welchem die Kernanwendungen des Unternehmens installiert werden.
(4.) Nehmen Sie Endbenutzer mit ins Projektteam und lassen sie diese beim Design der Clients mitarbeiten. Ausserdem sollten diese Anwender den Windows-7-Basisclient in einer Pilotphase testen und abnehmen.
(5.) Halten Sie im Vorfeld fest, welche Windows-7-Features im Rahmen der Migration umgesetzt werden sollen und welche erst in einem zweiten Schritt realisiert werden. Es kann letztendlich vieles umgesetzt werden, jedoch gilt es auch immer, den Kosten- und Zeitfaktor zu berücksichtigen.



Das könnte Sie auch interessieren