Quelloffene Software steht in der Schweiz hoch im Kurs

Nutzung auf dem Desktop gestiegen

Eine Ursache für die hohe Bedeutung von Open Source Software ist die stetig zunehmende Nutzung quelloffener Lösungen. Die Resultate der diesjährigen Open Source Studie zeigen auf, dass deren Einsatz gegenüber der letzten Untersuchung im Jahr 2015 in praktisch allen Anwendungsgebieten noch einmal deutlich zu­genommen hat. Am stärksten fällt das Wachstum bei den Desktop-Anwendungen auf. Hier kletterte die Nutzung quelloffener Applikationen um 27,3 Punkte. Konkret von 29,0 Prozent im Jahr 2015 auf 56,3 Prozent in diesem Jahr. Die populärsten Open-Source-Desktop- Anwendungen sind der bekannte Browser Firefox, der Datenkompressor 7-Zip und der bekannte Mediaplayer VLC. Dahinter folgen die Photoshop-Alternative Gimp, die Passwortverwaltung KeePass, der Mail-Client Thunderbird und die (Microsoft-)Office-Alternative Libre­Office. Auch wenn so mancher Studienteilnehmer die eingeschränkten Möglichkeiten der PowerPoint-Alternative von LibreOffice in der Befragung monierte.
Ein weiterer, sprunghafter Anstieg ist bei den internen Suchmaschinen festzustellen. Während 2015 erst 27 Prozent angaben, eine Open-Source-Technik für die interne Dokumentensuche einzusetzen, ist der Wert dieses Jahr um über 17 Prozentpunkte auf 44,6 Prozent angestiegen. Vermutlich ist dieses Wachstum primär einem populären Open Source Brand geschuldet: Elasticsearch. Diese fle­xible Open-Source-Suchtechnik wird heute auf vielseitige Weise für interne Dateien, integrierte CMS-Suchen oder Log-File-Analysen verwendet.

Open Source dominiert Cloud Computing

Quelle: Open Source Studie 2018
Der Cloud-Bereich verzeichnet dank der rasch steigenden Verbreitung der Container-Software Docker das zweitgrösste Wachstum. 2015 nutzten 33,5 Prozent der befragten Unternehmen und Behörden quelloffene Cloud-Lösungen. Dieses Jahr nutzt die Mehrheit (55,9 %) Open-Source-Systeme für die Cloud. Das entspricht einem Plus von 22,4 Prozentpunkten. Sowohl beim Einsatz (31,0 %) als auch bei der Nachfrage (23,9 %) liegen Cloud-Storage-Lösungen im Trend. Mit Nextcloud und dessen ursprünglichem Open-Source-Projekt OwnCloud sind zwei praktische Alter­- nativen zu Dropbox respektive Google Drive verfügbar, die es jedoch erlauben, die Daten auf eigenen Servern zu speichern. Zudem bieten Nextcloud und OwnCloud dank Mobile-Apps und Desktop-Anwendungen für alle Betriebssysteme den Komfort proprietärer Lösungen.
Kein Wunder also, dass der Open-Source-Cloud-Storage-Ansatz gerade im Unternehmenskontext immer mehr an Popularität gewinnt. Übrigens werden 71 Prozent aller Web-Server mit Apache httpd oder Nginx und Server-Betriebssystemen wie Suse oder Red Hat Linux betrieben.
Insgesamt sind Software-Entwicklungen mit offenen Programmiersprachen besonders beliebt: Vier von fünf (78,9 %) befragten Firmen und Organisationen coden in Java und Co. Im Durchschnitt hat die Open-Source-Nutzung gegenüber 2015 um 7,2 Prozentpunkte zugenommen – fast doppelt so viel gegenüber dem Wachstum von 2012 bis 2015, das damals 3,7 Prozentpunkte betrug. Einen grossen Sprung nach vorn (plus 17,0 %) haben Open-Source-Komponenten und Release-Management-Tools erzielt. Diese werden heute von 62,0 Prozent der befragten Organisationen eingesetzt. Tatsächlich sind Versionierungs-Tools wie Git heute von vielen internen Software-Entwicklungs-Teams zur kollaborativen Zusammenarbeit im Einsatz. Und moderne JavaScript Frameworks wie Angular auf dem Client oder Node.js auf dem Server genies­sen eine steigende Popularität. Nicht ohne Grund erreicht man mit ihnen doch eine hohe Effizienz und Qualität in der Software-Entwicklung. Wie von Swisscom-CEO Urs Schaeppi exemplarisch beschrieben, nutzen heute viele IT-Firmen für ihre Produktentwicklung einen durchaus hohen Anteil an Open Source Software als Basis und packen «oben drauf» noch Eigenentwicklungen.

Hoher Bedarf an offenen Business-Lösungen

Quelle: Open Source Studie 2018
Auf der anderen Seite besteht in manchen Gebieten noch grosser Bedarf an Open-Source-Alternativen zu proprie­tären Applikationen. Insbesondere wünschen sich die Befragten mehr quelloffene Business Software. Jeder vierte Studienteilnehmer (24,4 %) zeigte Interesse an Customer-Relationship-Management-Lösungen (CRM) auf Open-Source-Basis. So zeigt der niedrige Einsatzgrad von 11,7 Prozent, dass im CRM-Bereich potenziell eine grosse Nachfrage vorhanden wäre, wenn es denn geeignete Alternativen gäbe. So wird zwar auf dem Software-Infor­mationsportal alternativeTo.net eine Vielzahl von Open-Source-CRMs wie Vtiger oder CiviCRM angegeben, aber offensichtlich sind diese im Gegensatz zu Lösungen wie Salesforce oder Microsoft Dynamics erst wenig verbreitet.
Ein ähnliches Bild zeichnet der Bereich Enterprise Resource Planning (ERP). Auch hier besteht mit 21,6 Prozent Verbreitung noch ein relativ hoher Bedarf an Open-Source-Alternativen zu SAP und Co. und auch hier nutzen mit 8 Prozent der befragten Firmen und Behörden erst wenige eine quelloffene Anwendung. Das erstaunt, denn mit Odoo, Adempiere oder SQL-Ledger stünden eigentlich seit Jahren ausgereifte ERP-Lösungen auf Open-Source-Basis am Markt bereit. Und anders als im CRM-Bereich bieten hier auch namhafte Schweizer Open-Source-Spezialisten Dienstleistungen für quelloffene Lösungen an.
Anmerkung: Der Bericht wurde von Matthias Stürmer und Carole Gauch von der Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit der Universität Bern verfasst.



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