Open Source Studie 2018
20.06.2018, 13:40 Uhr
Quelloffene Software steht in der Schweiz hoch im Kurs
Die Open Source Studie 2018 illustriert eindrücklich: Quelloffene Softwareist aktueller denn je, trotz ihrer 20-jährigen Geschichte. Der Einsatz von Open Source hat in der Schweiz gegenüber 2015 in fast allen Einsatzbereichen zugenommen.
(Quelle: Shutterstock/Crazymedia)
Der im Mai angekündigte Kauf der Entwicklerplattform GitHub durch Microsoft für 7,5 Milliarden US-Dollar zeigt eindrücklich, wie wertvoll Open Source Communities für grosse Software-Konzerne geworden sind. Insbesondere der Fall Microsoft ist spannend. Noch vor wenigen Jahren stemmte sich der weltgrösste Software-Hersteller gegen Open-Source-Lösungen. Doch seit Satya Nadella an der Spitze steht, bewegt sich Hersteller Microsoft mit grossen Schritten auf die Open-Source-Gemeinschaft zu. «Wir setzen voll auf Open Source», bekräftigte Nadella anlässlich der Übernahme. Der Grund liegt auf der Hand: Kunden nutzen neue Formen von Software, IT-Leistungen und Bezugsmodelle wie Apps, Cloud Computing oder die verschiedenen As-a-Service-Angebote.
Auch in der Schweiz steht Open Source hoch im Kurs. Sowohl bei Unternehmen als auch bei Akteuren der öffentlichen Hand. Swisscom-CEO Urs Schaeppi unterstreicht im Vorwort der «Open Source Studie 2018» die wichtige Rolle von Open Source Software für die heutige ICT-Branche: «In der Entwicklung haben wir die Faustregel: 80 Prozent Open Source plus 20 Prozent Eigenentwicklung für innovative, einfach nutzbare und differenzierende Produkte.»
Die Frage nach der Relevanz von Open Source Software stand auch am Anfang der Umfrage, die dieses Jahr durch die Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit im Auftrag der Branchenverbände swissICT und CH Open an die Mitglieder von swissICT und an Behörden verschickt wurde. Das Resultat bestätigt Microsoft und Swisscom: Von den 243 Antwortenden gaben rund 60 Prozent (59,7 %) an, die Bedeutung von Open Source Software habe in den letzten drei Jahren eher oder sogar stark zugenommen. Jeder dritte Studienteilnehmer (32,5 %) meinte, dass die Relevanz gleich geblieben sei. 7 Prozent waren der Meinung, dass sie abgenommen habe.
Gute Gründe für den Einsatz von Open Source
Des Weiteren zeigt die Studie: Die positiven Seiten beim Einsatz von Open Source überwiegen. Die normierte Summe der Gründe für und gegen Open Source zeigt auf, dass bei 54,1 Prozent der Antwortenden die positiven Eigenschaften von Open Source Software überwiegen. Bei 27,0 Prozent hielten sich Einsatzgründe und Hinderungsgründe die Waage. Hingegen sahen 18,9 Prozent der Befragten mehr Hinderungsgründe als solche, die für den Einsatz von Open Source Software sprechen.
Die Analyse der Gründe für die Nutzung von Open Source Software ergab, dass wie bereits 2015 auch dieses Jahr wiederum die Unterstützung offener Standards und damit die Interoperabilität von Open-Source-Lösungen deutlich an der Spitze liegt. An zweiter Stelle empfinden es die Befragten als entscheidend, durch Open Source Software breit abgestützte Software-Lösungen und -Komponenten zur Verfügung zu haben.
Rund 84 Prozent der antwortenden Unternehmen und Behörden sehen in der hohen Verbreitung von Open Source Software einen wichtigen Vorteil. Damit einhergehend zeigt sich, dass den befragten Firmen und Behörden beim Einsatz von Open Source Software die grosse Community für den Wissensaustausch wichtig ist. Wie bereits 2015 sind auch dieses Jahr praktisch unverändert fünf von sechs der befragten Organisationen (83,9 %) dieser Meinung.
Als Folge dieser globalen Reichweite von Open-Source-Lösungen können die Einsatzgründe der erhöhten Sicherheit und Stabilität verstanden werden, die in der aktuellen Umfrage deutlich an Relevanz zugenommen haben. Erst an sechster Stelle folgen potenzielle Kosteneinsparungen, was offenbar nur einer von vielen Gründen für den Einsatz von Open Source Software darstellt. Des Weiteren gaben rund drei Viertel der befragten Behörden und Unternehmen an, dass die bessere Kompatibilität zwischen Tools und Komponenten, die grosse Auswahl an Open-Source-Komponenten sowie kurze Innovationszyklen für sie wichtige Gründe für den Einsatz von Open Source Software darstellten. Der wachsende Einsatz von Open-Source-Lösungen verursacht auch Verschiebungen bei den gegenwärtigen Hinderungsgründen. Die Verwendung von Open-Source-Lösungen macht den Anwendern offenbar bewusst, dass gewisse Funktionen noch immer fehlen, denn dieses Argument wird als wichtigstes Problem wahrgenommen. Auch Sicherheitslücken werden als relevanter Hinderungsgrund genannt – ein weiterer Indikator, dass Open Source Software in geschäftskritischen Bereichen angewendet wird oder werden soll.
Deutlich abgenommen hat die Angst, auf Open-Source-Systeme zu migrieren. Ein Wechsel auf entsprechende Alternativen zu proprietären Lösungen scheint unterdessen salonfähig zu sein – nicht weiter erstaunlich, da der angeblich schlechte Ruf von Open Source Software von 71,9 Prozent der Antwortgeber als unwichtig eingestuft wird.
Zur Methodik
Open Source Studie 2018
Die Studie über die Anwendungsgebiete, Einsatzgründe sowie Hindernisse von Open Source Software in Schweizer Unternehmen und Behörden wird seit 2003 im Auftrag der Verbände swissICT und CH Open durchgeführt. Erneut hat die Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit der Universität Bern die Studie verantwortet. Die Erhebungspopulation der Umfrage umfasst die 781 Firmenmitglieder von swissICT sowie 68 Mitgliedsorganisationen der Schweizerischen Informatikkonferenz (SIK). Unter Ausschluss von Personen bzw. Organisationen, die in beiden Adressdatenbanken aufgeführt waren, resultiert eine Erhebungspopulation von 821 Organisationen. Die Delegierten dieser Organisationen wurden persönlich per E-Mail zur Online-Umfrage eingeladen. Antworten erhielten die Studienorganisatoren von 243 Personen. Noch ausgeprägter als in den Vorjahren beteiligten sich dieses Jahr Personen mit einer Leitungsfunktion an der Umfrage. Mit 45,4 Prozent stellen Geschäftsführerinnen und CEOs die grösste Gruppe unter den Befragten dar. Rund ein Drittel der Befragten üben eine Funktion wie Leiter Informatik, CTO, CIO oder CDO aus. 15,3 Prozent der Befragten gaben IT-Projektleitung, Software-Entwicklung oder eine andere IT-Tätigkeit an. 9,2 Prozent der Befragten üben eine Funktion ausserhalb der IT aus. Die vollständige Studie steht unter diesem Link zum Download bereit.