27.01.2015, 11:26 Uhr

VMware vSphere 6 - die Neuerungen im Detail

Genügen die Neuerungen der vSphere-6-Version um VMwares Marktführerschaft bei der Server-Virtualisierung weiter auszubauen?
* Thomas Drilling ist freier Autor und befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Themen Linux und Open-Source-Software. Dieser Artikel erschien ursprünglich in unserer Schwesterpublikation Tecchannel.de. VMware hat bereits im Sommer 2014 auf seiner Hausmesse VMworld interessante Details zur kommenden vSphere-Version 6 rausgelassen. Da bei VMware rückblickend rund 6 Monate zwischen Testversion und Release liegen, ist in den nächsten Wochen mit der neuen vSphere-Version 6 zu rechnen. Genügen die Neuerungen, um VMwares Position als Marktführer bei der Server-Virtualisierung zu festigen? Schaut man auf die Marktanteile rangiert vSphere in der Nutzergunst zwar deutlich vorn, doch die Konkurrenz holt mit Riesenschritten auf, allen voran Microsoft mit Hyper-V. Die Redmonder unterstützen wechselwillige Unternehmen offenbar massiv mit Know How und kostenlosem Support. Für lukrative Migrationsprojekte werden sogar Fachleute aus USA eingeflogen, um Umsteiger mit bestmöglichen Ergebnissen bei einem Wechsel zu Hyper-V zu unterstützen. Daran lässt sich ablesen, welchen Stellenwert die Themen Cloud und Virtualisierung, respektive Azure und Hyper-V bei Microsoft, ja bei allen grossen IT-Playern derzeit geniessen. Dass dieses Jahr eine neue Windows-Server-Version 10, einschliesslich neue Hyper-V-Version (NextGen) erscheint und Citrix gerade die neue Version 6.5 seines XenServer mit interessanten Neuerungen veröffentlicht hat, setzt VMware weiter unter Druck und steigert die Erwartungen an vSphere 6.

vSphere-Client neu aufgelegt

Nutzer des nativen vSphere-Clients - das sind vor allem kleine Unternehmen, die einen einzelnen ESXi-Host ohne vCenter betreiben - dürfen sich freuen. Nachdem VMware die Weiterentwicklung des C#-Clients zugunsten des nur im Zusammenhang mit einem vCenter-Server verfügbaren Web-Clients mit der Version 5.1 eingefroren hatte, mussten Betreiber kleiner Virtualisierungsumgebungen entweder mit dem verminderten Funktionsumfang leben oder zur Kommandozeile greifen. Inzwischen ist es aber auch zu VMware durchgedrungen, dass der Web Client nicht durchweg auf Gegenliebe stösst. Sicher war dieser bei seinem Erscheinen ein faszinierendes Stück Software und seiner Zeit voraus. Heute erweist sich das Flash-basierte Design aber als Pferdefuss. Es macht den Web Client nicht nur träge, sondern auch in vielen Szenarien nicht vernünftig einsetzbar (mehr dazu lesen Sie hier vsphere-6.rtf#Flash). Zudem wird der Web Client vom einen oder anderen Systemverwalter aus Sicherheitsgründen eher skeptisch beäugt. Auf lange Sicht wird VMware nur mit einem modernen HTML5-Client wieder Boden gut machen können. Ein solcher wird mit vSphere 6 allerdings definitiv nicht kommen, zu viel hat VMware in den bisherigen Client investiert. Dafür will VMware den C# Client für Windows entgegen ursprünglicher Planungen auch mit vSphere 6.0 noch ausliefern und zwar mit überarbeitetem Funktionsumfang. Dass die jetzige Version 5.5, die wie beschrieben funktional auf dem Stand von 5.1 ist, zum Beispiel keine Version-10-VMs anlegen oder bearbeiten kann, ist vielen Admins ein Dorn im Auge. Diese Einschränkung soll mit der neuen, definitiv letzten Version 6.0 des vSphere-Clients der Vergangenheit angehören.

Neues Platform Services Controller

Neben den funktionalen Erweiterungen soll vSphere 6.0 mit dem Platform Services Controller (PSC) ein neues Modul erhalten, in dem eine Reihe grundlegender Basisfunktionen zum Betrieb einer vSphere-Umgebung zusammenfasst sind. Dazu gehören zum Beispiel auch das schon für vSphere 5.5 grösstenteils neu entwickelte SSO, das das Verwalten eines vCenters im Active Directory ermöglicht und eine zentrale Verwaltungsmöglichkeit aller VMware-Lizenzen, sowie ein Sub-Modul zur Registrierung der einzelnen Produkte. Systemverwalter werden das neue Modul begrüssen, denn bislang erforderte das Verwalten von Zertifikaten viel Handarbeit, weil es nicht wirklich konsistent gelöst ist. Der neue PSC bringt eine eigene VMware Certificate Authority (CA), einschliesslich Certificate Store mit. Die CA kann wahlweise eigene selbst zertifizierte Root-Zertifikate erstellen oder Zertifikate von anderen CAs verwalten. Sie stellt für jeden ESXi-Host ein Zertifikat zur Verfügung, wenn der Systemverwalter diesen einem vCenter hinzufügt. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Virtual Datacenter

Virtual Datacenter

Bisher können Systemverwalter ihre vSphere-Umgebung mit Hilfe von Datacentern, Clustern, Ressourcenpools und Ordner strukturieren, wobei es sich bei den beiden Letztgenannten um logische Einheiten zum Gruppieren virtualisierten Ressourcen handelt. Neben einer besseren Übersicht dienen Ordner und Ressourcenpools auch dem effizienten und gezielten Zuweisen von Ressourcen und Berechtigungen. In vSphere 6-0 führt VMware eine weitere logische Einheit, das Virtual Datacenter ein, quasi VMwares Software-Defined-Datacenter-Technologie. Diese fasst sämtliche Cluster, Storages, Netzwerke, sowie dazu gehörende Policies eines einzelnen vCenter-Servers zusammen und kann unter anderem eine neue VM in Abhängigkeit von ihren Eigenschaften automatisch initial auf einem der enthaltenen Cluster zu platzieren. Dazu muss allerdings DRS auf allen Clustern aktiv sein.

Virtual Volumes

Eine weitere immer wieder angekündigte und mit vSphere 6 offenbar endlich eingeführte Neuerung hört auf den Namen Virtual Volumes (VVOL). Hierbei handelt es sich um eine Technologie, die Software-Defined Storage in SAN- und NAS-Arrays erlaubt. Das Feature zeigt virtuelle Festplatten an, als handele es sich um native Storage-Objekte und ermöglicht detaillierte Array-gestützte Operationen auf der Ebene virtueller Festplatten. Allerdings wird das Feature Virtual Volumes unter Fachleuten seit langem durchaus auch kontrovers diskutiert.

vMotion im WAN

Neben Virtual Volumes besteht die wichtigste Neuerung von vSphere 6 in einer Funktionserweiterung für vMotion , das künftig über die Grenzen von vCentern hinaus funktionieren soll. Das Verschieben von Workloads im laufenden Betriebs auf einen anderen Host gehört vom Prinzip her zu den Keyfeatures aller virtuellen Infrastrukturen. Die ersten Implementationen von VMware und Microsoft wiesen allerdings noch Einschränkungen auf, die von den Herstellern erst nach und nach von Version zu Version gelockert werden konnten. So bestand eine der anfänglichen Voraussetzungen darin, dass das Verschieben von laufenden VMs stets einen Cluster und Shared Storage voraussetzte. Erst mit vSphere 5.1 hat VMware Enhanced vMotion eingeführt, das einen Umzug von VMs zwischen zwei Host mit dem Feature Storage vMotion kombinierte. Microsoft hatte zu diesem Zweck mit Hyper-V 2012 die Funkion Shared Nothing Live Migration eingeführt. Die bislang grösste Einschränkung im Zusammenhang mit vMotion bestand allerdings darin, dass vMotion/Storage vMotion, bzw. Enhanced vMotion nur innerhalb der vorgegeben Verwaltungseinheiten einer vSPhere-Umgebung möglich war, also beispielsweise innerhalb eines Datacenters, also zwischen im gleichen vCenter-Server verwalteten Hosts. Die Einschränkung betrifft im Wesentlichen grosse Unternehmen, die mehrere Rechenzentren betreiben oder den Einsatz in hybriden Cloud-Umgebungen. Mit vSphere 6.0 soll auch diese Einschränkung wegfallen, sodass sich sVMs künftig auch über die Grenzen von Datencentern und vCentern hinweg verschieben lassen. Neu ist auch, dass vMotion nicht mehr nur zwischen Hosts arbeitet, die am selben Distributed vSwitch hängen.

Fault Tolerance für SMP

Ebenfalls neu ist, dass sich VMwares HA-Implementation Fault Tolerance (FT) ab vSphere 6 nicht mehr auf VMs mit einer vCPU beschränkt. Auch dieses Feature wurde von VMware schon mehrfach angekündigt. FT geht über das HA-Feature in einem vSphere-Cluster hinaus. Nutzer in der Schweiz verstehen unter Hochverfügbarkeit in der Regel nämlich etwas anderes, als das was die US-Hersteller unter diesem Feature anbieten, also etwa der HA-Cluster bei vSphere. Geht es um das unterbrechungsfreie Ausführen von VMs, ist VMware FT das "härtere" Feature. Der Unterschied ist bedeutsam: bei FT läuft auf einem Secondary Server die VM synchronisiert mit, belegt dort also aktiv Ressourcen. Bei einem Ausfall des primären Servers wird die VM unterbrechungsfrei vom Secondary übernommen. Bei HA wird die VM auf einem anderen Server neu gestartet, was einige Minuten dauern kann, bis der Dienst wieder verfügbar ist. Dafür ist die Maschine aber in einem crash-konsistenten Zustand. Daher erfordert FT das absolut synchrone Ausführen der gesicherten VM, damit diese bei einem Ausfall ohne Downtime sofort "einspringen" kann. Allerdings ist das synchrone Ausführen von VMs mit mehreren vCPUs eine komplexe Angelegenheit. Für vSphere 6 setzt VMware dazu jetzt mit Fast Check-Pointing auf ein anderes technisches Verfahren. Dieses schützt VMs mit bis zu 4 vCPUs. Insgesamt erlaubt VMware FT maximal 8 vCPUs pro Host, wobei zuerst die Limitierung greift, die zuerst erreicht ist. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Schwimmende Lizenzen

Schwimmende Lizenzen

Ausserdem führt VMware mit vSphere 6 so genannte schwimmende Lizenzen ein. Wer also sein Datacenter regelkonform lizenziert hat, kann künftig Päckchen mit 25 VMs kaufen, diese dann aber nach Belieben, also auch an anderen physischen Locations einsetzen und zwar unabhängig von der Anzahl der CPUs, auf denen diese VMs laufen.

Die Crux mit Flash

VMwares Web Client basiert auf Flash und zudem auf der verwalteten NPAPI-Schnittstelle von Mozilla, was für Nutzer weitreichende Komplikationen hat. Da der Web-Client eine aktuelle Flash-Version > 14 benötigt, scheidet der Einsatz unter Linux aus, weil Adobe das Linux-Flash-Plugin seit einiger Zeit nicht mehr weiter entwickelt. Immerhin läuft der Web-Client hier zumindest unter Chromium, weil für diesen mit Pepperflash eine von Adobe unabhängige Weiterentwicklung für das Flash-Plugin existiert. Verzichten müssen Linux-Nutzer aber auf jeden Fall auf weiterreichende Komfort-Funktionen, wie den Vollbildmodus im VMRC-Browser-Plugin oder die Möglichkeit, per Webbrowser Dateien in einen Datastore hoch- oder runterladen zu können, sowie auf das Importieren von OVF-Templates per Browser, weil sich unter Linux das Client-Integration-Plugin nicht installieren lässt. Dieses sollte zwar prinzipiell mit Firefox und Chrome funktionieren, basiert aber auf der veralteten NAPI-Plugin-Architektur aus Netscape-Zeiten, das von Chrome und Firefox unter Linux nicht mehr unterstützt wird. Für den Internet Explorer unter Windows ist das CIP-Plugin ebenfalls nicht verfügbar. Die Zeiten wären also durchaus reif für einen neuen HTML5-Web-Client.

VMware Remote Console

Immerhin hat VMware im Oktober letzten Jahres eine neue Version 7.0 der VMware Remote Console (VMRC) veröffentlicht, die aufgrund der geschilferten Probleme mit der NPAPI-Schnittstelle jetzt wieder als Standalone-Version realisiert ist. Die erschliesst zumindest unter Windows unabhängig vom Web-Client eine komfortable Zugriffsmöglichkeit auf vSphere-VMs einschliesslich Vollbildmodus und Funktionen zum Steuern der VM, also dem Starten oder Herunterfahren. Im Gegensatz zum Browser-Plugin steht die native VMRC-Version nämlich schon vor dem Start der VM zur Verfügung. VMRC kann auf dieser Webseite herunter geladen werden.



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