Firmenfachbeitrag 20.09.2021, 08:00 Uhr

Digitale Souveränität als gelebte Wirklichkeit

Politische Illusion oder praktische Perspektive?
Gebrauchte Software kann einen entscheidenden Beitrag leisten und zumindest geringfügig einer Verschlimmerung der Situation um die digitale Souveränität entgegensteuern
(Quelle: LizenzDirekt)
Digitale Souveränität wird dieser Tage von der Politik gerne als Schlagwort benutzt, um zu vermeintlich neuen Initiativen sowohl in einigen Ländern wie der Schweiz und auch auf EU-Ebene aufzurufen. Die allgegenwärtige Abhängigkeit Europas und aller ansässigen Unternehmen, beheimateten Behörden sowie Bürger von US-Anbietern ist ohne Zweifel beängstigend und alarmierend. Nur wenige Ausnahmen zugunsten einer Liberalisierung, wie der einzigartige Markt gebrauchter Softwarelizenzen, bilden hier ein Gegengewicht und eine praktische Perspektive. Im Grundsatz ist die Zielstellung der Digitalen Souveränität daher uneingeschränkt zu unterstützen.
So mancher Mahner hätte sich hingegen bereits vor vielen Jahren entsprechende Initiativen und ein grösseres Problembewusstsein gewünscht. Philipp Welte, Vorstand der Hubert Burda Media, stellt zutreffend fest 1): «Wir leben in fest kartellierten Strukturen, weil es die Regierenden in Berlin und Brüssel über fast zwei Dekaden versäumt haben, die digitalen Märkte offen zu halten.»
Erschwerend kommt auf Seiten des Staates die doppelte Verantwortung hinzu, wie Prof. Michael Essig – Inhaber des Lehrstuhls für BWL an der Universität der Bundeswehr in München sowie u.a. lehrend an den Universität St. Gallen tätig – im aktuellen Praxishandbuch 2) zur ­Beschaffung gebrauchter Software-Lizenzen durch öffentliche Auftraggeber erläutert. Denn der Staat ist mit einem Beschaffungsvolumen von etwa 40 Milliarden Schweizer Franken in der Schweiz nicht nur ein wichtiger Grosserwerber von Software und Diensten, sondern den Leitlinien der öffentlichen Beschaffung eines fairen, transparenten und insbesondere wettbewerblich geprägten Handelns gegenüber besonders verpflichtet. Die zunehmende Abhängigkeit von wenigen Softwareanbietern wird etwa an der Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit am Institut für Informatik der Universität Bern intensiv diskutiert.
Die Coronakrise hat den Abhängigkeitsgrad nochmals durch vermeintlich kostengünstige beziehungsweise inkludierte Angebote wie Microsoft Teams gravierend verschärft. Schliesslich wurde dies als Hebel genutzt, Kunden in Abo-Modelle zu drängen, obwohl dauerhafte On-Premise-Lizenzen vorhanden und oftmals völlig ausreichend waren. Bezeichnend war hier, dass Microsoft im Bewusstsein der Krise kurzum auch noch das Recht (in der Schweiz wie in der EU) zum Weiterverkauf beim Wechsel «von SA» der nicht mehr benötigten Lizenzen untersagte, was erst nach fortwährender Kritik insbesondere der LizenzDirekt nach über einem Jahr revidiert wurde.
Einige Anstrengungen auf Open Source zu setzen und eigene Cloud-Infrastrukturen wie GAIA-X, wozu ein Schweizer Hub evaluiert wird 3), aufzubauen sind ebenso bemerkenswert wie Publikationen 4) beispielsweise etwa herausgegeben von Prof. Dr. Henning Kagermann zur Gestaltung der digitalen Souveränität Europas. Auch gibt es endlich eine veränderte Wahrnehmung und Kultur, den freiheitlichen Grundsätzen – wie dem hohen Stellenwert des Datenschutzes – Ausdruck zu verleihen.
Dennoch darf sich hier nicht der Illusion hingegeben werden, dass sich die Zeit einfach zurückdrehen liesse. Schnelle Lösungen wird es oftmals genauso wenig geben wie die Möglichkeit, diese in der Masse unabhängig skalierbar verfügbar zu machen. So überrascht es wenig, dass dem EU-Cloud-Projekt GAIA-X ausgerechnet das auf Big-Data-Analysen spezialisierte US-Unternehmen Palantir angehört, das auch für die US-Geheimdienste tätig sein soll, sowie, dass zuletzt auch die US-Giganten Microsoft und Amazon einbezogen wurden.
Wenn Philipp Welte für die Medienwelt demgemäss feststellt 5), dass globale Technologieplattformen das Ökosystem des digitalen Medienmarktes okkupiert hätten und längst das Geschehen an den ökonomischen Wurzeln der Medienwelt dominierten, so lässt sich dies gleichermassen auf die Softwarelandschaft übertragen, weil auch dort Akteure wie Google und Amazon neben Microsoft im Software- beziehungsweise Cloud-Business den Markt beherrschen.
Auch kürzlich diskutierte Lösungen aus Frankreich 6), Cloud-Strukturen durch nationale Anbieter umzusetzen und Microsoft als reinen Softwarelieferanten einzusetzen, überzeugen nur begrenzt, weil auch dann die Datenströme nur eingeschränkt kontrolliert werden können. Hinzu kommt die Problematik, dass entgegen den öffentlichen Vergabegrundsätzen nahezu ausschliesslich auf Microsoft-Software im OS- und Office-Bereich gesetzt und dies im Cloud-Bereich noch fortgesetzt wird.
In der Praxis zeigt sich damit oftmals, dass es leichter gesagt als getan ist. Dies gilt umso mehr für die alltäglichen Optionen im Unternehmens- und Behördenalltag, wo es primär um die Bewältigung der Arbeit geht und keine Kapazitäten für grosse strategische oder politische Überlegungen bestehen. Umso mehr kommt es darauf an, nicht mit Extremforderungen beziehungsweise grossen Verlautbarungen nach Aufmerksamkeit zu suchen, sondern darum, alltägliches Problembewusstsein zu schärfen und praktikable Lösungen und Handlungsalternativen aufzuzeigen.
Hierin ist etwa die Überleitung zum europäischen Juwel der gebrauchten Software zu finden. Bereits vor dem EuGH entschied das KG Zug entsprechend und ermöglichte den Kunden sowohl erheblich zu sparen als auch gleichzeitig einen Beitrag gegen die monopolistisch geschlossenen Strukturen der Hersteller zu leisten. Genauso möglich ist natürlich, die eigenen Budgets durch den Verkauf nicht mehr benötigter Software zu erhöhen. Zu praktischen Lösungen gehört hier, auf hybride Lizenzstrukturen zu setzen, um damit einen gesunden Mix aus oftmals vorhandener und ausreichender On-Premise-Software und ergänzenden Cloud-Diensten zu finden.
Gebrauchte Software kann hier einen entscheidenden Beitrag leisten und zumindest geringfügig einer Verschlimmerung der Situation um die digitale Souveränität entgegensteuern.  
Kategorische Parolen helfen niemanden und dienen nur politischen Scheindebatten. Die Schweiz wie das gesamte Europa brauchen mehr ernstzunehmende Initiativen zur digitalen Autonomie, technische Expertise auf Polit­ebene und ein entsprechendes Ökosystem mit nachhaltigen Förderungen entsprechender Angebote. Wir bei LizenzDirekt unterstützen Unternehmen und Behörden herstellerunabhängig bei massgeschneiderten Lösungen mit einem Mix aller Lizenzsysteme und unter Berücksichtigung aller rechtlichen Möglichkeiten in Europa.
Zum Autor
Andreas E. Thyen
LizenzDirekt AG
Andreas E. Thyen (Diplom-Volkswirt) ist Präsident des Verwaltungsrats der LizenzDirekt AG und bereits seit über 13 Jahren in führenden Positionen auf dem Gebrauchtsoftware-Markt tätig.
Zum Unternehmen: Die LizenzDirekt Gruppe ist einer der führenden europäischen Händler gebrauchter Software-Lizenzen. Das Unternehmen mit verschiedenen Standorten in der Schweiz, Österreich sowie Deutschland kauft und verkauft in den Segmenten Geschäftskunden und Behörden Nutzungsrechte (Volumenlizenzen) für Unternehmenssoftware und Betriebssysteme.
LizenzDirekt ist Microsoft Partner, Cloud Solution Reseller und Authorized Education Reseller sowie als «fachkundiges, leistungsfähiges und zuverlässiges Unternehmen für öffentliche Aufträge» im amtlichen Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen für öffentliche Aufträge eingetragen.
Zu ihren Kunden zählt die Gruppe überwiegend Konzerne, grössere Mittelständler sowie Ministerien, aber auch eine Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen, Landkreisen und Städten.
Mehr Informationen: https://www.lizenzdirekt.com/
Dieser Beitrag wurde von der LizenzDirekt AG zur Verfügung gestellt und stellt die Sicht des Unternehmens dar. Computerworld übernimmt für dessen Inhalt keine Verantwortung.



Das könnte Sie auch interessieren