20.10.2005, 20:20 Uhr

OSS - ein rechtlicher Freiraum?

Auch Open-Source-Software ist im Grundsatz urheberrechtlich geschützt, die Nutzung wird im Vergleich zu kommer­zieller Software jedoch anders gestaltet.
Bei der urheber- oder patentrechtlich geschützten Software bleibt der Inhaber des rechtlich geschützten Werks Eigentümer der Software und er kann insbesondere alleine über die Veröffentlichung und den Umfang der Verwendung bestimmen. Im Rahmen von Nutzungs- oder Lizenzverträgen wird den Anwendern die Verwendung der Software in genau vorgeschriebenem Rahmen und gegen eine definierte Gebühr eingeräumt (Software-Lizenzvertrag). Im Unterschied dazu ist bei der sogenannten freien Software das Nutzen, Vervielfältigen und Verbreiten frei gestattet. Erscheinungsformen der freien Software sind nebst Freeware beziehungsweise Public Domain die Open Source Software (OSS).
Im Unterschied zur Benutzung von Software im Rahmen eines Lizenzvertrages wird bei einer OSS der Quellcode mitgeliefert, und wird insbesondere das Vervielfältigen, Weiterverbreiten, Ändern und Nutzen der system- oder anwendungsbezogenen Software kostenfrei verfügbar gemacht. Bei jeder Änderung des ursprünglichen Programms müssen die Änderungen am Quellcode gekennzeichnet werden (Definition siehe unter www.opensource.org/docs/definition/php.)
Aber auch bei einer Open-Source-Lizenz handelt es sich um eine urheberrechtlich geschützte Nutzung und zur Verfügung Stellung von Software (vgl. u.a. W. Straub, Informatikrecht, S. 191 ff.) Auch die OSS ist im Grundsatz urheberrechtlich geschützt, nur wird deren Nutzung im Vergleich zu kommerzieller Software anders gestaltet, der Urheber verzichtet bei der Einräumung der Nutzungsbefugnisse auf deren Geltendmachung. Wesentlicher Unterschied zur herkömmlichen Software ist, dass die Nutzung der Programme kostenfrei erfolgt. Auch bei OSS wird die im Sinne des Urhebers erlaubte Nutzung der Software im Rahmen eines Lizenzvertrages geregelt, insbesondere in der verbreiteten Form der GNU General Public Licence (GNU GPL).
Die GNU GPL soll die freie Nutzung, Änderung und Weitergabe freier Software ermöglichen, und der Quell- oder Source-code ist zugänglich zu machen. Die Veränderung des Programms und deren Weitergabe basiert auf dem Modell des Copyleft, das heisst die Lizenzbedingungen müssen der Öffentlichkeit gebührenfrei zur Verfügung gestellt und auch weitergegeben werden, insbesondere im Zusammenhang mit Änderungen und Erweiterungen des ursprünglichen Programms, und zwar unter denselben Lizenzbedingungen, wie sie für das ursprüngliche Programm anwendbar waren (vgl. www.fsf.org/licensing). Wie jede andere freie Softwarelizenz erlaubt die GPL, modifizierte Versionen der Software zu erstellen. Weiterentwicklungen und Änderungen dürfen dabei aber ebenfalls nur unter der GPL weitergegeben werden. Dies soll sicherstellen, dass freie Software auch frei bleibt. In diesem Zusammenhang in der Praxis nicht immer ganz einfach zu beantworten ist die Frage, ob es sich im konkreten Fall um ein sogenanntes abgeleitetes Werk (derivative work) handelt, welches wiederum nur unter der GPL weitergegeben werden darf, oder ob es sich um voneinander unabhängige Softwarebestandteile oder Programme handelt, die unter verschiedenen Lizenzarten verbreitet werden dürfen.
Vertragsrechtlich können -Lizenzverträge über OSS als -Innominatkontrakte gelten, auf welche die Bestimmungen des allgemeinen Teils des Obligatio-nenrechts anwendbar sind. Bei den Bestimmungen der GNU GPL, welche im Hinblick auf eine unbestimmte Zahl von künftigen Geschäftsabschlüssen vorformuliert wurden, handelt es sich um eine Form von allgemeinen Lizenz- bzw. Geschäftsbedingungen, die allerdings erst zum Tragen kommen, wenn der Benutzer diese auch tatsächlich angenommen hat (vgl. W. Straub, Informatikrecht, S. 194). Gemäss Art. 6 GPL erfolgt die Einräumung der Nutzungsrechte immer automatisch vom ursprünglichen Rechtsinhaber aus, die Erteilung von Unterlizenzen ist daher ausgeschlossen. Dem in Art. 11 und 12 GPL vor-ge-sehenen weitestgehenden -Gewährleistungs- und Haftungsauschluss dürften bei der Anwendbarkeit von Schweizerrecht auf einen Sachverhalt die Bestimmungen des OR entgegenstehen, die für absichtliche oder grobfahrlässige Schädigung keinen Haftungsausschluss vorsehen. Letztlich wird das anwendbare Recht bestimmt durch die Person, welche die Nutzung der freien Software einräumt, und das
ist wohl in der Regel der ursprüngliche Eigentümer des Urheberrechts an der Soft-ware.



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