Seco-Prozess 05.08.2021, 06:55 Uhr

Staatsanwalt fordert vier Jahre Freiheitsstrafe

Im Prozess gegen einen ehemaligen Seco-Mitarbeiter hat die Staatsanwaltschaft für Hauptangeklagten eine vierjährige Freiheitsstrafe gefordert. Auch den meisten Mitangeklagten drohen Gefängnis. Wann das Urteil gefällt wird, ist noch nicht bekannt.
(Quelle: Geralt/Pixabay)
Vier Jahre Freiheitsstrafe und eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 50 Franken: So lautet der Antrag der Bundesanwaltschaft im Prozess gegen den ehemaligen Seco-Mitarbeiter. Der Staatsanwalt bezeichnete am Mittwoch in seinem Plädoyer vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona die kriminelle Energie des ehemaligen Seco-Ressortleiters als «hoch». 
Das Verschulden des ehemaligen Bundesbeamten wiege insgesamt schwer, resümierte der Staatsanwalt. Er habe das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) «in einem beträchtlichen Umfang» geschädigt. 
In seinem Plädoyer forderte der Staatsanwalt, der Angeklagte sei der ungetreuen Amtsführung, der Urkundenfälschung im Amt, des Sich-bestechen-Lassens, der Urkundenfälschung sowie der qualifizierten Geldwäscherei schuldig zu sprechen.

«Vertrauen ohne Not missbraucht»

Der Hauptangeklagte habe während mehr als zehn Jahren immer wieder delinquiert, argumentierte der Staatsanwalt in seinem knapp dreistündigen Plädoyer. Er habe den Wettbewerb ausgehebelt und Güter und Dienstleistungen zu überteuerten Preisen eingekauft. Dadurch habe er das Seco in "beträchtlichem Umfang" geschädigt. 
Der Staatsanwalt beschrieb den ehemaligen Bundesbeamten vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona als «gierig». Er habe das ihm vom Seco entgegengebrachte Vertrauen ohne Not missbraucht. Ziel seiner Handlungen sei die Erhöhung des Lebensstandards gewesen. Der Angeklagte habe «gezielt und vorsätzlich» gehandelt und die Verantwortung für bestellte Lieferungen auf seinen Vorgesetzten abgeschoben. 
Dem heute 68-Jährigen seien die geltenden Beschaffungsgrundsätze bekannt gewesen, betonte der Staatsanwalt. «Es oblag dem Angeklagten, die Einhaltung des Beschaffungsrechts sicherzustellen.»

Freiheits- und Geldstrafen für Mitangeklagte 

Für den zweiten Angeklagten forderte die Bundesanwaltschaft zwei Jahre Freiheitsstrafe und eine unbedingte Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 300 Franken. Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei im Umfang von 12 Monaten unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren aufzuschieben.
Für den dritten Angeklagten beantragte die Bundesanwaltschaft eine unbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren sowie eine unbedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 160 Franken. 
Die beiden Geschäftsmänner seien der ungetreuen Geschäftsbesorgung, der mehrfachen Urkundenfälschung, des Bestechens sowie der Gehilfenschaft zu ungetreuer Amtsführung schuldig zu sprechen. Einer der beiden Männer sei überdies der qualifizierten Geldwäscherei schuldig zu sprechen, forderte der Staatsanwalt. 
Für den letzten Angeklagten forderte der Staatsanwalt einen Schuldspruch wegen Bestechung und eine bedingte Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 80 Franken sowie eine Busse. 

Fiktive Rechnungen 

Gemäss der Anklageschrift soll der heute 68-jährige Hauptangeklagte zwischen 2004 und 2013 Aufträge für Güterbeschaffungen und Dienstleistungen im Informatikbereich freihändig an von ihm bevorzugte Firmen vergeben haben. 
Als Gegenleistung soll der ehemalige Bundesbeamte Vorteile in Form von Einladungen, Sponsoring von Anlässen, Bargeld, Geschenken und Anderes entgegengenommen haben. Unter anderem liess sich der Beschuldigte mehrfach zu Fussballspielen einladen. Auch Dritte haben von den Zuwendungen profitiert.  Insgesamt habe der Angeklagte im Zusammenhang mit der Vergabe der Aufträge nicht gebührende Vorteile im Umfang von über 1,7 Millionen Franken gefordert und entgegengenommen. 
Zudem soll der ehemalige Ressortleiter fiktive Rechnungen genehmigt und zur Zahlung freigegeben haben. Er soll des weiteren gemeinsam mit zwei der drei anderen Angeklagten eine Falschbeurkundung begangen sowie Geldwäscherei betrieben zu haben. 
Bei zwei WTO-Vergaben soll der Angeklagte die Evaluationen zugunsten der von ihm bevorzugten Firmen manipuliert haben. Sowohl 2004 als auch 2013 erhielten Firmen den Zuschlag, die nicht das wirtschaftlich günstigste Angebot eingereicht hatten. 
Ein Termin für die Urteilsverkündung steht noch nicht fest.
Unsere bisherige Berichterstattung zum Prozess:



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