Staatsanwalt im Seco-Prozess
04.08.2021, 08:44 Uhr
«System des Gebens und Nehmens»
Am zweiten Prozesstag im Verfahren gegen einen ehemaligen Seco-Mitarbeiter hat dieser vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona den Vorwurf des Sich-bestechen-Lassens zurückgewiesen. Der Staatsanwalt sprach dagegen von von einem «System des Gebens und Nehmens».
Vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona findet der Prozess gegen einen ehemaligen Seco-Mitarbeiter statt. Es geht um Unregelmässigkeiten in der Informatikbeschaffung
(Quelle: pd)
Am Abend des zweiten Prozesstages gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) hatt der Staatsanwalt das Wort. Der ehemalige Ressortleiter im Seco habe nach und nach ein Netz von Lieferanten aufgebaut, die er berücksichtigt habe. Diese «Solidaritätsgemeinschaft» habe von Zuwendungen einerseits und Vergaben von Aufträgen andererseits bestanden, resümierte der Staatsanwalt.
Dem heute 68-Jährigen seien die geltenden Beschaffungsgrundsätze jedoch bekannt gewesen, mahnte der Staatsanwalt. «Es oblag dem Angeklagten, die Einhaltung des Beschaffungsrechts sicherzustellen.»
Angeklagter wendet sich gegen Bestechungsvorwurf
Zuvor hatte sich der ehemalige Seco-Angestellte in den Befragungen gegen den Vorwurf des Sich-bestechen-Lassens gestellt. Es seien zwar Zuwendungen vorgenommen worden, gab der Angeklagte an. Diese seien aber nie in Zusammenhang zu konkreten Beschaffungsaufträgen oder Dienstleistungen gestanden.
Der ehemalige Seco-Mitarbeitende liess vor Gericht eine überarbeitete Liste der Zuwendungen verteilen, da die von der Bundesanwaltschaft zusammengestellten Einladungen und anderen Zuwendungen «nicht korrekt dargestellt» seien, wie er sagte.
Gemäss der Anklageschrift soll der heute 68-Jährige zwischen 2004 und 2013 Aufträge für Güterbeschaffungen und Dienstleistungen im Informatikbereich freihändig an von ihm bevorzugte Firmen vergeben haben.
Als Gegenleistung soll der ehemalige Bundesbeamte Vorteile in Form von Einladungen, Sponsoring von Anlässen, Bargeld, Geschenken und Anderes entgegengenommen haben. Unter anderem liess sich der Beschuldigte mehrfach zu Fussballspielen einladen. Auch Dritte haben von den Zuwendungen profitiert.
Insgesamt habe der Angeklagte im Zusammenhang mit der Vergabe der Aufträge nicht gebührende Vorteile im Umfang von über 1,7 Millionen Franken gefordert und entgegengenommen.