Experten-Gespräche
24.06.2020, 06:40 Uhr
Neuer E-Voting-Anlauf
Bund und Kantone planen einen neuen E-Voting-Versuch. Zuvor will man aber ausgiebig inländische und ausländische Experten konsultieren.
Bund und Kantone planen einen neuen E-Voting-Versuch
(Quelle: Archiv NMGZ)
Bund und Kantone haben Gespräche aufgenommen für einen neuen Versuchsbetrieb für die elektronische Stimmabgabe (E-Voting). Sie arbeiten dazu mit in- und ausländischen Expertinnen und Experten aus Informatik, Kryptografie und Politikwissenschaften zusammen, wie die Bundeskanzlei am Dienstag mitteilte.
Wegen der Coronavirus-Pandemie wird der Dialog nicht wie geplant in Workshops sondern online geführt. Grundlage bildet den Angaben zufolge ein ausführlicher Fragebogen von Fachleuten des Bundes und der Kantone. Mit diesem sollen die teilnehmenden Experten ihr Wissen sowie Anregungen und Bedenken einbringen.
Die Bundeskanzlei will nach eigenen Angaben bis Ende 2020 dem Bundesrat eine Neuausrichtung des Versuchsbetriebs unterbreiten. Danach sollen die Kantone eine Grundbewilligung für ein E-Voting-System der neuesten Generation beantragen können.
Aufgrund von Sicherheitsproblemen war im vergangenen Jahr ein erster grosser Versuch mit E-Voting abgebrochen worden. Weil Mängel im Quellcode des Systems der Schweizerischen Post entdeckt wurden, die auch das damals im Einsatz stehende System betrafen, zog die Post ihr System zurück. Ausserdem erklärte auch der Kanton Genf letztes Jahr, dass er sein System nicht mehr weiterentwickle und zurückziehe. Seitdem steht in der Schweiz kein E-Voting-System mehr zur Verfügung.
Unterschriftensammlung für Moratorium abgebrochen
Das Initiativkomitee für ein E-Voting-Moratorium stellte sich in einer Stellungnahme grundsätzlich hinter die angekündigte Neuausrichtung. Es begrüsse die Absichten der Bundeskanzlei, aus der «mit Pleiten, Pech und Pannen» begleiteten Versuchsphase der letzten Jahre die Lehren zu ziehen, hiess es. Nun finde die Wissenschaftlichkeit Einzug in die Evaluation auf Bundesebene.
Am Montag war bekannt geworden, dass die geplante Volksinitiative für ein fünfjähriges E-Voting-Moratorium vorläufig vom Tisch ist. Das überparteiliche Komitee rund um den Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter teilte mit, die Unterschriftensammlung abgebrochen zu haben. Grund seien Hindernisse bei der Unterschriftensammlung wegen der Coronavirus-Massnahmen sowie mehrere erreichte Zwischenziele.
So habe der Bundesrat entschieden, vorläufig auf die Überführung der elektronischen Stimmabgabe in den ordentlichen Betrieb zu verzichten. Zudem habe der Nationalrat einer Initiative für einen Marschhalt beim E-Voting Folge gegeben. Das Initiativkomitee behielt sich allerdings vor, bei einem neuerlichen Versuchsbetrieb und anhaltenden Bedenken die Initiative neu zu lancieren. Das Komitee hielt E-Voting bislang für unsicher und sah die Demokratie gefährdet.