Zürcher Datenleck
09.01.2023, 14:28 Uhr
Fehr gesteht Fehler ein – Entscheid über PUK steht noch aus
Die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr hat im Kantonsrat Fehler in Bezug auf das Datenleck eingestanden. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) sei von ihr schlecht informiert worden. Noch ist unklar, ob es Parlamentarische Untersuchungskommission PUK geben wird.
Im Zusammenhang mit dem Datenleck bei der Justizdirektion hat die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP) am Montag im Kantonsrat einen Fehler eingestanden. Sie räumte ein, dass sie die Geschäftsprüfungskommission (GPK) schlecht informiert habe. Ob es eine Parlamentarische Untersuchungskommission PUK geben wird, ist noch offen.
«Ich habe die GPK zwar über den Zwischenbericht der Administrativuntersuchung informiert, aber nicht über den Schlussbericht», sagte Fehr. «Das hätte ich tatsächlich tun sollen.» Das sei von ihrer Seite her falsch gewesen.
Statt die GPK über die Ergebnisse der Untersuchung zu informieren, blieb dieser Bericht eineinhalb Jahre in der Schublade. Erst im Dezember 2022 präsentierte Fehr die Erkenntnisse – gezwungenermassen, weil das Datenleck publik wurde.
«Keine Sonntagsschüler»
«Die Zurückhaltung war aber wichtig», sagte Fehr weiter. «Wir wussten, dass wir es nicht mit Sonntagsschülern zu tun hatten, sondern mit einem kriminellen Umfeld.» Man habe aber damals nicht gewusst, ob das alles ein Bluff gewesen sei.
Mit dem «kriminellen Umfeld» meinte Fehr unter anderem jenen verurteilten Drogenhändler, der offenbar in den Besitz der falsch entsorgten Festplatten gelangte. Dieser Mann sorgte am 19. Dezember für eine skurrile Szene im Eingangsbereich des Kantonsrats, als er haufenweise angeblich geheime Akten und Festplatten deponierte.
Bei diesem Mann handelte es sich um den Bruder jenes Mannes, dem die Justizdirektion bis zum Jahr 2012 die Entsorgung von alten Computern und Festplatten anvertraut hatte. Ein Teil der darauf enthaltenen, heiklen Daten soll im Milieu gelandet sein. Die Staatsanwaltschaft stellte die deponierten Akten und Datenträger sicher.
Ein IT-Experte räumt auf
Justizdirektorin Fehr war zum Zeitpunkt dieser unsachgemässen Daten-Entsorgung allerdings noch nicht im Amt. Sie wurde erst 2015 in den Regierungsrat gewählt. Im Jahr 2019 wurden aber auch haufenweise Papier-Akten der Justizdirektion vernichtet. Für diesen Teil interessiere sie sich viel mehr, sagte Fehr weiter. Dafür trage sie die Verantwortung. «Es gibt bisher aber keinen Verdacht, dass bei dieser Aktion eine strafrechtlich relevante Absicht dahintersteckte», sagte Fehr dazu.
Ein früherer IT-Experte habe aufräumen wollen. Mit grosser Wahrscheinlichkeit handle es sich um einen groben verwaltungstechnischen Fehler. «Unverzeihlich, aber nicht kriminell.» Die Zürcher Staatsanwaltschaft untersucht neben den falsch entsorgten Festplatten auch diesen Vorfall.
Ausmass nach wie vor unklar
Inzwischen hat die GPK eine eigene Untersuchung zu den falsch entsorgten Festplatten und Akten der Justizdirektion gestartet. Fehr betonte, dass sie der GPK vertraue und sich «jeder politischen Untersuchung stelle.»
Sie betonte aber auch, dass das Ausmass des Datenmissbrauchs nach wie vor unklar sei. Erst die Strafuntersuchung durch die Staatsanwaltschaft werde dies zeigen. «Bis zum Abschluss der Untersuchungen bewegen wir uns alle auf dem Feld der Spekulationen.»
Ergebnisse der GPK abwarten
Ob es nun auch noch eine PUK geben wird, ist offen. Vor allem die SVP fordert diese schärfste aller Untersuchungsmassnahmen. Aber auch FDP, Mitte und GLP erwähnten diese Möglichkeit am Montag.
Ob der Antrag tatsächlich gestellt wird, ist noch offen. Die formelle Voraussetzung dafür ist nach der Debatte im Kantonsrat aber erfüllt: Die Regierung musste eine dringliche Interpellation beantworten, was mit der Stellungnahme von Fehr passiert ist. Mehrere Fraktionen, vor allem von links-grüner Seite, wollen nun aber lieber die Ergebnisse der GPK abwarten.
Das letzte Mal, das im Kanton Zürich eine PUK durchgeführt wurde, war vor genau zehn Jahren, wegen der Korruptionsaffäre bei der kantonalen Beamten-Pensionskasse BVK. Damals hatte sich der Anlagechef über Jahre bestechen lassen.