Jubiläum SAP 03.10.2022, 06:33 Uhr

«In der Schweiz war SAP relativ konkurrenzlos»

Der Software-Konzern SAP eroberte von Biel aus die Welt. Ein Mitarbeiter der ersten Stunde war Reto Kaufmann. Er fühlte sich teils als «Greenhorn». In der Schweiz hatte SAP aber relativ wenig echte Konkurrenz.
Reto Kaufmann stieg 1985 bei SAP ein und verbrachte seine gesamte Karriere bei dem Konzern
(Quelle: SAP Schweiz)
Hochschulabsolventen wie Reto Kaufmann waren die ersten Angestellten von SAP in der Schweiz. Die Historien des Schweizer Wirtschaftsinformatikers und des deutschen ERP-Riesen sind eng miteinander verwoben – verbrachte Kaufmann doch seine gesamte Karriere in dem Unternehmen. Im Interview berichtet der frühere Quality Director von SAP Schweiz, wie er den Wandel von SAP vom Betrieb mit 150 Angestellten zum Weltmarktführer erlebt und mitgestaltet hat.
Computerworld: Wie kam es zur Gründung der Schweizer Niederlassung von SAP?
Reto Kaufmann: SAP Schweiz wurde 1984 im Zuge der Internationalisierung zeitgleich mit der SAP International in Biel gegründet. Zu der Zeit wurde in der Schweiz SAP-Software von der 1978 durch Thomas Kohle gegründeten SAP Stäfa vertrieben, an der SAP nicht beteiligt war. Dies veranlasste die SAP zur Gründung einer Tochtergesellschaft und damit der ersten Auslandsniederlassung.
Im Anschluss an den Entscheid 1992, das internationale Geschäft in die Firmenzentrale nach Walldorf zu holen, blieben die etwa 40 Angestellten der SAP International in Biel und waren von da an für SAP Schweiz tätig.
CW: Welchen Status hatte die SAP Stäfa?
Kaufmann: Sie hatte bis 1992 das Beratungs- und Lizenzgeschäft für SAP in der Schweiz geleistet. Die «Softwaresysteme, Anwendungs- und Programmentwicklungs GmbH» bestand danach weiter und war fortan als Beratungsunternehmen tätig. Später gab es Fusionen mit anderen Firmen und im Jahr 2011 schliesslich die Übernahme durch Deloitte.
CW: Abseits des Fokus auf die Schweizer Kundschaft: Gab es noch weitere Änderungen durch die Gründung der SAP Schweiz?
Kaufmann: Zunächst wurde in Regensdorf eine kleine Niederlassung gegründet. Um den Jahrtausendwechsel folgte dort der Neubau, der 2002 bezogen wurde. Bald mehrten sich die Gerüchte, dass der Standort Biel irgendwann aufgelöst wird. Dann beeilte sich aber die Geschäftsleitung, diese Gerüchte umgehend zu dementieren. Denn in Biel hatte SAP stets offene Türen vorgefunden.
So hatte Geschäftsführer Hans Schlegel in den 1980ern die Schweiz abgeklappert auf der Suche nach einem Standort für SAP International. Die Standortförderung Biel bot ihm sehr attraktive Konditionen, weshalb es zur Ansiedlung kam. SAP hielt dem Standort auch nach dem Wegfall der Vorzugskonditionen die Treue – bis heute. Als zusätzliches Argument für die Wahl Biels sah man auch die Zweisprachigkeit an, welche die Rekrutierung für international ausgerichtetes Personal erleichtern sollte.
Das Gebäude von SAP International in Biel ist in der «Jurasüdfussarchitektur» von Max Schlup entworfen worden, der auch für die Architektur des Bieler Kongresshauses verantwortlich zeichnete. Der Bau ist streng genommen eine «Blechkiste», aber heute denkmal­geschützt. Das Gebäude war seinerzeit die einzige Liegenschaft, die SAP jemals besessen hat aus­serhalb von Walldorf. Alle anderen Niederlassungen waren meines Wissens nach gemietet.



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