07.04.2016, 17:25 Uhr
Die Zahlen von Salt sind schlecht. Die fehlende Strategie stört aber mehr.
Für Salt war 2015 ein Jahr des Turnarounds. Bisher bleiben die Resultate aus. Es spricht derzeit wenig dafür, dass sich dies ändert.
Salt erlebte in den letzten Monaten die turbulenteste Zeit ihres 17-jährigen Bestehens. Neuer Name (vorher: Orange), neuer Besitzer, neues Management, neuer CEO. Die heute verffentlichten Jahreszahlen liefern ein erstes Indiz dafür, ob der Turnaround geschafft wurde. Es deutet wenig darauf hin. Erst einmal die Fakten: Salt hat im Geschäftsjahr 2015 1,285 Milliarden Franken umgesetzt. Das sind 2,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Abschreibungen (EBIDTA) ging um 4,9 Prozent auf 412,5 Millionen Franken zurück. Die Kundenzahl nahm um 6,6 Prozent auf 2,024 Millionen ab. Der ARPU ? der durchschnittliche Erlös pro Kunde ? ging um 9,2 Prozent zurück. Die Mitarbeiterzahl reduzierte sich um 60 auf 833 FTE.
Nur ein Geschäft ? und das läuft nicht
Als Grund für den gesunkenen Umsatz macht Salt «in erster Linie den tiefere ARPU, eine kleinere Kundenbasis und eine hohe Abwanderungsquote während einem Grossteil von 2015 und 2014» verantwortlich. Anders ausgedrückt: Die Kunden, die Salt nicht an die Konkurrenz verliert, machen wenig Umsatz. Man muss sich schon fragen, wie das möglich ist. Denn im Gegensatz zu Sunrise, die ebenfalls rote Zahlen vermelden musste, hat Salt nur den Mobile-Bereich. Internet, Fixnet und TV überlässt man Sunrise und Swisscom. Da müsste davon ausgegangen werden, dass Salt im Kerngeschäft überlegen ist. Aber das Gegenteil ist der Fall. Salt hat zwei Millionen Kunden, die Hälfte davon Prepaid. Sunrise hat 2,4 Millionen Mobile-Kunden, eine Million davon Prepaid. Beide Unternehmen verlieren im Prepaid-Bereich gehörig, was grundsätzlich kein Problem und sogar gewollt ist. Denn mit diesen ist weniger Geld zu machen als mit Abokunden und die Telkos wollen sie deshalb in Verträge locken. Allerdings fangen nur Sunrise und Swisscom den Verlust im Prepaid-Geschäft auf, indem eigene oder fremde Kunden ihre Abos kaufen (+11 Prozent Mobile-Kunden seit 2013). Bei Salt vermisst man diese Entwicklung, da nahm die Gesamtkundenzahl um 6,6 Prozent ab. Immerhin bleibt die Zahl der Postpaid-Kunden konstant. Auch der Betriebsgewinn entwickelt sich alles andere als erfreulich. Im Rückgang von fünf Prozent sind die Kosten fr das Rebranding nicht eingerechnet. Diese dürfen bei 40 Millionen Franken liegen. Den unbereinigten EBITDA gibt Salt nicht bekannt, ebenso wenig wie das Resultat unter dem Strich. Positiv dürfte es kaum sein. Die Muttergesellschaft Matterhorn Telecom Holdings beklagte im ersten Halbjahr 2015 einen Reinverlust von knapp 90 Millionen Franken. Damals nahm Besitzer Xavier Niel übrigens derart viel Geld zur Schuldendeckung auf, dass er sich 150 Millionen in die eigene Tasche stecken konnte. Nun gut, das Geschäft von Salt läuft schlecht. Deshalb ist schliesslich Xavier Niel und mit ihm ein neues Management gekommen. Aber was soll sich ändern? Die einzigen substanziellen Informationen in der Medienmitteilung lauten:
- Fünf neue Postpaid-Preispläne werden lanciert. Diese sollen «leicht verständlich», «einfach zu verkaufen» und «einfach abzurechnen» sein. Diese sollen sich ab Herbst 2015 positiv auf die Anzahl Neuabschlüsse ausgewirkt haben.
- IT- und Netzwerkfunktionen sowie Marketing werden wieder inhouse betrieben.
Der Rest ist reinstes Marketing. Ein paar Perlen:
- Fokus auf profitablem Wachstum und effizienter Zusammenarbeit.
- Die neue Vertriebskanalstrategie basiert auf einer klaren Fokussierung und auf Kosteneffizienz.
- Verstärkung der Investitionen im Direkt- und Online-Vertriebs. Nur die profitabelsten Vertriebspartnerschaften werden weitergeführt.
Schweigen
Gerne würde man mehr erfahren über die Ideen von Salt. Schliesslich ist mit Xavier Niel seit rund einem Jahr ein Besitzer am Ruder, der in Frankreich Gewaltiges vollbrachte. Mit seiner Firma Iliad nahm er 2012 den kommerziellen Betrieb auf, Ende 2013 hatte man dank einer Tiefpreisstrategie im Mobilfunkbereich bereits acht Millionen Kunden. Ob diese Taktik auch in der Schweiz aufgeht, wird bezweifelt. Bisher hiess es vom Unternehmen stets, man wolle aus Salt nicht ein zweites Illiad machen. Die neuen Tarifpläne sprechen eine andere Sprache. Noch im Sommer sagte der ehemalige CEO Johan Andsjö, man wolle eine Premiummarke sein. Doch gerade die günstigen Abos sind Schuld daran, dass der Umsatz pro Kunde um beinahe zehn Prozent zurückging. Die Frage ist also: Was will das Unternehmen eigentlich? Salt hat keine Pressekonferenz durchgeführt. Ausser einer kurzen Medienmitteilung gab es keine Informationen, Nachfragen wurden abgeblockt. Stattdessen werden die (vermeintlichen) Schuldigen für die bisherige Misere genannt: Der harte Wettbewerb und das alte Management. Letzteres hätte das Unternehmen durch sein Silodenken in diese Situation gebracht. Dieses hat aber mittlerweile zu grossen Teilen das Unternehmen verlassen, vor wenigen Wochen nahm auch CEO Johan Andjs den Hut. Völlig frei von Altlasten ist der Neubeginn dennoch nicht: Die Markenumstellung auf Salt war eine Idee der alten Führung. Niel segnete sie zwar ab, war an der Ausführung aber nicht beteiligt. Und das neue Management wird vor vollendete Tatsachen gestellt.
Viele Baustellen
Nebst dem alten Management wird auch den Angestellten eine Mitschuld gegeben. Neukunden seien im Verkaufsprozess nur ungenügend auf ihre Bonität geprüft worden. Zudem sei eine IT-Umstellung im Jahr 2014 missglückt. Damals wurden tausenden Kunden fehlerhafte Rechnungen geschickt. In der Folge musste sich das Unternehmen mit Rabatten oder bei verspäteten Zahlungen der Kunden grosszügig zeigen. Um besser zu werden, hat Salt den Mitarbeiterbestand im letzten Jahr um sechzig Stellen auf 833 FTE reduziert. Dieses Jahr werden die Einsparungen weitergehen. Besonders im Backoffice- und Support-Bereich sollen Mitarbeiter betroffen sein. Im Netzwerkbereich hat man dagegen laut eigener Aussage neue Positionen geschaffen. Das alleine wird aber nicht genügen, um im Schweizer Telko-Markt relevant zu bleiben. Bei Salt gibt es diverse Baustellen. Die Art zu kommunizieren ist eine davon.