CEO Slootman
16.05.2013, 02:48 Uhr
ServiceNow ist ERP der IT
Über das ERP der IT, die Technologie hinter der IT-Service-Management-Plattform und die Besonderheiten der Schweiz spricht ServiceNow-CEO Frank Slootman mit Computerworld.
ServiceNow ist nicht einmal zehn Jahre alt. An der Hausmesse Knowledge 13 gibt sich das Unternehmen zuversichtlich, trotz des viel gescholtenen Cloud-Liefermodells auch in zehn Jahren noch ein wichtiger Player im Markt für IT Service Management (ITSM) zu sein. CEO Frank Slootman will sein Unternehmen sogar zum SAP der IT-Abteilung machen. Im Gespräch mit Computerworld berichtet er die Hintergründe und Herausforderungen. Computerworld: Sie bezeichnen ServiceNow als das ERP der Informatik. Frank Slootman: Dieser Ansatz geht auf die Ursprünge unseres Geschäfts in den 90-er Jahren zurück. Damals war der Mitbegründer von ServiceNow, Fred Luddy, Cheftechnologe der Software-Firma Peregrine Systems und später Remedy. Luddy wusste um die Anforderungen, die Business-Software erfüllen muss, und kannte die Schwierigkeiten, die Entwickler dabei zu bewältigen haben. Nach der Übernahme von Remedy durch BMC schied Luddy aus und gründete ServiceNow. Er wollte weg von der Client-Server-Infrastruktur, und wollte Software entwickeln, die nicht nur von Fachleuten genutzt werden kann. Seine Vorbilder waren zum Beispiel die Oberflächen und Funktionen von iGoogle und Yahoo. Parallel zu diesen Plänen in den frühen 2000-ern entwickelte sich der reine Helpdesk zum IT Service Management (ITSM) weiter. Das ITIL-Konzept entstand, dazu zählen Disziplinen wie Change und Incident Management, Configuration, Requests und andere. Dieser Katalog deckt heute sämtliche IT-Operationen ab. Während der Helpdesk nur wenige Mitarbeiter in der Informatik betrifft, ist in ITSM nahezu jeder IT-Angestellte involviert. Die gesamte Informatik verwendet das «ERP» als Verwaltungssystem. Hier passt die Analogie zum Warenwirtschaftssystem des Business. Es gibt sowohl On-Premise als auch reine Cloud-Installationen von ServiceNow. Wie ist das Verhältnis? 99 Prozent der Unternehmen sind in der Cloud. Die On-Premise-Variante wir nur von einer kleine Anzahl der Kunden genutzt. Die lokalen Installationen haben meistens Compliance-Gründe oder existieren wegen Sicherheitsvorbehalte. Diese Ausnahmen wird es auch in Zukunft geben, sie sind aber nicht die bevorzugte Lieferart von ServiceNow. Ist der lokale Betrieb eine Vorstufe für den Wechsel in die Cloud? Für einige Grossunternehmen ist On-Premise sicher ein erster Schritt. Teilweise gibt es Gründe, die zunächst gegen die Cloud sprechen, beispielsweise die Inkompatibilität mit der MySQL-Datenbank, die ServiceNow zugrunde liegt. Wenn eine allfällige Legacy abgebaut ist, kann die Migration dann erfolgen. Die ServiceNow-Plattform basiert auf Java. Gibt es Vorbehalte bei Kunden etwa wegen der Sicherheit? Genau genommen ist Java die zugrundeliegende Implementierungstechnologie. Der Kunde sieht nichts davon. Sicherheitsbedenken habe ich noch keine gehört. ServiceNow ist nur ein Dienst, mit dem sich der Anwender verbindet. Auch die Performance stimmt offenbar, was regelmässige Audits belegen. Nächste Seite: Präsenz in der Schweiz Schweizer Grossbanken sind Ihre Kunden, Sie betreiben eigene Rechenzentren in Genf und Zürich. Welche Besonderheiten hat der Schweizer Markt?
Der Grund für die eigene Infrastruktur in der Schweiz ist die Anforderung von insbesondere Finanzdienstleistern, ihre Daten innerhalb der Landesgrenzen ablegen zu müssen. Die Kunden müssen den Regulatoren nachweisen, dass selbst die redundante Datenhaltung innerhalb der Schweiz stattfindet. Sowohl Credit Suisse und UBS in Zürich als auch Philip Morris mit Sitz in Lausanne stellen diese Anforderungen. Allerdings ist die Schweiz kein Einzelfall: In Kanada, in Brasilien und in Europa gibt es Unternehmen, die vergleichbaren Einschränkungen unterliegen. Diesen Anforderungen können wir durch die Architektur unserer Plattform aber genügen. Einige Wettbewerber sind dazu nicht fähig. Google zum Beispiel kann dies nicht leisten, weil sie selbst schlicht nicht wissen, wo die Daten liegen. Solch ein «reines» Cloud-Konzept verfolgt ServiceNow nicht. Müssen Kunden für die lokale Datenhaltung einen Preisaufschlag bezahlen? Ja, allerdings hat das wenig mit ServiceNow zu tun als vielmehr mit dem unterschiedlichen Preisen für den Betrieb der Infrastruktur. Die Schweiz liegt hier allerdings nicht an der Spitze, Kanada und besonders Australien sind teure Lokationen für Informatikbetrieb. Welche Überlegungen sollten Unternehmen vor der Einführung einer ITSM-Lösung anstellen? Viele Unternehmen sind heute in der Situation, veraltete Software zu betrieben. Sie stehen vor der Herausforderung, die Altsysteme ablösen zu müssen, sei es aus Kostengründen, sei es wegen des fehlenden Know-hows der IT-Mitarbeiter. Dann sehen sich die Entschieder auf dem Markt um und stossen wahrscheinlich auch auf ServiceNow. Wir sind aktuell die vermutlich am häufigsten neu eingeführte Management-Plattform. Welches sind die grössten Vorteile, welches die wichtigsten Einschränkungen von ServiceNow? Der grösste Vorzug sind die niedrigen Anforderungen, die die Plattform an den Anwender stellt. User benötigen nur minimale Einarbeitung, auch Programmierkenntnisse sind nicht zwingend erforderlich. Zweitens ist die Plattform beliebig konfigurierbar und erweiterbar. Vorhandene Applikationen lassen sich je nach Wunsch anpassen, fehlende Funktionen ergänzen. Wer beim Wettbewerb sieben Funktionen kauft, bekommt sieben Funktionen. Jede weitere kostet extra. Das ist bei ServiceNow nicht der Fall. Nachteile fallen mir zurzeit keine ein. Okay. Ihr Kunde CareWorks erwähnte, dass er Schwierigkeiten hat, Fachleute für ServiceNow zu rekrutieren. Das ist die Kehrseite des Erfolges. Gegen den Fachkräfte-Engpass bieten wir Trainings an und unterstützen unsere Partner sowie das Ökosystem. In der Schweiz macht zum Beispiel Aspediens einen sehr guten Job.