06.12.2011, 11:32 Uhr
Schweiz im eGovernment hinter Russland
Russische Behörden sind im Internet näher bei den Bürgern als Schweizer Ämter. Ein Grund für das schlechte Abschneiden der Schweiz könnte «schwerfällige» kommerzielle Software sein.
Schweizer Behördenwebseiten sind weniger bürgernah als die Online-Auftritte der russischen Administration. Das ergab ein Vergleich des Berner Instituts für Angewandte Argumentenforschung (IFAA), der École Polytechnique Fédérale de Lausanne und der Universität Moskau. Für die Studie wurden die Inhalte der Behördenwebseiten beider Länder mit den lokalen Suchmaschinenanfragen von Internetnutzern verglichen. Das IFAA hat in der Schweiz sämtliche Departemente und Bundesämter analysiert, in Russland wurden die Webauftritte aller Ministerien, Agenturen und Dienststellen gemessen. Am besten abgeschnitten haben hierzulande die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (www.deza.admin.ch) und in Russland der staatliche Pensionsfonds (www.pfrf.ru). Am Ende des Rankings liegt die Eidgenössische Alkoholverwaltung (www.eav.admin.ch) und in Russland der Föderale Steuerdienst (www.nalog.ru).
Russen bieten Unternehmen mehr
Gemäss der Studie gibt es grosse Unterschiede bei den Themen, über die im eGovernment beider Länder kommuniziert wird. In Russland wird wesentlich häufiger über Geld-, Gesetzes-, Militär- und Staatsthemen geschrieben, in der Schweiz dominieren Arbeits-, Energie-, Verkehrs- und Wirtschaftsthemen. Gemeinsame Themen der öffentlichen Verlautbarungen hierzulande und in Russland sind laut Studienleiter Christoph Glauser vom IFAA: Finanzen, Geldwäsche, Innovationen, Krankheiten, Mutterschaft und Strategien. Russland offeriert im Bereich der Archive und für Unternehmen sehr viel mehr Informationen als die Schweiz. Zum Thema Ausländer werden etwa gleich viele Inhalte kommuniziert. Nächste Seite: Closed Source gegen Open Source
Ein Bestandteil der Analyse des IFAA war die Ermittlung der verwendeten IT-Infrastruktur von Schweizer und russischen Behörden. Laut Studienleiter Glauser werden hierzulande häufig kostenintensive Systeme von zum Beispiel IBM, Microsoft und Oracle eingesetzt. Ämter in Russland setzen fast durchgehend auf Open Source. Gemäss den Berner Wissenschaftlern vom IFAAfunktioniere Open-Source-Technologie oft besser in Bezug auf die Bürgernähe. Ein anderer Grund sei, dass die öffentliche Verwaltung in Russland gesetzlich verpflichtet sei, sämtliche für die Bürger relevanten Informationen online zur Verfügung zu stellen. Aus dieser Vorschrift resultiere, dass mehr Inhalte auch via Suchmaschinen gefunden werden können. Dagegen setzten einige Schweizer Bundesämter «sehr schwerfällige Lösungen» ein, die sich online durch wenig Effektivität auszeichneten.