Schweizer Banken-Sites im Stresstest
13.05.2016, 18:23 Uhr
Raiffeisen/ZKB top - Credit Suisse, PostFinance und LUKB haben Probleme
Computerworld und Dynatrace haben 15 Schweizer Banken drei Wochen lang getestet. Einige vernachlässigen sträflich ihre IT. Kunden müssen lange warten. Das sind die Gewinner und Verlierer unseres Banken-Benchmarks.
Computerworld hat zusammen mit Dynatrace 15 Schweizer Banken-Sites einem Dauer-Stresstest unterzogen. Mit dabei waren so prominente Finanzinstitute wie die Credit Suisse, die ZKB, die UBS, Raiffeisen Schweiz, die Migros Bank und die Luzerner Kantonalbank. Die Web-Präsenzen der Banken standen über einen Zeitraum von insgesamt drei Wochen auf dem Prüfstand: vom 21. April bis zum 13. Mai. Messungen erfolgten alle 30 Minuten jeweils von den Standorten Genf, Wien, München und Mailand. Pro Bank summierten sich die Messpunkte auf 4'416 Messungen pro URL, und die Unterschiede zwischen den Banken waren eklatant. Spitzenreiter ist die Schweizer Nationalbank (SNB), die aber als Nicht-Kunden-Bank sozusagen ausser Konkurrenz läuft. Die Gewinner Sehr gut abgeschnitten haben die Raiffeisen Schweiz Genossenschaftsbank und die Zürcher Kantonalbank (ZKB). Bei Raiffeisen müssen Kunden im statistischen Durchschnitt 1,45 Sekunden warten, bis sie die Webseite der Bank interaktiv nutzen können (Spalte 'User Time' in der Tabelle oben). Das ist ein sehr guter Wert. Gut abgeschnitten hat auch die ZKB mit einer durchschnittlichen Latenzzeit von 1,96 Sekunden. Besonders wenn man die mit 2,7 MByte recht schwere Homepage (Base Page) in Betracht zieht. Abspecken würde hier den Service noch weiter verbessern. Die Verlierer Drei Sekunden Wartezeit gelten als Limit. Alles, was darüber liegt, strapaziert die Nerven der Kunden und verschlechtert die sogenannte 'User Experience'. Mit 3,02 Sekunden Latenz kratzt die Migros Bank deshalb klar am Limit. Mehr als deutlich über dem Limit liegt das Schlusslicht Credit Suisse (6,3 Sekunden) und die Luzerner Kantonalbank (5,56 Sekunden). Solch lange Wartezeiten sind eine Zumutung für jeden Kunden. Auch die PostFinance bekleckert sich nicht gerade mit Ruhm. PostFinance-Kunden müssen durchschnittlich 3,85 Sekunden warten, um sich schliesslich einloggen und ihre Bankgeschäfte online erledigen zu können. Dynatrace vermutet hinter den kundenunfreundlichen Latenzzeiten zum Beispiel Infrastrukturprobleme oder schlecht eingerichtete Banken-Server. Die Banken haben ihre IT-Hausaufgaben im Backend nicht gemacht. Häufig sind die Homepages der Banken aber auch überladen und mit zusätzlichem 3rd-Party-Inhalt, Videos oder Werbemassnahmen überfrachtet. Wir haben nichts gegen solche Massnahmen, aber sie sollten nicht zulasten des Kunden-Service gehen. Nächste Seite: Das läuft schief bei UBS und CS Ursachen für lange Wartezeiten Eine hohe Streuung - also grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Messungen - ist laut Dynatrace ein sicheres Indiz für Probleme im Backend/der Infrastruktur. Dafür tragen alleinig die Banken die Verantwortung. Die gelegentlich sehr langen 'First Byte'-Ladezeiten der UBS, in unserem Ranking auf Platz 11, weisen auf Infrastrukturprobleme hin. "Die Credit Suisse hatte während des dreiwöchigen Tests technische Probleme", sagte Thomas Schlagenhaufer von Dynatrace zu Computerworld. Eine hohe Streuung und häufige Timeouts wegen extrem langer Ladezeiten - der Banken-Server antwortet nicht auf den Kunden-Request - deuten klar auf Defizite im Backend hin. Dynatrace hat die Testmessungen bei allen 15 Banken ohne Ankündigung durchgeführt. Performance-Bremse beseitigt Am 1. Mai kommt es bei der Credit Suisse zu einer massiven Störung. Die Online-Site der Credit Suisse konnte von 13.30 bis 23.00 Uhr bei einem Teil der Messungen nicht vollständig geladen werden. Laut Schlagenhaufer sind Content-Probleme die Ursache, die sich schon vorher durch vereinzelte lange Ladezeiten abzeichneten: Vor allem in Mailand und München wurden immer wieder Timeouts festgestellt, die Seite konnte oft innerhalb einer Minute nicht vollständig geladen werden. Das zieht auch den Durchschnitt in der Tabelle nach unten. Offenbar wurde dieses Problem noch im Testzeitraum erkannt, seit dem 12. Mai sind keine Beeinträchtigungen der Ladezeit mehr aufgetreten. Nächste Seite: PostFinance hat Probleme verschlafen PostFinance: Probleme verschlafen Die Homepage der Postfinance hatte vom 30. April (18.20 Uhr) bis zum 2. Mai (13.20 Uhr) mit einer massiven Störung zu kämpfen. Eine Fehlermeldung erschien. Damit noch nicht genug, hat sich die Störung lange vorher angekündigt. Die Basepage-Ladezeit stieg über die vorangegangenen fünf Tage vor dem Ausfall deutlich sichtbar an. Anscheinend haben die PostFinance-ITler geschlafen und nicht bemerkt, dass mit ihrer IT-Infrastruktur etwas nicht stimmt. Durch ein besseres Monitoring, also eine Performance-, Auslastungs- und Kapazitätskontrolle hätte sich die Störung vermeiden lassen können. Ab 2. Mai hat die PostFinance die Defizite aber behoben, die Webseite läuft seitdem einwandfrei und deutlich schneller. Performance-Tipp Die meisten Kunden greifen tagsüber auf die Webseite ihrer Banken zu, um ihre Bankgeschäfte zu erledigen. Naheliegend wäre es daher, zu den Spitzenzeiten zusätzlichen Kapazitäten dazu zu schalten, um den Online-Service für die Kunden zu verbessern. Zahlreiche E-Commerce-Shops machen das bereits, und besonders einfach lassen sich zusätzliche Ressourcen in der hochskalierbaren Cloud - private und public - zuschalten. Eine einfache Massnahme, die 'User Experience 24/7' rund um die Uhr zu verbessern.