11.09.2014, 10:25 Uhr

Pobleme mit der Zuwanderung in der Schweizer ICT-Branche

Das Lobbying um Kontingente im Zuge der Masseneinwanderungsinitiative hat schon begonnen. Doch ICT-Switzerland wartet vorerst ab.
Andreas Kaelin, Präsident von ICT-Switzerland ist gefordert
30 000 ICT-Fachkräfte sollen der Schweiz bis 2022 fehlen. Diese Zahl ist der «Bedarfsprognose 2022» zu entnehmen, welche ICT-Berufsbildung Schweiz gestern publiziert hat. Nebst den seit Jahren vom Verband und anderen Institutionen gepredigten Problemen wie einer viel zu tiefen Frauenquote, hoher Arbeitslosigkeit in der älteren Generation oder einer zu geringen Zahl an IT-Ausbildungsplätzen wird aus aktuellem Anlass auf ein anderes Problem aufmerksam gemacht: die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative (MEI). In den letzten fünf Jahren sind gemäss Studie 24 300 Personen in die Schweiz immigriert, die eine Beschäftigung im ICT-Berufsfeld fanden und sich immer noch in der Schweiz aufhalten. Das ist rund jeder achte ICT-Beschäftigte, was einem beinahe doppelt so hohen Migrantenanteil wie im Durchschnitt aller Branchen in der Schweiz (7 Prozent) entspricht. Weil also die ICT mehr als andere Berufsfelder darauf angewiesen ist, bei der nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative angedachten Kontingentsverteilung gut wegzukommen, müsste sie sich nun zu Wort melden. Wie es beispielsweise der Gastroverband oder die Maschinenindustrie mehrfach getan hat. Aber macht das die IT-Branche?

ICTswitzerland will zuerst Hausaufgaben machen

CVP-Nationalrätin Kathy Riklin, im Parlament als ICT-Politikerin auftretend, wusste im Top-500-Interview der Computerworld nichts von etwaigen Vorstössen. Und Andreas Kaelin, Präsident vom Branchenverband ICTswitzerland, sagte auf Anfrage der Computerworld: «es bringt nichts laut zu schreien, wenn man seine Hausaufgaben nicht gemacht hat.» Diese Woche gab es immerhin einen Sessionsanlass des Lobbyverbandes «ePower» mit dem Titel «Anliegen der Wirtschaft am Beispiel von ICT-Fachkräften». Dabei ging es, wie Computerworld erfuhr, aber hauptsächlich um die technische Umsetzung der Initiative. Dabei wäre es immens wichtig, sich nebenbei auch wortstark bei Politikern und Medien bemerkbar zu machen und für grosse ICT-Kontingente einzutreten. Denn auch wenn noch nicht klar ist, wie die MEI umgesetzt wird, zeigt die Studie verschiedene Szenarien und ihre Auswirkungen für das Berufsfeld ICT auf. Würde die Beschränkung der gesamtschweizerischen Einwanderung beispielsweise 40 000 Personen betragen, müssen sich Firmen bis 2022 anstatt knapp 14 000 rund 30 000 ICT-Fachkräfte anderweitig besorgen. Und das noch bevor über die Ecopop-Initiative abgestimmt wird, welche bei einer Annahme die Situation noch verschlimmern würde. Immerhin scheint ein wichtiger Punkt klar zu sein, der keineswegs alltäglich ist: Die Branche möchte vereint auftreten, einen Alleingang eines Verbandes wird es nicht geben. Die Federführung hat der Dachverband ICTswitzerland übernommen. Bleibt zu hoffen, dass er irgendwann zu schreien anfängt.



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