02.09.2004, 00:00 Uhr

"Der Bund ist kein Early Adopter"

Die Eidgenossenschaft gewährt dem Pinguin nur zögerlich Einlass. Der Bund sei eben kein Early Adopter, gab Jürg Römer, Delegierter für die Informatikstrategie des Bundes, an der zweiten OSS-Tagung für die öffentliche Verwaltung zu Protokoll.
In den deutschen Verwaltungen gehen die Umbauarbeiten in Richtung Open-Source Software (OSS) weiterhin zügig voran. Gerade eben hat die Steuerverwaltung des Bundeslands Niedersachsen angekündigt, ihre fast 12000 Desktop-Rechner auf Linux umzustellen. Derweil nimmt mans in der Schweiz mit der Adoption des Pinguins gemächlicherÖund auch sachlicher. Dies kristallisierte sich auch an der zweiten OSS-Tagung für die öffentlichen Verwaltungen, die gestern in Bern über die Bühne ging, heraus. Noch vor einem Jahr proklamierte Jürg Römer, Delegierter für die Informatikstrategie des Bundes, dass sich die von Microsoft und Co vorgegebenen monopolartigen Zustände nur mit OSS brechen liessen.
Inzwischen schlägt er sanftere Töne an. Die OSS-Strategie des Bundes sei definiv keine Politik der systematischen Bevorzugung von offenen Programmen gegenüber geschlossenen, betonte Römer. Schliesslich sei der Bund kein Early Adopter. Vielmehr wolle man auch künftig Software nach Qualitäts-, Sicherheits- und wirtschaftlichen Kritierien auswählen und beide Typen koexistieren lassen. Für die Verwaltung hätte dies freilich den Vorteil, dass sich so die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten reduzieren liesse und gleichzeitig eine grössere Auswahl bestünde, so Römer.
Derweil gab Jürg Arpagaus von der Zürcher Privaten Hochschule für Wirtschaft (PHW), die die Tagung mitorganisiert hat, zu bedenken, dass OSS nicht zwingend die günstigere Alternative sei. Eine reine Gegenüberstellung der Beschaffungskosten sei unzulässig. Ein echter Kostenvergleich sei nur anhand von TCO-Analysen (Total Cost of Ownership) möglich. Gleichzeitig stellte Arpagaus einoffenes TCO-Tool vor, das Die PHW im Rahmen eines KTI-Projekts (Kommission für Technologie und Innovation) entwickelt hat.
Die Ansicht, dass OSS durchaus mit geringeren Investitions- und Unterhaltskosten punkten könne, vertrat Kurt Bader, Chef des Amts für Informatik und Organisation des Kantons Solothurn. Dies habe sich klar bei der OSS-Migration des Kantons gezeigt, der auf diesem Gebiet als Schrittmacher gilt. Als Vorteil strich Bader heraus, dass bei OSS-Projekten der Kontakt zum Entwicklerteam, das meistens intern angesiedelt sei, wesentlich intensiver sei.
Ebenfalls positive Bilanzen ziehen Martin Käser und Markus Fankhauser von der Direktion Informatik vom Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Dieses hat den Wechsel auf Intel-/Linux-Server sowie OSS-Entwicklungsumgebungen vollzogen. Die Migration habe sich aufgedrängt, weil der wirtschaftliche Betrieb der bestehenden Java-Webapplikationen aufgrund der hohen Mainframe-Betriebskosten nicht mehr gegeben gewesen sei, so Käser. Durch die Umstellung habe man leistungsstarke und kostengünstige Lösungen entwickeln können, ergänzt Fankhauser.



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