25.08.2015, 13:53 Uhr

Astra schmeisst Trivadis raus

Die Ablösung des wichtigsten Kontrollsystems im Schweizer Strassenverkehr verzögert sich seit Jahren und kostet viel mehr, als geplant. Doch der Grund, warum das Astra nun den zuständigen IT-Dienstleister Trivadis rausgeschmissen hat, ist ein anderer.
Das Bundesamt für Strassen (Astra) schmeisst Trivadis raus. Eigentlich war der Zürcher Softwareentwickler für das «Informationssystem Verkehrszulassung (IVZ)» zuständig, das Zulassungen und Kontrollen im Strassenverkehr in der Schweiz und Lichtenstein regeln sollte. Doch Trivadis lieferte nicht, was versprochen wurde. Behauptet das Astra. Trivadis erwidert, die vertraglichen Vereinbarungen wurden erfüllt. Die Geschichte dürfte vor dem Richter enden ? dabei hatte alles ganz harmonisch angefangen. 2009 suchte das Astra einen IT-Dienstleister, der das bisher für Zulassungen und Kontrollen zuständige System «MOFAD» ablösen sollte. Dieses besteht aus den Datenbanken «Admas» (Administrativstrafen wie Führerausweisentzug), «Faber» (Führerzulassung) und «Mofis» (Fahrzeugzulassung). «MOFAD» kam und kommt seinen Pflichten zwar mehrheitlich gut nach, stammt allerdings aus den 1980er-Jahren. Der Vorschlag von Trivadis für das «Informationssystem Verkehrszulassung» überzeuge das Astra am meisten, ein Werkvertrag über 8 Millionen Franken wurde ausgehandelt. Das Projekt führte allerdings immer wieder zu Verzögerungen, ursprünglich hätte es 2014 in Betrieb gehen sollen, danach wurde als Termin 2015 genannt, der wiederum auf Frühling 2016 verschoben wurde. Das war aber nicht ausschlaggebend für den Rausschmiss von Trivadis, den Astra-Direktor Jürg Röthlisberger gestern im Bund zugab. Genau so wenig wie das durch die Verzögerungen und Rechtsänderungen explodierte Kostendach, das aus den ursprünglichen 8 Millionen aktuell 36 Millionen Franken werden liess. Weitere Millionen werden hinzukommen bis das System endlich fertig ist, «dutzende werden es aber nicht sein», sagt Röthlisberger. Doch wenn nicht Kosten oder Termineinhaltung, war dann der Grund für den Rausschmiss?

Datenverarbeitung zu langsam?

Anfang 2015 untersuchte das Astra die Leistungsfähigkeit vom IVZ und kam zum Schluss, dass die Datenverarbeitung zu langsam von statten geht. MOFAD soll in einigen Kantonen fünf- bis achtmal schneller rechnen, ein Zustand, den das Astra verständlicherweise nicht akzeptieren wollte. Also setzte man sich mit Trivadis zusammen und forderte Verbesserungen. «Das ist courant normal bei einem Werkvertrag», sagte uns Astra-Sprecher Thomas Rohrbach. Doch im Gegensatz zu anderen Lieferanten weigerte sich Trivadis, die Anpassungen ohne Mehrkosten auf sich zu nehmen. Ihrer Meinung nach waren die Bedingungen des Werkvertrags erfüllt, einschliesslich der IVZ-Leistungsfähigkeit. «Das IVZ ist teilweise um 50 Prozent schneller als vertraglich gefordert. Das ASTRA hat erst im Frühling dieses Jahres, d. h. kurz vor dem Projektabschluss, festgestellt, dass die mit Trivadis vereinbarten Performance-Anforderungen nicht den aktuellen Bedürfnissen der kantonalen Strassenverkehrsämter genügen. Daraufhin wurden neue Performance-Anforderungen vom ASTRA definiert, die nicht der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung mit Trivadis entsprechen. Die vertraglichen Anforderungen sind aber eindeutig, nicht interpretierbar und wurden von Trivadis erfüllt», lässt sich Trivadis-CEO Christoph Höinghaus in einer Stellungnahme zitieren. Um eine Lösung zu finden arbeitete Trivadis einen Vorschlag für die Performance-Anpassungen aus, doch das Bundesamt bestand darauf, dass diese Bestandteil des bestehenden Vertrags sein müssen und deshalb kein Geld mehr fliessen werde. Mehrmals hätten sich führende Köpfe vom Astra und Trivadis zusammengesetzt, sagt Rohrbach. Ein Konsens wurde nicht gefunden, die Parteien entfernten sich stattdessen immer mehr voneinander, bis der Rauswurf unvermeidlich war.

Werk wird übernommen aber nicht akzeptiert

Grundsätzlich hat Trivadis aber nicht schlecht gearbeitet, hebt Rohrbach hervor. Man übernehme das System wie es nun dastehe, akzeptiere es aber nicht als fertiges Werk. Denn es sei halt erst zu 90 Prozent fertig. «Das ist, wie wenn wir einen fünf Kilometer langen Tunnel bestellen, der dann 4,9 Kilometer lang wird.» So etwas würde bei Werkverträgen des Öfteren geschehen, sagt Rohrbach. Dann gibt es entweder die Option Zusammenarbeit oder Bundesverwaltungsgericht. Alles deutet darauf hin, dass bei Trivadis Option zwei gezogen wird, denn mittlerweile sprechen die einstigen Partner überhaupt nicht mehr miteinander. Rohrbach wird diesbezüglich nicht konkret, gibt aber eine Warnung in Richtung Trivadis heraus: «Das Astra hat schon einige ähnlicher Fälle vors Bundesverwaltungsgericht gezogen. Und immer gewonnen.» «MOFAD» wird weiter in Betrieb bleiben, bis die IVZ-Probleme behoben werden konnten, sagt Rohrbach. Damit muss man sich aber etwas beeilen. Denn auch wenn «MOFAD» aktuell noch seine Aufgaben erfüllen kann, wird das gemäss Rohrbach spätestens Ende 2020 nicht mehr der Fall sein



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