Kommentar 04.02.2014, 19:42 Uhr

Microsoft-CEO mit Rückhalt

Die Ernennung von Satya Nadella zum CEO löst Microsoft aus einer Lähmung. Mit internem Rückhalt muss der Neue den Weltkonzern wandeln, kommentiert Computerworld-Redaktor Mark Schröder.
Der neue Microsoft-CEO Satya Nadella hat einen soliden Hintergrund als Entwickler
Mit dem heutigen Tag endet erstens die Suche nach dem neuen Microsoft-CEO. Satya Nadella übernimmt. Zweitens endet auch die scheinbare Starre, in die der grösste Software-Hersteller der Welt nach der Rückzugsankündigung von Steve Ballmer verfallen ist. Der neue CEO sollte die Möglichkeit bekommen, Microsofts Unternehmensstrategie selbst zu definieren. Dabei wird Nadella ohne Zweifel vom Verwaltungsrat – also auch Ballmer, aber auch Bill Gates und dem neuen Vorsitzenden John Thompson – Hilfe bekommen. Er wird sie voraussichtlich brauchen. Denn Nadellas Historie bei Microsoft ist eher eine technische. Seine Karriere begann 1992 im Windows-Team, das circa ein Jahr später Windows NT veröffentlichte. Anschliessend blieb er der Entwickler-Sparte treu, bekleidete leitende Positionen in den Abteilungen Business Software und Online Services. Als Führungskraft war Nadella unter anderem verantwortlich für das (zugekaufte) ERP-Geschäft, die Online-Werbevermarktung und -Suche sowie schliesslich in 2011 die Server-Sparte. Aus dieser Position heraus übernahm er im Zuge der «One Microsoft»-Restrukturierung im Sommer letzten Jahres die neue «Cloud and Enterprise Engineering Group». Microsoft definiert sich seither als «Devices and Services Company». Bei den Services kennt sich Nadella zweifellos bestens aus, die Devices sind ihm sicher ebenfalls mehr als landläufig bekannt – schliesslich läuft auf allen Devices eine Microsoft-Software. Einige der Codezeilen dürften auch in seinen Entwicklerteams diskutiert und geschrieben worden sein. Bill Gates lobt Nadella in einer Mitteilung als eine Fachperson mit «hard-core engineering skills» («profunde Entwicklerfähigkeiten»), einer Vision für das Geschäft und einen Menschen, der Leute zusammenbringen kann. Nächste Seite: Nadellas Herausforderungen Die Erfahrungen in den unterschiedlichen Abteilungen des Microsoft-Konzerns, seine lange Firmenzugehörigkeit und seiner in Medienberichten kolportierten Bescheidenheit gilt Nadella als beliebt unter den Microsoft-Mitarbeitern. Die Wahl eines internen Kandidaten – Nadella insbesondere – kann unter den Kollegen Kräfte freisetzen und Microsoft von quasi von innen heraus erneuern. Allerdings besteht auch die Gefahr, dass die – notwendige – Wandlung aufgrund von Besitzstandwahrungsbestrebungen und anderen Unwägbarkeiten blockiert wird. Nadella muss intern managen und auch Microsoft extern neu positionieren.
Das wird dem Techniker voraussichtlich weniger leicht fallen als dem marketingaffinen Steve Ballmer. Der Ex-CEO hat die Latte für Nadella zudem noch sehr hoch gelegt: In den Quartalen nach Ballmers Rücktrittsbekundung lieferte das Unternehmen jeweils gute bis sehr gute Ergebnisse ab. Am heutigen Dienstag reagieren die Anleger vorsichtig optimistisch: Bei der Ernennung von Nadella zum CEO sprang die Microsoft-Aktie leicht ins Plus.

Innovative Microsoft-Software

Weitere Lorbeeren wird sich Nadella in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren verdienen müssen. Eine (erfolgreiche) Software programmieren, eine (erfolgreiche) Infrastruktur-Sparte lenken und ein (noch nicht so sehr erfolgreiches) Cloud-Geschäft ankurbeln ist eine Sache, einen Weltkonzern (erfolgreich) führen eine ganz andere. Auf Nadella kommen grosse Aufgaben zu. «Sein» bisheriges Cloud- und Enterprise-Geschäft ist nicht die grösste Baustelle. Sie ist vielmehr der Endkundenmarkt, auf dem Microsoft teilweise massiv Kunden an den Wettbewerb verliert. Smartphones und Tablets ersetzen je länger, je mehr den Computer. Auf den meisten heute verkauften Smartphones und Tablets läuft kein Microsoft-Betriebssystem mehr. Hier muss Nadella dringend handeln. Bestenfalls gelingt es Nadella, den internen Rückhalt in innovative Produkte und Lösungen zu kanalisieren. Wenn Microsoft den Verbrauchern echte Neuerungen anbieten kann – etwa ein Gesten gesteuertes Device –, wird der Verbraucher nicht kategorisch ablehnen, nur weil ein Apfel oder Roboter auf dem Gerät fehlt. Für die IT-Branche ist das gute Signal des heutigen Dienstags: Microsoft hat sich aus der Starre gelöst und einen CEO ernannt. Nun kann – und muss – Redmond weiter handeln.



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