Kommentar 07.03.2013, 11:00 Uhr

Microsoft-Busse nicht zeitgemäss

Microsoft gibt offen zu, einen Fehler gemacht zu haben. Redmond hat die Auflagen der EU-Regulatoren missachtet. Brüssel sollte allerdings auch Apple und Google ins Visier nehmen.
Computerworld-Redaktor Mark Schröder kommentiert die Millionen-Busse für Microsoft
Microsoft muss wegen Missbrauchs seiner Marktmacht eine Bussevon über 500 Millionen Euro zahlen. Der Hersteller hat mit dem Service Pack 1 für Windows 7 das Auswahl-Fenster für den Web-Browser deaktiviert. Das war ein Fehler, gibt Microsoft per Medienmitteilung wenige Stunden nach dem Bescheid aus Brüssel zu. Redmond hatte sich Ende 2009 verpflichtet, mit Windows ein Auswahl-Fenster auszuliefern. Seitdem hat sich die IT-Welt gewandelt. Zwar ist Windows weiter das dominierende Betriebssystem für den Desktop, Apple präsentierte gut einen Monat nach der Einigung zwischen Microsoft und der EU das iPad. Hier haben die User die Wahl des Browsers. Allerdings ist der herstellereigene Safari natürlich vorinstalliert. Dem User wird zugemutet, sich in Apples – exklusiv Apples – App Store selbst nach Alternativ-Browsern umzuschauen. Angesichts des kolportieren Marktanteil von 90 Prozent am Tablet-Geschäft sollte – wenn nicht gar müsste – Apples Browser-Auswahl auf dem iPad ebenfalls ein Thema für die EU-Wettbewerbshüter sein. Über den Mac-Hersteller beschwert sich allerdings (noch) niemand. Eine ebenfalls «neue» Entwicklung ist die stetige Verbreitung von Smartphones. Microsoft war hier noch nie Marktführer, Apple hat die Spitzenposition gerade an Google verloren. Auf dem iPhone ist Safari fest verdrahtet, bei Android gehört Chrome zum Standard. Abseits davon gibt es auf den ersten Blick noch einen Wettbewerb – zumindest zwischen den Betriebssystem-Welten. Hat sich ein Anwender aber für eine Welt entschieden, muss er bei Google, Apple oder eben Microsoft einkaufen. Die Konditionen für Käufer und Anbieter bestimmen die Shop-Betreiber, beispielsweise die Marge von typischerweise 30 Prozent. Angesichts der Milliardenumsätze mit Apps sollten (müssten) auch diese Geschäftspraktiken die Aufmerksamkeit der Brüsseler Regulatoren erregen. Aber auch hier klagt (noch) niemand. Der Browser-Anbieter Opera hatte sich Ende der 2000-er über den vorinstallierten Internet Explorer bei der Europäischen Union beschwert. Die Kommissare ermittelten, dass Microsoft seine vorherrschende Stellung am Markt missbraucht und forderten den Windows-Anbieter auf, sein Produkt zu ändern. Das hat Redmond getan und entging einer Millionen-Busse. Nun unterlief Microsoft ein «technischer» Fehler, womit die Browser-Auswahl dahin war. Es ist nur konsequent, dass die EU eine Busse spricht. Angesichts der neuen – oder auch nicht mehr ganz so neuen – Veränderungen auf dem Computermarkt, ist der Streit um Auswahl des Web-Browsers aber nicht mehr zeitgemäss.



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