24.08.2017, 15:45 Uhr
90'000 KMU fehlen Fachkräfte
Gemäss einer Credit-Suisse-Studie leiden vor allem KMU am Fachkräftemangel. ICT-Unternehmen seien überproportional betroffen, heisst es.
Schon heute haben Kleine- und Mittlere Unternehmen (KMU) Grund, um über den Fachkräftemangel zu klagen. Laut einer Credit-Suisse-Studie leiden 90'000 KMU unter akutem Fachkräftemangel. Sie müssten sich aber auf eine Zuspitzung bei den Personallücken einstellen. War die Zahl der Pensionierungen über die letzten Jahre stabil, wird sie ab diesem Jahr wegen der Babyboomer-Generation stark zunehmen - von 88'000 (2015) auf 126'000 im Jahr 2030. Die Warnungen vor den künftig fehlenden Fachkräften im Arbeitsmarkt sind nicht neu. Dabei ist der Mangel an Fachkräften bei einem Viertel der KMU bereits heute problematisch. «Hochgerechnet sind 90'000 KMU von akutem Mangel betroffen», sagte Andreas Christen, Ökonom der Credit Suisse, am Donnerstag vor den Medien in Zürich. Überdurchschnittlich betroffen ist die traditionelle Industrie und der Bau sowie die IT- und Kommunikationsbranche, wie aus der CS-Studie mit 1900 befragten KMU hervorgeht. In ländlichen Gebieten gestaltet sich die Personalsuche zudem deutlich schwieriger als in städtischen Regionen.
Rekrutierungs-Bemühungen mager
Um den Mangel zu beheben, setzen die befragten KMU weitaus am häufigsten auf die Aus- und Weiterbildung von Angestellten. Über 50 Prozent bilden Lehrlinge aus. Das am wenigsten prioritäre Instrument für KMU ist erstaunlicherweise die Auslandrekrutierung. Noch am ehesten greifen KMU in Grenzgebieten auf ausländische Fachkräfte zurück, wie Christen ausführte. Allerdings seien es auch diese grenznahen KMU, die am wenigsten auf Ausbildung- und Weiterbildung setzten. Ein weiterer Befund: Je mehr sie unter Fachkräftemangel leiden, desto mehr investieren die KMU in externe Rekrutierungshilfen wie Berufsmessen und Jobportale. Nur ein Viertel der KMU fördert zudem die Beschäftigung über das Rentenalter hinaus. Offenbar haben viele KMU die möglichen Massnahmen zur Deckung des Fachkräftebedarfs noch nicht ausgereizt. Bedenklich stimmt das zurückhaltende Engagement auch, weil der derzeitige Mangel offenbar bereits die letzten Jahre Normalität war. Denn laut Christen ist das Niveau beim Fachkräftemangel seit 2011 in etwa stabil. Heute noch nicht existenziell Allerdings habe die Bedeutung des Fachkräftemangels in den Gesprächen mit KMU deutlich zugenommen, betonte der Leiter des CS-KMU-Geschäfts Schweiz, Andreas Gerber. Der Mangel sei noch kein existenzielles Thema, aber das werde sich deutlich verschärfen. «Schweizer KMU werden nicht darum herumkommen, sich der Herausforderung eines bestenfalls stagnierenden und alternden Arbeitskräftepotentials zu stellen», resümierten die Studienautoren. Sie führten weiter aus, dass die Automatisierung und Digitalisierung die demografisch bedingte Stagnation der Erwerbsbevölkerung kompensieren könnte. Ob die Digitalisierung den Fachkräftebedarf letztlich netto erhöhe oder senke, könne heute allerdings kaum beurteilt werden.