«Worldline kann den Konsum in Echtzeit abbilden»

Umfangreiches Konsolidierungsprojekt

CW: Welchen Umfang hat dieses Konsolidierungsprojekt von SIX Payment Services und Worldline?
Schluep: Wir sprechen von einer Laufzeit von voraussichtlich drei Jahren. Einerseits müssen die IT-Systeme migriert werden, andererseits aber auch die Kunden mit neuer In­frastruktur versorgt und dann an die neue Lösung an­geschlossen werden. Wir sprechen von Investitionen von mehreren Millionen Franken.
CW: Wer leitet dieses Projekt?
Schluep: Die operative Leitung des Projekts liegt beim früheren IT-Chef der SIX Payment Services, Daniel von Aesch. Er ist ein ausgewiesener Experte in Migrationsprojekten in den Bereichen Acquiring- und Issuing-Processing. Bis anhin läuft das Projekt plangemäss. Drei bestehende Worldline-Lösungen werden sicher auf die SIX-Plattform migriert, allenfalls noch eine vierte.
CW: Sie haben eine lange berufliche Historie bei SIX. So war die Übernahme durch Worldline vermutlich nicht die erste Firmentransaktion, an der Sie mitgewirkt haben.
Schluep: Das stimmt. Schon 2008 haben die Schweizer Banken ihre drei Gemeinschaftswerke SWX Group, SIS Group und Telekurs in der SIX zusammengelegt. Als Leiter der Strategie-Abteilung der Schweizer Börse war ich sehr stark in die Fusion involviert – respektive hatte die Freude, das Projekt leiten zu dürfen. Diese Aufgabe war sehr reizvoll für mich, da ein Dreifach-Merger nicht gerade ein alltägliches Vorhaben ist. Ich habe nie wieder so viel gearbeitet wie in dieser Zeit, die ich als hoch interessant und sehr intensiv in Erinnerung habe.
Worldlines Marc Schluep leitete schon den Merger von SIS, SWX und Telekurs
Quelle: Samuel Trümpy
CW: Gibt es Lehren aus dem Merger damals, die Ihnen im aktuellen Prozess noch nützlich sind?
Schluep: Hier muss ich vorausschicken, dass ich damals für den Zusammenschluss sowie auch für die Integrationsarbeiten die volle Verantwortung hatte. Diesmal war ich in dem Prozess nicht im Lead. Ausserdem sind die Merger nur schwer vergleichbar: Mit SWX, SIS und Telekurs kamen damals drei ganz unterschiedliche Geschäftsfelder zusammen, während SIX Payment Services und Worldline ein ähnliches Portfolio aufweisen.
Der Zusammenschluss wurde damals seitens der Mitarbeiter nicht auf Augenhöhe wahrgenommen – jeder hatte das Gefühl, vom anderen Unternehmen übernommen zu werden, und es kam an allen Ecken zu teilweise irrationalen Abwehrreflexen gegen das neue Konstrukt. Im ak­tuellen Fall standen wir einander als gleichwertige Partner gegenüber und wir haben eine viel höhere Akzeptanz bei den Mitarbeitern erreicht.
CW: War allenfalls die Kommunikation ein Knackpunkt bei den Fusionen?
Schluep: Gut, sprechen Sie es an. In der Kommunikation gab es tatsächlich einen grundlegenden Unterschied zwischen den beiden Mergern: Die Fusion zur SIX vor elf Jahren war ein Geheimprojekt. Wir hatten damals keine Chance, die Mitarbeiter mitzunehmen auf die Reise in das neue Unternehmen. Die letztendliche Ankündigung des Mergers war dann auch für sämtliche Angestellten eine relativ grosse Überraschung – für einige sogar ein Schock.
Bei dem Deal mit Worldline lagen die Karten ab dem Entscheid des SIX-Verwaltungsrats offen auf dem Tisch. Also gut ein halbes Jahr vor dem tatsächlichen Zusammenschluss. Als Geschäftsleitung von SIX Payment Services haben wir ausserdem der offenen Kommunikation die höchste Priorität eingeräumt. So haben wir alle Kollegen über jeden Schritt auf dem Weg zum Merger vollkommen transparent informiert. So konnten wir in der Belegschaft Vertrauen in unser Handeln gewinnen. Und die Mitarbeiter haben sich frühzeitig mit der Tatsache anfreunden können, dass SIX Payment Services einen neuen Eigentümer erhalten wird. Den Erfolg der transparenten Kommunikation können wir an der konstanten Fluktuationsrate ablesen.
“Der SIX-Merger war ein Geheimprojekt. Diesmal kommunizierten wir offen„
Marc Schluep
CW: Sie haben die Mitarbeiter auf eine «Reise» mit­genommen. Können Sie bitte erklären, wie diese «Reise» organisiert war?
Schluep: Für alle Mitarbeiter haben wir Townhall Meetings organisiert, an denen wir über die grossen Ankündigungen informiert haben. Parallel gab es Einzelgespräche und einen kontinuierlichen Informationsfluss via Intranet. Um die «Reise» zu visualisieren, haben wir immer einen Koffer dabeigehabt – sowohl einen echten als auch ein Symbolbild. Die Angestellten haben wir gebeten, dass sie selbst ihre Koffer packen sollen, um für die Reise bereit zu sein. Die Informationsflyer waren als Tickets gestaltet, auf denen die nächsten Stationen aufgedruckt waren. Inhaltlich haben wir zu den Fakten auch immer eine Begründung mitgeliefert, damit die Mitarbeiter verstehen konnten, warum die Massnahmen erforderlich waren. Die Transparenz war uns sehr wichtig.



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