«Der Wettbewerb bedient die Aktionäre, IFS die Kunden»
Erfolge und Rückschläge
CW: Welches war persönlich Ihr bisher grösster beruflicher Erfolg?
Roos: Das Privileg, zum CEO von IFS berufen zu werden, ist mein bisher grösster beruflicher Erfolg. Als ich die Stelle antrat, wurde mir immer wieder gesagt, dass wir eine sehr grosse Kundenzufriedenheit haben. Aber erst, als ich mich mehr in das Geschäft vertiefte, wurde mir klar, was diese grosse Kundenzufriedenheit tatsächlich bedeutet. Heute treffe ich mich auf der ganzen Welt mit potenziellen Kunden. Die Unternehmen wenden sich grösstenteils aufgrund der Referenzen unserer zufriedenen Kunden an uns.
CW: Welches war Ihr grösster beruflicher Rückschlag?
Roos: Schon früh in meiner Karriere war ich von einem grossen Stellenabbau betroffen. Damals landete ich hart. Jedoch war ich noch zu naiv, um zu erkennen, dass ich nur ein kleines Rädchen im System war. Ich verstand den geschäftlichen Kontext nicht und wurde daher unvorbereitet erwischt. Ich denke, es ist wichtig, sich immer sehr bewusst zu sein, welche Veränderungen ein Unternehmen durchläuft. Im Laufe der Jahre habe ich bei allem, was ich tue, eine gesunde Paranoia entwickelt. Sie hält mich wach.
CW: Wie äussert sich eine «gesunde Paranoia»?
Roos: Eine «gesunde Paranoia» bewahrt meine Kollegen und mich vor bösen Überraschungen. Sei es der Eintritt in einen neuen Markt, eine neue Partnerschaft, ein spezieller Vertragsabschluss oder das Rekrutieren einer neuen Führungskraft – bevor eine Entscheidung fällt, habe ich alle möglichen Risiken vorher geprüft und Eventualitäten bedacht. Ich antizipiere die Konsequenzen, bevor sie eintreten. So bin ich sowohl rational als auch emotional für alles gerüstet – und extrem selten wirklich enttäuscht. Für mich stimmt die Balance zwischen der Vorbereitung und den möglichen Konsequenzen einer Entscheidung. Diese Ansicht teilen vermutlich aber nicht alle Mitglieder meines Führungsteams, denn sie haben viel Arbeit, wenn sie alle möglichen Szenarios für mich durchspielen müssen.
“Eine gesunde Paranoia bewahrt mich vor bösen Überraschungen„
Darren Roos
CW: Ihre Wurzeln liegen in Südafrika. Welche Entwicklung bei der Adaptation von IT sehen Sie dort – und womöglich in Afrika generell?
Roos: Lassen Sie mich zunächst einen Überblick über die Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent geben: Da schon heute viele junge Afrikaner mobile Anwendungen nutzen, hat der Kontinent die Chance, die entwickelten Volkswirtschaften beim innovativen Einsatz von IT-Technologien zu überholen. Bis 2025 könnte Afrikas internetbezogener Dienstleistungssektor ein Volumen von 315 Milliarden US-Dollar erreichen. Er wird zu einem der wichtigen Arbeitgeber des Kontinents. Laut den Schätzungen des Weltwirtschaftsforums können digitale Technologien allein in Südafrika in den nächsten zehn Jahren mehr als 5 Billionen US-Dollar an Wert für Gesellschaft und Industrie generieren. Schliesslich, sagt Gartner, werden die IT-Ausgaben in den Staaten südlich der Sahara bis 2020 etwa 40 Milliarden US-Dollar betragen – davon allein 22 Milliarden in Südafrika. Und der Cloud-Markt wird in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich auf 2 Milliarden US-Dollar wachsen.
CW: Welches Geschäft betreibt IFS in Afrika? Geht das auf Ihre Initiative zurück oder gab es schon vorher Geschäftsbeziehungen?
Roos: IFS hatte schon Kunden auf dem afrikanischen Kontinent, bevor ich den CEO-Posten übernahm. Aufgrund meiner südafrikanischen Herkunft und dem Erfahrungsschatz mit Geschäften in Afrika konnte ich dem Business dort aber neue Impulse geben. Denn ich wusste um das grosse Potenzial, das dort schlummert. Diese Einsicht fehlt vielen Führungskräften aus Nordamerika oder Europa. Weiter hatte ich aus meiner eigenen Geschäftshistorie natürlich diverse Kontakte zu Firmen speziell in Südafrika. Ich rekrutierte einen Managing Director für mein Heimatland und übergab ihm einige der Kontakte. Der Erfolg liess dann nicht lange auf sich warten: Im ersten Quartal dieses Jahres konnten wir in Südafrika mehr Umsatz generieren als 2018 im kompletten Jahr.
CW: Wurden Sie für die Abschlüsse eingeflogen oder hat der neue Landeschef alle Verträge unterzeichnet?
Roos: Er hat bisher alle Deals selbst abgeschlossen. Ich hatte mir immer gewünscht, dass er mich anruft und meine Unterstützung anfordert, aber er kam hervorragend ohne mich zurecht. Leider! [lacht]
CW: Gibt es Besonderheiten eines Unternehmens mit skandinavischen Wurzeln wie IFS?
Roos: Ähnlich wie der skandinavische Managementstil hält sich IFS nicht an formale Hierarchien. Mein Führungsteam und ich ermutigen jeden unserer Mitarbeiter, neue Ideen zu liefern. In der Vergangenheit sind einige unserer besten Innovationen auf diese Weise entstanden. Mein Managementansatz ist dem der Skandinavier sehr ähnlich, da ich eine Politik der offenen Tür verfolge. Ich wende mich aktiv an Mitarbeiter aller Hierarchiestufen, weil ich ihre Ideen persönlich hören möchte. Es ist zeitaufwendig, ich sehe es aber als wichtigen Teil meiner Arbeit an.