«Komplexität ist der Feind»
Credit Suisse und die Cloud
CW: Wie nehmen Sie Ihren Kollegen die Angst vor dem Job-Verlust durch die Cloud?
Crameri: Das ist nicht erforderlich, denn unser Cloud- Approach betrifft in erster Linie die Art und Weise, wie wir Software entwickeln. Wir haben uns verabschiedet vom früheren Grundsatz, dass eine Grossbank alles intern programmieren muss. Bei neuen Anforderungen prüfen wir zunächst, was der Markt anbietet – seien es Tools, die wir integrieren können, oder Software as a Service.
CW: Ist die Public Cloud als Betriebsmodell denn überhaupt interessant für Credit Suisse?
Crameri: Prinzipiell natürlich schon. Die Public Cloud bietet dann Vorteile, wenn Ressourcen erforderlich sind, die sich inhouse nur mühsam aufbauen oder teuer unterhalten lassen. Beste Beispiele sind Analytics und Machine Learning: Es ist nicht sinnvoll, dass jedes Unternehmen selbst Systeme für diese Anwendungen installiert. Dafür eignen sich Services aus der Public Cloud hervorragend. Entsprechend ist die Public Cloud auch ein Bestandteil der IT-Strategie von Credit Suisse. Dabei geht es weniger um das Einsparen von Hosting-Kosten als vielmehr das Nutzen neuer Services – für Business und wie erwähnt Entwicklung.
CW: Welche Rolle spielt im Zusammenhang mit der Public Cloud der Datenstandort Schweiz für Credit Suisse?
Crameri: Das ist ein zentrales Kriterium! Deshalb arbeiten wir in diesem Bereich mit Microsoft, die ihre Cloud-Infrastruktur in die Schweiz bringen.
CW: Trotz der globalen Aktivitäten der Credit Suisse war der Datenstandort Schweiz entscheidend?
Crameri: Genau. Wir haben für die Schweizer Einheit einen Anbieter ausgewählt, der sowohl ein globales Offering hat als auch in der Schweiz zugegen ist – auch mit den Fail- over-Systemen. Andere Anbieter sind trotz einer starken globalen Präsenz schon in der ersten Runde ausgeschieden, weil ihnen die lokalen Ressourcen in der Schweiz fehlten.
CW: Wie ist die IT-Organisation der Credit Suisse in der Schweiz aufgestellt?
Crameri: Die Abteilung ist auf dem obersten Level derzeit konventionell entlang der Business-Domänen aufgestellt: Eine Einheit kümmert sich um Channels, eine zweite um Back-Office-Applikationen, eine dritte um Produkte, eine vierte um Daten und so weiter. Daneben gibt es eine Architektureinheit sowie einen COO-Bereich. Unterhalb der höchsten Führungsebene wird aber schon in Squads agil gearbeitet. Entsprechend ist auch die Organisation nicht starr getrennt, sondern besteht aus gemischten Teams aus IT und Business.
CW: Wie führen Sie persönlich Ihre Leute? Bei Tausenden Personen dürfte es eine Herausforderung sein …
Crameri: Auch wenn mein Team in den vergangenen Jahren immer weiter gewachsen ist, weil ich die Verantwortung für zusätzliche Bereiche übernommen habe, war es stets mein Anliegen, so nahe wie möglich bei den Leuten zu sein. Dabei geht es mir vor allem darum zu signalisieren, dass ich ein offenes Ohr habe für alle Mitarbeitenden. Gleichzeitig ermutige ich sie auch, Aufgaben selbstständig zu erledigen, was viel mit Vertrauen zu tun hat. Entsprechend kenne ich den Grossteil der Mitarbeitenden persönlich. Wie erwähnt verbringe ich ein Drittel meiner Arbeitszeit mit den Angestellten – sei es in Projekt- Meetings, sei es in Breakfast Sessions oder in Townhalls. Bei einigen Mitarbeitenden bin ich selbst als Coach aktiv, was eine spannende Aufgabe ist. Für mich ist es einerseits wichtig, dass ich meine Mitarbeitenden kenne, sie mich andererseits aber auch einschätzen können: Wie ticke ich, was ist meine Strategie, stehe ich zu meinen Aussagen.