Exklusiv 08.07.2010, 14:49 Uhr

Hat der Mainframe eine Zukunft?

Erlebt der Mainframe eine Renaissance, oder stirbt er aus wie dereinst die Dinosaurier? Banken, Versicherungen, Kreditinstitute und Krankenhäuser setzen nach wie vor stark auf die grossen Eisen. Das aktuelle Interview.
Was ist eigentlich dran an der in letzter Zeit so viel beschworenen "Renaissance des Mainframe"? Branchen, in denen hohe Verfügbarkeit und Belastbarkeit eine extrem wichtige Rolle spielen, setzen nach wie vor auf die grossen Eisen, andere sehen in ihnen eine aussterbende Hardware-Gattung. Computerworld sprach mit Bill Miller, Senior Vice President und President Mainframe Service Management bei BMC. CW: Herr Miller, ist der Mainframe nicht eine total veraltete Technologie?
Miller: Mainframes spielen nach wie vor eine grosse Rolle in unserem alltäglichen Leben, sei es nun beim Geldabheben am ATM oder beim Einkauf im Supermarkt. Nur arbeiten sie eher im Stillen und Verborgenen. Besonders Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Banken, aber zunehmend auch Hospitäler schätzen die hohe Verfügbarkeit und Belastbarkeit. Wohin zielt der Trend in Mainframe-Umgebungen?
MIPS-Reduktion und Kostensenkung haben zurzeit in den Unternehmen sehr hohe Priorität. 1 MIPS steht für eine Million Maschinenbefehle (Instruktionen) pro Sekunde. Dieser Indikator gibt also an, wie viele Maschinenbefehle ein Prozessor pro Sekunde ausführen kann und ist ein Gradmesser für die Prozessorkapazität, die Leistungsfähigkeit der CPU. Seit Jahren steigt die MIPS-Zahl an. Leistungsstärkere Prozessoren sind aber auch teurer.
Ja schon, aber es gibt einen Workaround. Je höher die MIPS-Zahl, desto höher fallen auch die Software-Lizenzkosten aus, das ist richtig. Unternehmen sind deshalb eher bemüht, die Auslastung ihrer Prozessoren zu verringern. Das ist aber nicht immer möglich. Der Trick: Sie lagern Workload auf einen Spezialprozessor aus, den IBM System z Integrated Information Processor (kurz: zIIP). Der Vorteil: Ein zIIP entlastet einerseits den Hauptprozessor und wird andererseits bei der Kalkulation der Maschinenleistung nicht mitgerechnet. Ein zIIP erhöht die Leistung, die Software-Lizenzkosten aber bleiben konstant. Wie viel Geld können Schweizer Unternehmen konkret mit zIIPs einsparen?
Bei einem zIIP liegen die Kosten zwischen 150 und 200 US-Dollar per MIPS. Ein Generalprozessor ist viel teurer und kostet zwischen 2254 und 3367 US-Dollar. Unser Kunde Fiduca hat 30 Prozent seiner BMC-MainView-Workload auf einen bereits existierenden zIIP-Prozessor ausgelagert. Die Total Cost of Ownership (TCO) hat sich dadurch enorm verringert. Aber im Vergleich mit verteilten IT-Umgebungen haben Mainframes die schlechteren Karten.
Mainframes können klar quantifizierbare Vorteile wie Workload-Verwaltung und Wirtschaftlichkeit für sich verbuchen. Unsere Kunden schätzen vor allem die hohe Skalierbarkeit, Sicherheit, und hohe Verfügbarkeit - auch in kritischen Situationen mit erhöhtem Transaktionsaufkommen wie beim Online-Banking. Grossrechner haben eine extrem hohe Fehlertoleranz und integrierte Backup- und Recovery-Funktionalitäten. Der vielleicht überzeugendste Vorteil: Studien legen nahe, dass bei einer Steigerung der Mainframe-Kapazität um 20 Prozent nur 4 Prozent mehr Kosten entstehen. Verteilte Umgebungen kosten über den Daumen gepeilt doppelt so viel, auch weil der Bedarf an qualifiziertem Personal höher ist. Die Zukunft des Mainframe sieht für Sie also recht rosig aus?
BMC hat im Geschäftsjahr 2009 mit Lösungen wie MainView und Middleware Management einen Umsatz von 1,9 Milliarden US-Dollar gemacht. Davon entfielen 766 Millionen auf das Mainframe-Geschäft. Das zeigt uns, dass der Mainframe in den Unternehmen nach wie vor eine wichtige Rolle spielt. Wir haben im letzten Jahr neue Kunden wie das US-amerikanische Logistikunternehmen J.B. Hunt hinzugewonnen. Im laufenden Jahr wird die First National Bank of Namibia hinzu kommen.



Das könnte Sie auch interessieren