Software spaltet Doppelkern

Software spaltet Doppelkern

Schlussendlich könnte die Entwicklung der Prozessorenhardware sogar zur Folge haben, dass sich die IT-Industrie generell davon verabschieden muss, physisch vorhandene CPU zu zählen. Statt dessen wäre etwa ein Preismodell vorstellbar, das die Lizenzhöhe davon abhängig macht, wie eine bestimmte Applikation auf einem Chip parallel abgearbeitet wird. Ein solcher Kompromiss könnte einerseits den Softwareanbietern einen höheren Erlös gewähren, andererseits würde er die Kostenersparnis aus der Virtualisierung nicht ganz zunichte machen. Einige Brancheninsider halten es gar für plausibel, dass die gesamte Softwareindustrie auf ein Open-Source-Preismodell umschwenken muss. Gewinne müssten dann ausschliesslich aus Wartungs- und Supportdienstleistungen erzielt werden.
Sicher scheint momentan jedenfalls eins: Dass das bisherige bequeme und simple Modell der Softwarelizenzierung pro CPU für die heutige IT-Welt der Virtualisierung und Multicores nicht mehr taugt.

Interview

"Dual-Core wird noch viel zu Reden geben"

Marty Seyer ist General Manager für Mikroprozessoren bei AMD, dem ewig rivalisierenden Chip-David gegen Goliath Intel. Seyer ist verantwortlich für Plattformen, Infrastrukturentwicklung, Programmmanagement und Marketing von AMDs Computation Products Group.
IDG:Herr Seyer, in den letzten Jahrzehnten waren Taktraten und Gigahertz die Messgrössen für schnellere und bessere Computer. AMDs Dual-Core-Chips mit 64 Bit haben tiefere Taktraten, und doch behaupten Sie, sie lieferten bessere Performance denn je.
Marty Seyer:Taktraten sind simpel zu vergleichen, aber wir haben diese Grössen noch nie als Benchmarks verwendet. Als Intel allmählich die Puste bei den Taktraten ausging, hat sie einfach den Cache erhöht. Urplötzlich sollte dann die Taktrate nebensächlich sein. Machen Sie sich selbst einen Reim darauf. Wir haben schon immer gesagt: Nicht allein auf die Taktrate der CPU kommt es an, sondern auf die gesamte Systemleistung.
Wie wird die Software für Dual-Core-Prozessoren lizenziert werden?
Die Hersteller debattieren über Preismodelle pro Kern oder pro Prozessor. Einen Konsens finden sie offenbar nicht. Manche Anwendungen laufen auf Dual-Core schneller, andere bei höheren Taktraten. Wir haben mit vielen Softwareherstellern gesprochen. Unsere Argumentation: Nur aufgrund einer höheren Taktrate hat in der Vergangenheit niemand seine Lizenzpreise hochgesetzt. Warum also sollte man bei zwei Kernen, dank denen die Performance ebenfalls steigt, dies tun? Allen voran Microsoft ist unserer Argumentation gefolgt: Sie wird Doppelkerne nicht doppelt verrechnen. Dadurch steigt der Druck auf andere Anbieter, sich diesem Modell anzuschliessen. Dabei ist das Thema noch weitreichender: Auf zwei Kerne werden Multikerne folgen, Virtualisierung ist ein Thema. Höchste Zeit also für die Softwarebranche aufzuwachen.
Also bewegen sich die meisten derzeit in einer Grauzone?
Es kommt auf die Anwendung an. Stellen Sie sich eine kleine Anbieterin vor, deren Überleben von ihren Lizenzumsätzen abhängig ist. So jemandem können wir nicht verbieten, dass sie Doppelkerne teurer verrechnet. Jedenfalls wird das Thema den Softwareanbietern in den nächsten drei Jahren noch viel zu diskutieren geben, das können Sie mir glauben.



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