SharePoint, Notes, BMC 24.04.2015, 00:05 Uhr

ServiceNow will alles ablösen

Der Cloud-Anbieter ServiceNow lanciert an seiner Hausmesse neue Tools für das Service Management. Neben BMC könnten neu Notes und SharePoint zum Wettbewerb werden.
ServiceNow-CEO Frank Slootman lädt Partner ein, eigene Apps zu lancieren
Wenn ein Mitarbeiter des Cern ein Problem mit seinem Computer hat, konsultiert er ein Selbsthilfe-Portal im Intranet. Genau so verfährt ein Kollege, der eine Ameisenstrasse durch sein Büro entfernt haben möchte. Entdeckt eine Wache im Zaun um das rund zwei Quadratkilometer grosse Cern-Gelände ein Loch, wird der Reparaturtrupp ebenfalls via dem Online-Portal angefordert. Das Portal basiert auf der ServiceNow-Plattform, wie Reinoud Martens vom Cern der Computerworld sagte. Der Group Leader Service Management und seine Kollegen präsentierten an der ServiceNow-Hausmesse «Knowledge15» in Las Vegas, wie sich die Technologie auch jenseits der Informatik für administrative Prozesse nutzen lässt. Das Genfer Forschungszentrum setzt seit 2010 auf ServiceNow und hat heute circa 500 teils abteilungsspezifische Arbeitsabläufe in dem Portal abgebildet. In einem einheitlichen Katalog von rund 300 Services können alle Angestellten des Cern selbständig Dienste buchen, Problemlösungen finden und Support anfordern.

IT-Workflows fürs Geschäft

An den Punkt, an dem das Cern heute schon angelangt ist, wünscht sich ServiceNow-CEO Frank Slootman auch seine anderen Kunden. Wie er an der Konferenz vor rund 9000 Gästen sagte, lässt sich die hauseigene Plattform auch für administrative und Geschäftsprozesse nutzen, um Automatismen einzuführen und Abläufe effizienter zu gestalten. Zumindest in den IT-Abteilungen funktioniert die Technik: Die Analysten von Forrester, Gartner und IDC bezeichnen ServiceNow in der Disziplin «IT Service Management Tools» seit einigen Jahren als Marktführer. Die Zertifizierungsorganisation Pink Elephant attestiert dem Unternehmen die Reife in ITIL-Prozessen. Nun will ServiceNow raus aus den IT-Abteilungen. Nächste Seite: App Store fürs Business So können Kunden des US-Anbieters schon heute ein Modul für Personalabteilungen kaufen. In der App sind typische Abläufe etwa für das Onboarding neuer Mitarbeiter, das Ausfertigen von Zwischenzeugnissen oder den Austritt von Angestellten hinterlegt. Die HR ist aber nur der Anfang, wie CEO Slootman an der Konferenz ankündigte. In Kürze werden Module für die Abteilungen Finanzen, Marketing und Recht lanciert werden. Auch in diesen Apps sollen allgemeingültige Prozesse aus Unternehmensparten vordefiniert sein, die den Fachbereichsangestellten die Routinetätigkeiten erleichtern.

App Store fürs Business

Weiter will ServiceNow seine Plattform für Drittanbieter öffnen: Dafür kündigte der CEO einen App Store an, in dem Software-Hersteller selbst Anwendungen für Business-Prozesse feilbieten können. Der Marktplatz startet mit 81 Apps von ServiceNow-Partnern, die Funktionen wie Gebäudeverwaltung, Personalwesen und Sicherheit bieten. Slootman war sich sicher, mit dem App Store ein lukratives Geschäft zu erschliessen: Er zitierte eine Analysten-Studie, nach der das Marktpotenzial bei 25 Milliarden US-Dollar liegt. Davon sollen auf das Kerngeschäft mit IT Service Management rund 6 Milliarden entfallen. Diesen Bereich beansprucht ServiceNow exklusiv für sich. Weitere 3 Milliarden liessen sich mit Gebäude- und Aussendienst-Services umsetzen, der grosse Rest von 16 Milliarden könne ausschliesslich von Partnern bearbeitet werden. Dabei ist die Umsatzbeteiligung an die Modelle von Apple & Co. angelehnt: 20 Prozent behält ServiceNow, 5 Prozent entfallen auf Gebühren und Steuern, 75 Prozent sind Erlös für den Anbieter.

Entwicklung für Endanwender

Parallel zum App Store lanciert ServiceNow ein Entwicklerprogramm und eine Entwicklungs-Umgebung für Apps. Beides ist kostenfrei, womit der Anbieter natürlich zur Teilnahme locken will. Für Tests soll auch die Laufzeit auf der ServiceNow-Plattform gratis sein. Erst nach der Freigabe der App beginnt der Kostenzähler zu ticken. Die Einstiegshürde verringert hat Fred Luddy auch beim neu entwickelten «Service Portal». Die Standard-Oberfläche für ServiceNow könne von den Administratoren ohne Programmieraufwand individuell konfiguriert werden, sagte der Chief Product Officer an der «Knowledge15». Dafür stellen Luddy und sein Team allen Kunden neu ein Designer-Werkzeug bereit, das Modifikationen an Aufmachung und Funktionalität per Drag&Drop erlaubt. Nächste Seite: Chat mit dem Administrator Den Standard-Lieferumfang von ServiceNow will Luddy mit dem nächsten grossen Update um diverse Funktionen erweitern. Dann bringt die Plattform neben einer Knowledge-Datenbank und dem Service Katalog auch Collaboration Features mit. Der Endanwender wird mit dem Administrator künftig im Chat (ServiceNow Connect) ein Problem mit dem IT-System diskutieren oder den Lieferstatus seiner iPhone-Bestellung abfragen können. Präsenzinformationen wie in Lync (neu: Skype for Business) signalisieren die Gesprächsbereitschaft, über GPS lässt sich der Standort eines Mitarbeiters ermitteln, wenn ihm beispielsweise sein Laptop gestohlen wurde. Apropos Mobile: Mitarbeiter müssen in Zukunft nicht mehr zwingend im Büro sitzen, wenn sie der IT-Abteilung ein Problem berichten wollen. Luddy kündigte eine native iPhone-App an, die eine reduzierte Funktionalität des «Service Portals» mitbringt. Die Anwendung hat für die Problemdokumentation unterwegs Zugriff auf GPS und Kamera des Smartphones. Für das Auslösen eines Service-Tickets oder Genehmigungen von Aufträgen wird auch der Fingerabdruck-Sensor zur Authentifizierung unterstützt. Zudem ist eine Kopplung mit der Apple Watch vorgesehen, die einfache Interaktion mit dem System erlaubt, sagte der Cheftechniker.

Rivalen und menschliche Widerstände

Der Funktionsumfang von ServiceNow wächst, die Opportunitäten für Entwickler ebenfalls. Angesichts der Zukunftspläne sieht CEO Slootman sein Unternehmen auch nicht mehr als reinen Anbieter von IT Service Management. «Heute lösen wir am häufigsten Tools von BMC, HP und Eigenentwicklungen ab», sagte er Computerworld. «Aber auch Legacy-Systeme wie SharePoint und insbesondere Notes werden durch ServiceNow ersetzt.» Neu seien auch Plattformen wie Force.com von Salesforce die Wettbewerber. Während ServiceNow die Komplexität erhöht, warnt Cern-Mann Martens davor, vor lauter neuen Möglichkeiten die Menschen nicht zu vergessen, die mit den Tools arbeiten sollen. Für das Cern-Projekt gab es drei Zielgruppen: die User, die Support-Mitarbeiter und das Management. «Endanwender profitieren durch besseren Service, das Management profitiert durch mehr Transparenz. Der Support aber erlebt die neu kurzen Wege zum User und die Transparenz seiner Arbeit für das Management allenfalls als Bedrohung», erklärte Martens. Die menschliche Dimension eines Change-Projekts könne nicht zu hoch bewertet werden.



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