06.04.2006, 12:55 Uhr
«Wir sind die Planungszentrale der Hersteller»
Die lettische Elko ist die wichtigste PC-Distributorin Osteuropas. Wie sie das schafft und warum es sie trotzdem in Konvergenzmärkte drängt, sagt Elko-CEO Jens Hartmann im Interview.
Elko Group aus Lettland ist eine der wichtigsten Grosshändlerinnen für Computerhardware und -peripherie in Osteuropa. Sie erlebt eine ununterbrochen starke Nachfrage nach ihren Produkten, angekurbelt durch das rasante Wirtschaftswachstum in den neun Ländern, in denen sie tätig ist. Im Jahr 2005 wuchs Elkos Umsatz um sagenhafte 41 Prozent auf umgerechnet rund 800 Millionen Franken, Bis 2008 soll diese Ziffer auf 1,3 Milliarden Franken hochschnellen. Gleichzeitig verlagert Elko ihr Sortiment auf fixfertig ausgelieferte Produkte mit höherem Margenpotenzial, wie zum Beispiel Notebooks mit integriertem Funkanschluss. Dafür wird der Handel mit Komponenten wie Prozessoren und Festplatten schrumpfen, wo die Nachfrage sinkt.
Elko wurde 1992 von vier lettischen Unternehmern gegründet und begann kurz danach die Expansion ins umliegende Ausland. Elko Group fungiert mittlerweile als Holding ihrer neun Töchter in Estland, Kroatien, Litauen, Rumänien, Russland, der Slovakei, Slowenien, der Ukraine und natürlich Lettland selbst. Das Unternehmen verkauft unter anderem Chips von Intel, Festplatten von Seagate und Western Digital sowie Notebooks von Acer und Fujitsu-Siemens. Seit vergangenem Jahr sind die beiden schwedischen Investmentgesellschaften Amber Trust und East Capital am Aktienkapital mit 25,5 Prozent beteiligt. Geleitet wird die erfolgreiche Distirbutorin von Jens Hartmann. Im Gespräch mit Computerworld erklärt er, wie er unter Berücksichtigung der regionalen Gegebenheiten erfolgreich mit Hardware handelt.
Computerworld: Herr Hartmann, Elko ist in letzter Zeit rasant gewachsen und ist heute der umsatzstärkste Konzern Lettlands. Wie haben Sie das erreicht?
Jens Hartmann: Grundsätzlich wachsen die osteuropäischen Märkte wesentlich stärker als die Westeuropas, also sind sie für uns als Distributoren auch erheblich interessanter. Wir bekommen auch entsprechende Unterstützung von den Herstellern. Solche Zuwachsraten wie hier sind in Deutschland oder auch der Schweiz schlicht nicht möglich. Des weiteren haben wir in den letzten zwei Jahren unsere Produktpalette optimiert: Wir forcieren mobile Rechner und reduzieren das Komponentengeschäft. Der Verkauf von Notebooks erlebt hier einen Boom. Schliesslich haben wir in den letzten Jahren viel in unsere eigene IT investiert, in Warenlager, und in die Ausbildung der Mitarbeiter und des Managements.
Jens Hartmann: Grundsätzlich wachsen die osteuropäischen Märkte wesentlich stärker als die Westeuropas, also sind sie für uns als Distributoren auch erheblich interessanter. Wir bekommen auch entsprechende Unterstützung von den Herstellern. Solche Zuwachsraten wie hier sind in Deutschland oder auch der Schweiz schlicht nicht möglich. Des weiteren haben wir in den letzten zwei Jahren unsere Produktpalette optimiert: Wir forcieren mobile Rechner und reduzieren das Komponentengeschäft. Der Verkauf von Notebooks erlebt hier einen Boom. Schliesslich haben wir in den letzten Jahren viel in unsere eigene IT investiert, in Warenlager, und in die Ausbildung der Mitarbeiter und des Managements.
Computerworld: In der Distribution sind die Margen tief, die Konkurrenz hoch. Sie verschieben quasi nur Waren, ohne irgendwelchen zusätzlichen Wert. Wenn also jemand aus Kroatien zweitausend Notebooks bestellt, wo zwacken Sie Gewinn für sich ab?
Jens Hartmann: Oh, ich wäre glücklich, wenn jemand zweitausend Stück auf einmal bestellen würde. In Wirklichkeit sind es eher zweitausend Einzelbestellungen für einen Wiederverkäufer. Hier liegt unsere Stärke: Wir können dem Channel diesen einen Computer liefern und haben trotzdem noch Kaufkraft beim Hersteller. Wir kombinieren quasi die Nachfrage aus Kroatien und von überall.
Jens Hartmann: Oh, ich wäre glücklich, wenn jemand zweitausend Stück auf einmal bestellen würde. In Wirklichkeit sind es eher zweitausend Einzelbestellungen für einen Wiederverkäufer. Hier liegt unsere Stärke: Wir können dem Channel diesen einen Computer liefern und haben trotzdem noch Kaufkraft beim Hersteller. Wir kombinieren quasi die Nachfrage aus Kroatien und von überall.
Computerworld: Wie funktioniert Ihre Lieferlogistik?
Jens Hartmann: Abhängig vom Hersteller bestellen wir mit sechs bis zwölf Wochen Lieferzeit. Das ist unser Warenbestand, wenn Sie so wollen. Die Auslieferung erfolgt im Wochenturnus an unser Warenlager in Amsterdam. Von dort beliefern wir, ebenso wöchentlich, die verschiedenen Länder. Wir bereiten den länderspezifischen Produktemix aus Notebooks, Festplatten, Digicams... Wir arbeiten auf J.D.Edwards, nutzen das System auch zur Planung. Die einzelnen Länder erhalten die Produkte just-in-time.
Jens Hartmann: Abhängig vom Hersteller bestellen wir mit sechs bis zwölf Wochen Lieferzeit. Das ist unser Warenbestand, wenn Sie so wollen. Die Auslieferung erfolgt im Wochenturnus an unser Warenlager in Amsterdam. Von dort beliefern wir, ebenso wöchentlich, die verschiedenen Länder. Wir bereiten den länderspezifischen Produktemix aus Notebooks, Festplatten, Digicams... Wir arbeiten auf J.D.Edwards, nutzen das System auch zur Planung. Die einzelnen Länder erhalten die Produkte just-in-time.
Computerworld: Wie kommen Sie zu Ihren Verkaufsprognosen?
Jens Hartmann: Das ist eine Kombination aus Erfahrung, der Zusammenarbeit mit den Herstellern und den Verkaufsniederlassungen. Am wichtigsten aber sind die Mitarbeiter in Riga: Sie harmonisieren die lokalen Nachfragen aus den einzelnen Ländern mit den Bedürfnissen der Lieferanten und erstellen daraus die Verkaufsplanung. Diese Planungszentrale vor Ort in Lettland ist unsere wertvollste Dienstleistung für die Hersteller: eine einzige Koordinationsstelle für neun Länder, das erspart den Lieferanten selbst viel Aufwand. Von uns kommt eine Bestellung, eine Rechnung, eine Zahlung, dazu ein Report jede Woche - so wissen sie jederzeit über ihre Lagerbestände in den einzelnen Ländern Bescheid. Mit anderen Worten, physisch sitzt die Logistik in Amsterdam, aber das Gehirn, die Verwaltung hier in Riga. Fertigungssynchrone Lieferung ist in diesem Geschäft extrem wichtig, weil es sich die meisten Assembler, wenn sie Systeme zusammenstellen, nicht leisten können, dass einzelne Elemente - wie Server oder Festplatten - vorübergehend ohne Verwendung herumliegen. Dasselbe gilt für Reseller, die PC aus Komponenten zusammensetzen. In jedem Land haben wir einen gewissen Lagervorrat der allerwichtigsten Komponenten, der etwa drei Wochen ausreicht, so dass wir gewisse Ausfälle in der Lieferkette auffangen können. Damit sinkt zwar unsere Marge etwas, aber die Kosten, eine dringend benötigte Komponente zum Beispiel aus China kurzfristig einfliegen zu lassen, wären noch viel höher. Daher ist das der beste Kompromiss.
Jens Hartmann: Das ist eine Kombination aus Erfahrung, der Zusammenarbeit mit den Herstellern und den Verkaufsniederlassungen. Am wichtigsten aber sind die Mitarbeiter in Riga: Sie harmonisieren die lokalen Nachfragen aus den einzelnen Ländern mit den Bedürfnissen der Lieferanten und erstellen daraus die Verkaufsplanung. Diese Planungszentrale vor Ort in Lettland ist unsere wertvollste Dienstleistung für die Hersteller: eine einzige Koordinationsstelle für neun Länder, das erspart den Lieferanten selbst viel Aufwand. Von uns kommt eine Bestellung, eine Rechnung, eine Zahlung, dazu ein Report jede Woche - so wissen sie jederzeit über ihre Lagerbestände in den einzelnen Ländern Bescheid. Mit anderen Worten, physisch sitzt die Logistik in Amsterdam, aber das Gehirn, die Verwaltung hier in Riga. Fertigungssynchrone Lieferung ist in diesem Geschäft extrem wichtig, weil es sich die meisten Assembler, wenn sie Systeme zusammenstellen, nicht leisten können, dass einzelne Elemente - wie Server oder Festplatten - vorübergehend ohne Verwendung herumliegen. Dasselbe gilt für Reseller, die PC aus Komponenten zusammensetzen. In jedem Land haben wir einen gewissen Lagervorrat der allerwichtigsten Komponenten, der etwa drei Wochen ausreicht, so dass wir gewisse Ausfälle in der Lieferkette auffangen können. Damit sinkt zwar unsere Marge etwas, aber die Kosten, eine dringend benötigte Komponente zum Beispiel aus China kurzfristig einfliegen zu lassen, wären noch viel höher. Daher ist das der beste Kompromiss.
Computerworld: Erbringen Sie überhaupt Serviceleistungen?
Jens Hartmann: Das kommt auf den Hersteller an. Manche wollen unbedingt neu auf einen Regionalmarkt, zum Beispiel Lettland. Sie bereiten selbst die Produktofferten in der Landessprache vor und wählen ein Servicezentrum aus. In solchen Fällen liefern wir lediglich die Produkte aus. Andere steigen mit unserer Unterstützung in den Markt ein, das heisst wir übernehmen die sprachliche Lokalisierung, passen gegebenenfalls sogar Software und Tastaturen an. In manchen Ländern betreiben wir Help-Hotlines. Bei Komponenten, Festplatten und CPU kümmern wir uns zudem um sämtliche Warenrücksendungen. Die Händler bringen uns defekte Komponenten, den Rest erledigen wir. Ausserdem sammeln wir alle Rechnungsposten und bezahlen sie kollektiv über eine einzige Rechnungsstellung an den Hersteller. All das passiert von Riga aus, rund neunzig Mitarbeiter sind mit diesen Aufgaben beschäftigt.
Jens Hartmann: Das kommt auf den Hersteller an. Manche wollen unbedingt neu auf einen Regionalmarkt, zum Beispiel Lettland. Sie bereiten selbst die Produktofferten in der Landessprache vor und wählen ein Servicezentrum aus. In solchen Fällen liefern wir lediglich die Produkte aus. Andere steigen mit unserer Unterstützung in den Markt ein, das heisst wir übernehmen die sprachliche Lokalisierung, passen gegebenenfalls sogar Software und Tastaturen an. In manchen Ländern betreiben wir Help-Hotlines. Bei Komponenten, Festplatten und CPU kümmern wir uns zudem um sämtliche Warenrücksendungen. Die Händler bringen uns defekte Komponenten, den Rest erledigen wir. Ausserdem sammeln wir alle Rechnungsposten und bezahlen sie kollektiv über eine einzige Rechnungsstellung an den Hersteller. All das passiert von Riga aus, rund neunzig Mitarbeiter sind mit diesen Aufgaben beschäftigt.
Computerworld: Elkos Geschäftsmodell ist in Lettland einzig. Die Firma hat hier ihren Sitz, aber die meisten Aktivitäten passieren im Ausland...
Jens Hartmann: Kann sein, dass das für Lettland einzig ist, aber gewiss nicht für unsere Branche. Die Computerindustrie weltweit ist genau so organisiert: Die meisten Produkte lassen die Hersteller irgendwo fertigen, dann über Grosshändler an lokale Wiederverkäufer und kleinere Zwischenhändler weiter verkaufen, manchmal auch direkt an den Einzelhandel. Ingram Micro ist das grösste Unternehmen, das so arbeitet, und auf diese Weise Nordamerika, Asien und Westeuropa abdeckt. Die Nummer zwei, Tech Data, ist in denselben Regionen aktiv. In Osteuropa gibt es hingegen wenige solcher Anbieter - in erster Linie uns.
Jens Hartmann: Kann sein, dass das für Lettland einzig ist, aber gewiss nicht für unsere Branche. Die Computerindustrie weltweit ist genau so organisiert: Die meisten Produkte lassen die Hersteller irgendwo fertigen, dann über Grosshändler an lokale Wiederverkäufer und kleinere Zwischenhändler weiter verkaufen, manchmal auch direkt an den Einzelhandel. Ingram Micro ist das grösste Unternehmen, das so arbeitet, und auf diese Weise Nordamerika, Asien und Westeuropa abdeckt. Die Nummer zwei, Tech Data, ist in denselben Regionen aktiv. In Osteuropa gibt es hingegen wenige solcher Anbieter - in erster Linie uns.
Computerworld: Wird das rasante Wachstum in Osteuropa weiter anhalten?
Jens Hartmann: Die beiden wichtigsten Wachstumsmärkte sind weiterhin auf Expansionkurs, ja: das sind Mobilprodukte sowie all das, was die Amerikaner als «Digital Home» bezeichnen. Handys werden wir nicht ins Sortiment aufnehmen, weil uns dafür die Geschäftsverbindungen zu den Carriern fehlen, die die Telefonverkäuferketten haben. Ich glaube, dass in Zukunft viele Handys von mobilen Drahtlos-Gadgets abgelöst werden, die sich ins Internet einklinken können und Telefonie via Skype oder ähnlicher Systeme ermöglichen. Wenn ich selbst reise, benutze ich mein Notebook plus Skype öfter als mein Handy. Deshalb bin ich der Meinung, dass manche Segmente unserer Branche, die heute als Goldgruben gelten, bald von Ernüchterung und Reorganisation betroffen sein werden.
Jens Hartmann: Die beiden wichtigsten Wachstumsmärkte sind weiterhin auf Expansionkurs, ja: das sind Mobilprodukte sowie all das, was die Amerikaner als «Digital Home» bezeichnen. Handys werden wir nicht ins Sortiment aufnehmen, weil uns dafür die Geschäftsverbindungen zu den Carriern fehlen, die die Telefonverkäuferketten haben. Ich glaube, dass in Zukunft viele Handys von mobilen Drahtlos-Gadgets abgelöst werden, die sich ins Internet einklinken können und Telefonie via Skype oder ähnlicher Systeme ermöglichen. Wenn ich selbst reise, benutze ich mein Notebook plus Skype öfter als mein Handy. Deshalb bin ich der Meinung, dass manche Segmente unserer Branche, die heute als Goldgruben gelten, bald von Ernüchterung und Reorganisation betroffen sein werden.
Computerworld: Werden Sie also in die Unterhaltungselektronik einsteigen?
Jens Hartmann: Das sind wir bereits, mit Fernsehgeräten. Die alte Welt, das waren Video- und Audiosysteme, sie verschmilzt mit der neuen Welt der PC und Computer allgemein. Der I-Pod ist das beste Beispiel dafür. Die Frage ist nur: Wer von den Grosshändlern wird das Business mit der digitalen Unterhaltung dominieren - die Lieferanten von Stereoanlagen oder der PC-Zwischenhandel? Wir werden sehen, wer das Konvergenzgeschäft besser beherrscht. Wir werden von unseren Lieferanten und von den Konsumenten der digitalen Welten quasi dazu gezwungen, uns gegen die traditionellen Zwischenhändler von Unterhaltungselektronik zu positionieren. Andersherum gilt dasselbe. Der PC-Verkäufer und der Hifi-Laden werden entweder konkurrieren oder fusionieren. Auch, weil der End-User-Markt und der Verbrauchermarkt immer anspruchsvoller wird und der Preisdruck immer höher.
Jens Hartmann: Das sind wir bereits, mit Fernsehgeräten. Die alte Welt, das waren Video- und Audiosysteme, sie verschmilzt mit der neuen Welt der PC und Computer allgemein. Der I-Pod ist das beste Beispiel dafür. Die Frage ist nur: Wer von den Grosshändlern wird das Business mit der digitalen Unterhaltung dominieren - die Lieferanten von Stereoanlagen oder der PC-Zwischenhandel? Wir werden sehen, wer das Konvergenzgeschäft besser beherrscht. Wir werden von unseren Lieferanten und von den Konsumenten der digitalen Welten quasi dazu gezwungen, uns gegen die traditionellen Zwischenhändler von Unterhaltungselektronik zu positionieren. Andersherum gilt dasselbe. Der PC-Verkäufer und der Hifi-Laden werden entweder konkurrieren oder fusionieren. Auch, weil der End-User-Markt und der Verbrauchermarkt immer anspruchsvoller wird und der Preisdruck immer höher.
Catharina Bujnoch