03.12.2015, 14:07 Uhr

Warum die Billig-Flatrate in der Grundversorgung wohl nicht kommen wird

Das Bakom möchte, dass die künftige Telko-Grundversorgerin unlimitiertes Telefonieren ab 29 Franken im Monat anbietet. Wird der Vorschlag umgesetzt, dürfte das den Ruin für viele kleine Anbieter bedeuten.
Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) will, dass zur Telefon-Grundversorgung knftig eine Flatrate gehrt. Ab 2018 soll für 29.35 Franken (exkl. MwST) innerhalb der Schweiz unlimitiert auf Schweizer Netzte (Mobile und Festnetz) telefoniert werden können. Diese im Septemberin der ersten Version der revidierten Verordnung ber Fernmeldedienste (FDV-Revision) gestellte Forderung kam überraschend, sagte doch der Bundesrat erst kürzlich, dass die Grundversorgung gewinnorientiert bleiben muss. Heute verrechnet Swisscom für einen Festnetzanschluss ohne gratis Gesprächsminuten 25,35 Franken und Sunrise 25,00 Franken. Das bedeutet, dass entweder die Margen der Telkos bislang exorbitant hoch gewesen sind oder das Bakom zu einer anderen Auffassung bezüglich gewinnorientiert kam. Denn für nur vier Franken mehr im Monat Flatrates anzubieten, kann sich für die Grundversorgerin nicht lohnen. Deshalb wehrt sich Asut, der Schweizerische Verband der Telekommunikation. Sie sagen, dass eine Flatrate nicht sinnvoll sei. Stattdessen solle man am «bewährten minutentbasierten Abrechnungssystem» festhalten. Denn eine Flatrate decke eher die Bedürfnisse der Vieltelefonierer ab, wohingegen sich die Grundversorgung primär an den Basisbedürfnissen der Bevölkerung orientieren sollte. Mit einer Flatrate müssten Leute, die oft angerufen werden, gleich viel zahlen wie Vieltelefonierer, was weder fair noch verursachergerecht sei. Zudem würde die vorgeschlagene Flatrate unmittelbare Auswirkungen auf bestehende Marktangebote haben, weil es Anbieter gibt, die heute mehr verlangen als vom Bakom vorgeschlagen ? bei Cablecom kostet der Kabel-Grundpreis ab nächstem Jahr beispielsweise 33.95 Franken.

Falsche Preisannahme

Die Ursache für den Vorschlag ortet Asut in einem Berechnungsfehler. Das Bakom hätte für die Festlegung den kostenorientierten Preis für die Bereitstellung der vollständig entbündelten Teilnehmeranschlussleitung mit 13,30 Franken veranschlagt. Und somit die heutige Obergrenze faktisch halbiert. Für Asut ist offensichtlich, dass keine Anbieterin ihren Endkunden zu einem Preis von 13,30 Franken einen funktionstüchtigen multifunktionalen Festnetzanschluss zur Verfügung stellen und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich sein kann.
! KASTEN !
Tatsächlich hat das Bakom hat für die Berechnung das «Handbuch Preise» der bisherigen Grundversorgerin Swisscom herbeigezogen. Darin beträgt der Preis für einen multifunktionalen Anschluss 13,30 Franken. Dann hat die Behörde den Monatspreis eines aktuellen Swisscom-Angebot s(Vivo) dazugerechnet, abzüglich der Kosten eines Festnetzanschlusses. Herausgekommen sind 27,20 Franken exklusive Mehrwertsteuer. Was das Bakom vergessen hat: Variable Kosten, beispielsweise fürs Marketing einzubeziehen. Asut liegt mit ihrer Einschätzung deshalb richtig, das Bakom hat sich verkalkuliert. Würden die jetzigen Vorschläge umgesetzt, würde sich die Marktsituation zu stark verändern. Diverse Anbieter bieten ähnliche Flatrate-Angebote, allerdings für deutlich mehr Geld. Die Firma Freefon beispielsweise für 34,00 Franken. Sie wäre nicht mehr wettbewerbsfähig.

Nur ein Test

Auf Nachfrage sagt das Bakom, dass man mit entsprechenden Reaktionen gerechnet hätte. Die jetzige Version sei nur ein Vorschlag. Man habe so gerechnet, wie das die Richtlinien erlauben, im Wissen, dass die finale Fassung wohl anders aussehen würde. Man habe aber lieber so viele Vorschläge wie möglich in der Vorlage gemacht, damit die Interessensgruppen Möglichkeit hätten, ihre Sicht darzulegen. Der Markt habe sich seit der letzten Grundversorgungsausschreibung derart verändert, dass im Vornherein schwierig zu beurteilen gewesen sei, was die verschiedenen Akteure wollen. Die Antworten des Bakom lassen aber auch erahnen, dass man die Flatrate für eine gute Idee hält. Man müsse berücksichtigen, dass mit der IP-Telefonie in Zukunft keine Minuntenabrechnung mehr möglich sein könnte. Auch sei es Absicht gewesen, beim vorgeschlagenen Preis keine Marketingkosten einzuberechnen. Das könne nicht beachtet werden, wenn es um die Grundversorgung geht. Das Bakom wird die Einsprachen prüfen und eine abgeänderte Version der FDV-Revision dem Bundesrat vorlegen, der bis im Sommer 2016 über die finale Fassung entscheidet. Anschliessend wird die Grundversorgung neu ausgeschrieben, wobei alles andere als ein erneuter Zuschlag für Swisscom einer Sensation gleichkommen würde.



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