Transformation von analog nach digital

Vorreiter des digitalen Business

Nicht alle Branchen setzen gleichermassen auf digitale Ser­vices und Einnahmequellen: «Eine Vorreiterfunktion bei der Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen übernimmt die global aufgestellte Automobilindustrie», konstatiert Oliver Koeth, Chief Technology Officer von NTT Data Deutschland. «Ein weiteres Beispiel ist die Versicherungsbranche. Wie unsere Studie zur Digitalisierung in der Branche zeigt, haben viele Versicherungsunternehmen aber noch keine Organisationseinheiten geschaffen, die sich gezielt mit der Digitalisierung beschäftigen.»
In aller Welt machen Unternehmen laufend mehr Umsatz mit digitalen Produkten und Dienstleistungen
Quelle: Computerworld
Am Beispiel des Automobilsektors lässt sich besonders gut nachvollziehen, wie die Digitalisierung Umsatz- und Gewinnmodelle verändert. «Das Produkt Auto steht nicht länger im Fokus, schon gar nicht als Statussymbol. Es geht vielmehr um die Entwicklung neuer Mobilitätsangebote», erläutert Köth. Solche Services sind etwa Carsharing-Modelle, zudem multimodale Mobilitäts-Ökosysteme, die unterschiedliche Fahrzeuge vom E-Roller bis zum Flugzeug anbieten.
«Eines der jüngsten Beispiele ist das Mobilitäts-Joint-Venture von BMW und Daimler», berichtet Koeth. Schon heute lasse sich beobachten, dass sich im Automotive-Ökosystem neue Wertschöpfungsketten, Allianzen und vernetzte Geschäftsmodelle bilden. «Jetzt kommt es für alle Beteiligten darauf an, sich hier zu positionieren und mit den richtigen Partnern zu vernetzen.»
“Schon heute lässt sich beobachten, dass sich im Automotive-Ökosystem neue Wertschöpfungsketten, Allianzen und vernetzte Geschäftsmodelle bilden„
Oliver Koeth, CTO bei NTT Data Deutschland
Im Versicherungsbereich wiederum etablieren sich digitale Services wie Mikro-Versicherungen und -Kredite sowie Ansätze wie Insurance on Demand. Dabei schliessen Kunden per App mit dem Anbieter einen Vertrag, um kurzfristig ein Smartphone oder ein teures E-Bike vor Schäden oder Diebstahl zu schützen. Häufig werden die versicherten Gegenstände fotografiert und die Bilder per App zum Versicherungsunternehmen übermittelt. Das heisst, statt eines langfristigen Vertrages schliessen Kunden eine Versicherung mit begrenzter Laufzeit ab, die sich zudem auf einen bestimmten Anwendungsfall beschränkt.

Reifen as a Service

Welche digitalen Geschäftsmodelle im Rahmen der vernetzten Fertigung entstehen können, zeigt die Initiative Plattform Industrie 4.0 im Ergebnispapier «Digitale Geschäftsmodelle für die Indus­trie 4.0» auf.
Als ein Beispiel wird darin das Szenario «Tire as a Service» für Logistikunternehmen und Betreiber von Fahrzeugflotten beschrieben: Ein Reifenhersteller verkauft Reifen an einen Service-Provider. Dieser überträgt die Nutzungsrechte an die Betreiber von Fuhrparks. Der Provider baut dazu ein Reifenmanagement auf, das die Nutzer (Kunden) und den Lieferanten (Reifenhersteller) einbezieht. Der Service-Provider übernimmt somit Aufgaben wie Bestellung, Montage und Zustandsüberwachung der Reifen. Um die Werkstattleistungen auszuführen, greift er auf ein Wartungsnetzwerk zurück. Ob ein Reifensatz ausgetauscht werden muss, ermittelt der Service-Anbieter mit Hilfe einer IoT-Plattform. Damit lässt sich der Zustand der Reifen aus der Ferne überprüfen. Die IoT-Daten werden in der Cloud analysiert und für die Rechnungsstellung sowie die Koordination der Service-Leistungen verwendet.

IoT als Türöffner

Eine ganze Reihe vergleichbarer Ansätze und damit neuartiger Wertschöpfungsketten ist im produzierenden Gewerbe zu beobachten. Statt Reifen könnte ein Service-Provider Werkzeugmaschinen ordern und sie zur Nutzung einem Industrieunternehmen überlassen. Abgerechnet wird beispielsweise nach dem Pay-per-Use-Modell, etwa auf Basis der Betriebsstunden. Wie lange eine Maschine genutzt wird, ermittelt eine IoT-Plattform. Über sie lassen sich weitere Services bereitstellen, etwa im Bereich Predictive Maintenance (proaktive Wartung).
“Geschäftsmodelle kommen heute meist als Hybride vor: Produkte werden durch Services ergänzt„
Oliver Fuhrmann, Head of Business Development bei Trevisto
In Deutschland sind immerhin 44 Prozent der Firmen der Auffassung, dass sie mit Hilfe des IoT neue Geschäftschancen erschliessen können. Das ergab eine Umfrage von Avanade, einem Anbieter von digitalen Services und Cloud-Lösungen. Ernüchternd ist dagegen, dass nur 21 Prozent der Unternehmen das Internet der Dinge als Option betrachten, Services wie Predictive Maintenance anzubieten. In den USA sind es 30 Prozent der Unternehmen, in Grossbritannien sogar 39 Prozent. Als Hindernisse führen die Firmen den Mangel an IoT-Fachkräften und das Fehlen passender Daten an.



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