Computerworld vor 30 Jahren
11.06.2021, 13:20 Uhr
11.06.2021, 13:20 Uhr
Der Tourismus- Server «Swissline»
Die Schweizer Tourismusbranche schickte sich 1991 an, Online-Buchungen im Stile des World Wide Web vorwegzunehmen. Die Plattform «Swissline» scheiterte aber nicht nur am Geld, berichtete Computerworld.
Mit dem Tourismussystem «Swissline» wäre die Schweiz global Vorreiter gewesen
(Quelle: Computerworld)
Prospekte, Reisebürokataloge und Zeitungsinserate waren 1991 die meistgenutzten Werbeträger für den Tourismus in der Schweiz. Von den rund 4000 Hotels war gerade mal ein Prozent an elektronische Reservations- und Buchungssysteme angeschlossen. Nur Fünf-Sterne-Häuser konnten sich die teure Datenleitung leisten, sodass die Online-Reservation wohlhabenden Gästen vorbehalten war. Alle anderen Unterkünfte mussten postalisch oder per Telefon gebucht werden.
Die Situation für Touristen in der Schweiz war allerdings nicht schlechter als an anderen Destinationen. Global waren «nur» ca. 20'000 Hotels über elektronische Buchungssysteme erreichbar. Zum Vergleich: Die Plattform Booking.com listet heute über 2,8 Millionen Unterkünfte, von denen es die Mehrzahl auch vor 30 Jahren schon gegeben haben dürfte. Allerdings war das Web 1991 gerade erst erfunden und die Vorläufer-Webseite Booking.nl sollte erst fünf Jahre später in Amsterdam registriert werden.
Zürcher Hot-Tel für kleine Hotels
Über Gateway-Rechner wollte 1991 die Zürcher Firma Hot-Tel auch kleinen und mittelgrossen Hotels den Zugang zu globalen Reservationssystemen ermöglichen. Dafür konnten Schweizer Hoteliers einen Eintrag in einer Datenbank kaufen. Wenn die Reservationszentrale in Zürich von einem Terminal irgendwo auf der Welt eine Buchung erhielt, wurde diese zwar von der Software automatisch verarbeitet, allerdings letztendlich doch traditionell über Telex oder Telefax an das Hotel weitergeleitet.
Neben dem finanziellen Aufwand von jährlich 2000 Franken wurde den Hoteliers auch die Datenpflege aufgebürdet. Ohne den vollständig ausgefüllten Fragebogen mit 800 Fakten blieb ihnen der elektronische Buchungskomfort verwehrt. Auf die in einer verteilten Oracle-Datenbank der Hot-Tel gespeicherten Daten erhielten weltweit Tausende von Verkaufsstellen Zugriff. Hot-Tel-Präsident Daniel Cserepy erhoffte, innerhalb eines Jahres «50 der fast 4000 Schweizer Hotels» als Kunden gewinnen zu können. Das Geschäftsmodell sollte nicht lange Bestand haben. Die Firma Hot-Tel wurde schon 1993 wieder aus dem Handelsregister gelöscht. Die Konkurrenz war geweckt.