07.11.2007, 09:31 Uhr
Ist die Mailbox der Angestellten unantastbar?
Wann darf ich auf die Mailbox eines Mitarbeiters zugreifen - etwa im Krankheitsfall? Und was ist dabei aus rechtlicher Sicht zu beachten?
Die Pflicht des Arbeitgebers, die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen (Art. 328 OR), setzt ihm bei der Bearbeitung der Daten seiner Arbeitnehmer Grenzen. So darf er Daten der Mitarbeiter nur bearbeiten, soweit sie deren Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages notwendig sind (Art. 328b OR). Der Vorgesetzte kann also nicht ohne weiteres auf die Mailbox eines Arbeitnehmers zugreifen.
Bei unvorhersehbaren Abwesenheiten wie Krankheit oder Unfall muss der Vorgesetzte das Einverständnis des betroffenen Mitarbeiters einholen, um rechtmässig auf dessen Mailbox zugreifen zu können. Dabei muss er klar darlegen, worum es geht und wozu er den Zugriff benötigt. Aus Beweisgründen sollte der Mitarbeiter seine Einwilligung in jedem Fall schriftlich erteilen. Ist dies geschehen, kann der Vorgesetzte den Informatikdienst anweisen, das Passwort des Mitarbeiters zurückzusetzen, damit er an die benötigten Informationen gelangen kann. Der Informatikdienst seinerseits sollte darauf bestehen, nur gegen Vorlage der schriftlichen Einwilligung des betroffenen Mitarbeiters zu handeln.
Nun kann der Vorgesetzte auf die Mailbox zugreifen, die für den Betrieb notwendigen Informationen abholen und eine Abwesenheitsnotiz mit Angabe eines Stellvertreters erstellen. Ist dies erledigt, hat der Vorgesetzte die Mailbox wieder zu verlassen und den Informatikdienst anzuweisen, dem Mitarbeiter ein neues Passwort zu vergeben.
Zwar könnte auch ein Stellvertreter definiert werden, der auf die Mailbox zugreifen darf, oder es könnte eine automatische Weiterleitung der E-Mails an einen Arbeitskollegen eingerichtet werden. Weil aber in beiden Fällen nicht nur die geschäftlichen, sondern auch die privaten E-Mails des abwesenden Mitarbeiters gelesen werden könnten, sind beide Methoden nicht zulässig.
Private E-Mails eines Arbeitnehmers müssen behandelt werden wie private Postbriefe. Sie dürfen nicht gelesen werden - weder von Vorgesetzten noch von anderen Mitarbeitern. Das Lesen privater E-Mails verletzt nicht nur die Persönlichkeit des Mitarbeiters. Es verstösst auch gegen das in der Bundesverfassung verankerte Fernmeldegeheimnis. Überdies ist der Arbeitnehmer berechtigt, von seinem Arbeitgeber jederzeit Auskunft darüber einzuholen, ob und welche Daten über ihn bearbeitet worden sind (Art. 8 Datenschutzgesetz). Konkret kann er verlangen, dass man ihm mitteilt, wer während seiner Abwesenheit Zugriff auf seinen PC hatte und welche darin enthaltenen E-Mails gelesen, weitergeleitet oder gelöscht wurden.
Keine Regel ohne Ausnahme: Stellt der Arbeitgeber einen Missbrauch der Nutzung des E-Mail-Dienstes durch den Arbeitnehmer fest (wie übermässiges privates Mailen) oder hegt er den konkreten Verdacht, dass der Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat (etwa Weitergabe vertraulicher Informationen), muss er dies aufgrund des Arbeitsverhältnisses auch überprüfen können und Beweise sichern dürfen.
Ein genereller Zugang zu privaten E-Mails des Arbeitnehmers ist aber auch dann ohne vorgängige Information und ohne Einwilligung ausgeschlossen. Sollte der Arbeitneh-mer bei konkretem Verdacht auf eine Straftat ein Offenlegen seiner privaten Mails verweigern, ist das Öffnen dieser E-Mails den Untersuchungsbehörden zu überlassen.
Fazit: Klare Nutzungsregeln nötig
Die Mailbox des Arbeitnehmers ist nicht in jedem Fall unantastbar. Hingegen sind dem Zugriff durch den Arbeitgeber klare Grenzen gesteckt. Um im Unternehmen Transparenz und Rechtssicherheit zu schaffen, ist für den Umgang mit E-Mails und dem Internet am Arbeitsplatz eine klar formulierte Nutzungsregelung unbedingt zu empfehlen.