Nutzenorientierte Digitalisierung
23.11.2022, 06:05 Uhr
Mit Fokus auf den Nutzen zum Erfolg
Effizienz und Innovationskraft eines Unternehmens hängen nicht zuletzt von seinen digitalen Fähigkeiten ab. Wichtig ist daher, für deren systematische Weiterentwicklung die richtigen Schwerpunkte zu setzen.
Digitalisierung und Industrie 4.0 sind allgegenwärtig, seit disruptive Trends und Innovationen das Geschäftsumfeld dramatisch verändern und bewährte Geschäftsmodelle von namhaften, langjährig erfolgreichen Unternehmen gefährden. Hieraus folgt als zentrale Frage: Welche Digitalisierungsinitiativen sind für die Erreichung der Unternehmensziele am sinnvollsten? Dafür muss die digitale Maturität der IT-gestützten Prozesse analysiert und deren Relevanz für die Unternehmensstrategie bewertet werden. Mit einer nutzenorientierten Vorgehensmethodik lassen sich die digitalen Fähigkeiten systematisch weiterentwickeln, um den Unternehmenserfolg entsprechend der strategischen Ausrichtung bestmöglich zu steigern.
Seit Einzug der Industrialisierung bemühen sich Unternehmen, ihre Produkte und Produktionsfähigkeiten zu verbessern, die stetig zunehmende Komplexität zu meistern und die Produktivität weiter zu steigern. Von zentraler Bedeutung ist dabei der Taylorismus mit dem Prinzip der Arbeitsteilung in kleine Einheiten und der Spezialisierung auf geringere Arbeitsinhalte, die schnell repetitiv wiederholt werden können. Dies ermöglicht eine höhere Produktivität, mit der allerdings auch unerwünschte Nebeneffekte einhergehen, in Form von Funktions-, Prozess- und Abteilungsgrenzen. Für einen Auftragsdurchlauf im Unternehmen müssen diese Grenzen entlang des Lebenszyklus, über verschiedene Ingenieursdisziplinen und gegebenenfalls übergreifend zu Lieferanten überwunden werden. Konventionell wird dies über einen dokumentbasierten Informationsfluss bewerkstelligt, der eine sequenzielle Arbeitsfolge bedingt (Bild 1 oben).
Digitalisierung hilft, Grenzen zu überwinden
Abhilfe schaffen kann die Digitalisierung, womit aber nicht nur Applikationen gemeint sind, um einen Arbeitsschritt schneller und effizienter ausführen zu können, sondern insbesondere das Prinzip der Integration über datenbankbasierte Informationssysteme. Damit können mehrere Arbeitsschritte parallel ausgeführt werden, wodurch sich die Durchlaufzeiten markant reduzieren lassen. Mit integrativen Digitalisierungsinitiativen werden somit die Grenzen überwunden, die durch Arbeitsteilung und Spezialisierung des Taylorismus entstanden sind.
Historisch bedingt haben die Funktionsbereiche im Unternehmen häufig eigene Applikationssysteme für ihre spezifischen Aufgaben, die jedoch nicht oder nur unzureichend mit anderen Systemen verknüpft sind, um übergreifende Prozesse zu unterstützen. Daraus ergeben sich zwei Integrationsrichtungen (Bild 2):
Historisch bedingt haben die Funktionsbereiche im Unternehmen häufig eigene Applikationssysteme für ihre spezifischen Aufgaben, die jedoch nicht oder nur unzureichend mit anderen Systemen verknüpft sind, um übergreifende Prozesse zu unterstützen. Daraus ergeben sich zwei Integrationsrichtungen (Bild 2):
- Horizontale Integration über mehrere Funktionsbereiche beziehungsweise Systeme, die durch Aufgliederung der Organisation entstanden sind
- Vertikale Integration über mehrere Systemebenen der Automatisierungspyramide von der Feld-/Signal-Ebene bis zu firmenweiten ERP- und PLM-Systemen
Nachdem in den 1980er-Jahren unter dem CIM-Ansatz mit grosser Euphorie die Vision einer Vollintegration propagiert worden war, musste man über die Zeit feststellen, dass dies aufgrund unterschiedlicher Anforderungen, der damit verbundenen Komplexität und Inflexibilität sowie des benötigten Aufwands nicht praktikabel ist. Heute strebt man daher grössere funktionsbereichs- und prozessübergreifende Integrationsstufen an (z. B. mit den Hauptsystemen ERP, PLM, MES und gegebenenfalls IoT), da eine kleinere Granularität mehr Schnittstellen bedeutet und eine weitere Zusammenlegung zu inflexibel und zu aufwendig wäre. Der optimale Integrationsgrad lässt sich jedoch immer nur spezifisch beurteilen.
Für die Wertschöpfung im Unternehmen ist die Effizienz der Prozesse massgebend, die häufig schon aus QS-Initiativen gut in Form detaillierter Prozessdefinitionen dokumentiert sind (z. B. Produkt-Entstehungs-Prozess PEP, Serviceprozess). Insbesondere für strategisch wichtige Prozesse wird eine hohe Qualität und Effizienz gefordert, weshalb diese einem Business Process Reengineering (BPR) unterworfen werden, um sie radikal zu verbessern. Beim Business Process Management (BPM) steht dagegen die kontinuierliche und inkrementelle Verbesserung mehrerer Prozesse im Vordergrund.