02.04.2013, 15:40 Uhr
Die Dell-Übernahme entwickelt sich zur Soap
Der Aufsichtsrat von Dell sieht die Zukunft des eigenen Unternehmens ziemlich negativ. Ganz anders sieht dies Firmengründer Michael Dell. Und am Ende könnte ein Dritter lachen.
Michael Dell macht seinen Angestellten Mut. Doof nur, wenn der eigene Aufsichtsrat, genau das Gegenteil erzählt
Jedes börsenkotierte US-Unternehmen ist verpflichtet, der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC (Securities and Exchange Commission) regelmässig Informationen zu ihrem Geschäftsverlauf zu liefern. Dazu gehören auch Chancen und Risiken, anhand derer potentielle Investoren entscheiden können, was sie vom Unternehmen halten. Dell hat im aktuellen SEC-Dokument den Aktionären auf 274 Seiten geraten, das vorliegende Buyout-Angebot von Silver Lakeanzunehmen. Mit diesem würden die Aktionäre 13,65 Dollar je Wertpapier erhalten. Im SEC-Dokument heisst es dazu, dass dies ein gutes Angebot sei, da der Preis damit zwischen 25 und 37 Prozent über dem Kurs vor Bekanntwerden des Angebots liege. Momentan allerdings liegt der Kurs bei 14,30 Dollar, für die Aktionäre wäre es also ein schlechter Deal (Stand heute). Der Dell-Aufsichtsrat versucht die Offerte zu versüssen, indem er vor den Risiken warnt, die den Aktionären blühen könnten, sollten sie dem Buy-Out nicht zustimmen. So sprechen sie von den sinkenden Umsätzen im Desktop- und Notebook-Markt und der Ungewissheit, was diesen betrifft. Gründe dafür seien «die ungewisse Annahme von Windows 8, die unerwartete Verlangsamung von Windows-7-Upgrades im Enterprise-Bereich sowie der zunehmende Ersatz von PCs durch Smartphones und Tablets.» In diesen Märkten sei Dell kaum präsent. Zudem gerate die Branche auch insgesamt durch «die zunehmende Nutzung anderer Betriebssysteme als Microsoft Windows» unter Druck. Doch auch wenn die PC-Absatzzahlen konstant bleiben würden, gäbe es durch den Preisdruck wahrscheinlich weiterhin sinkende Umsätze. Dells bisherige Stärke seien aber« Premium-PC-Produkten mit höherer Spanne» gewesen. Weil immer mehr Unternehmen auf BYOD setzen würden, sei zudem auch Dells Stärke, «grosse Mengen von Geräten an Unternehmen zu liefern», in Gefahr. Hier die Strategie zu ändern, könnte 3-5 Jahre dauern und würde Investitionen benötigen, welche die Einnahmen der nächsten zwei (oder mehr) Jahre schwächen könnten. Und um ganz sicher zu gehen, dass die Aktionäre auch wirklich verkaufen wollen, wird sogar die Konkurrenz gelobt: Der Fakt, dass einige Konkurrenten im oberen Preissegment einen grösseren Cashflow sowie mehr Budget für Forschung und Entwicklung haben, mache deren Produkte für Käufer attraktiver. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Michael Dell sieht es anders
Michael Dell sieht es anders
Während der Aufsichtsrat also sehr kritisch ist, will Firmengründer Michael Dell mit viel Optimismus die Motivation der Angestellten aufrechterhalten . In einer E-Mail an die Mitarbeiter, die ebenfalls in einer SEC-Mitteilung ffentlich gemacht wurde, erzählt er ein erstes Mal, was er nach dem Buy-Out genau vorhat. Er schreibt, gerade von seiner ersten China-Reise zurückgekommen zu sein und dabei von den Möglichkeiten in Asien begeistert zu sein. Ohnehin möchte er in «aufstrebenden Ländern» (Brasilien, Russland, Indien und China) und anderen Orten Asiens, Latein- und Südamerikas aggressiv wirtschaften. Zudem will Dell nach dem Buy-Out massiv in die Forschung und Entwicklung investieren, sowohl in die Technik als auch in Personal. Auch das Verkaufsteam soll viele Leute dazugewinnen und es sollen einige Ressourcen in die Stärkung des PC- und Tabletgeschäfts fliessen.
Die Situation
Michael Dell möchte gemeinsam mit dem Finanzinvestor Silver Lake und Partnern (unter anderem Microsoft) das Unternehmen für 24,4 Milliarden Dollar (13,65 Dollar pro Aktie) zurückkaufen, sich als Chef einsetzen und das Unternehmen von der Börse nehmen. Dann könnte Dell ohne die Auflagen der Börse umstrukturiert werden. Allerdings ist das Angebot für viele Börsenkenner und auch einige Dell-Grossaktionäre zu niedrig und so ist ein Bieterkrieg entbrannt. Der US-Milliardär Carl Icahn soll 15 Dollar pro Aktie bieten und auch der Finanzinvestor Blackstone bietet mit 14,50 Dollar je Aktie mehr als Michael Dell. Die beiden Letztgenannten wollten Dell allerdings wohl kaum komplett übernehmen, das Unternehmen würde also nicht von der Börse verschwinden. Gemäss aktuellen Informationen des Nachrichtenportals Bloomberg ist Michael Dell breit, auf ein Angebot von Blackstone einzugehen. Falls er CEO bleiben darf. Blackstone allerdings scheint momentan den ehemaligen HP-Chef Mark Hurd zu bevorzugen. Das nächste Kapitel in der Dell-Geschichte folgt wohl bald.