26.08.2005, 11:52 Uhr
Change und Configuration Management im Zeichen von ITIL
Nach der unternehmensweiten Einführung von Change und Configuration Management (CCM) wird die schweizerische Raiffeisen Informatik das Änderungsmanagement nun auch für den gesamten IT-Betrieb einführen - um dabei die Erfordernisse von ITIL zu erfüllen.
"Rückblickend war das Jahr 2000 für uns ein Glücksfall", sagt Marcel Alder, Leiter des Software-Qualitätsmanagements bei der Raiffeisen Informatik in St. Gallen. Die Raiffeisen Informatik ist eine eigenständige Tochterunternehmung des Schweizer Verbandes der Raiffeisenbanken (SVRB) und zuständig für dessen IT, sowie für die gesamte IT der 450 in diesem Verband zusammengeschlossenen Raiffeisenbanken. Als wirtschaftlich und rechtlich völlig selbstständige Unternehmen hatten die Schweizer Raiffeisenbanken seit den frühen 80er Jahren jede für sich eine IT aufgebaut, mit teilweise ganz unterschiedlichen Systemen, Plattformen und Anwendungen. Mit steigenden Anforderungen wurde gegen Ende der 90er Jahre jedoch eine Zentralisierung der IT unter dem Dach des SVRB unvermeidlich. "Es war nicht einfach, die ganz unterschiedlichen Lösungen zu vereinheitlichen", führt Alder weiter aus. "Als Verband können wir diesen Banken natürlich keine Weisungen erteilen, sondern müssen ganz der Kraft der Argumente vertrauen. Hier nahm uns das Jahr 2000 viel Überzeugungsarbeit ab, denn für den Jahrtausendwechsel mussten die Banken ihre Software ohnehin überarbeiten. Das war die richtige Gelegenheit, um statt die bestehenden Systeme anzupassen, gleich auf eine neue, gemeinsame Lösung zu wechseln." Seither ist die von der Raiffeisen Informatik selbst entwickelte Applikation Dialba - eine mit Powerflex und Delphi entwickelte Client-Server-Lösung, die auf Intel-Servern eingesetzt wird - für die grundlegenden Bankfunktionen wie Zahlungsverkehr und Kundenverwaltung bei allen Raiffeisenbanken der Schweiz im Einsatz, wobei die Raiffeisen Informatik für jede Bank eine eigenständige Instanz der Applikationen und der dazugehörigen Datenbank betreibt.
Jenseits der Konsolidierung der Kern-Anwendung in einer zentralen Lösung blieb die IT-Landschaft der Raiffeisen Informatik historisch bedingt in hohem Masse heterogen. "Bei uns kommen nahezu alle aktuellen IT-Technologien zum Einsatz", merkt Alder an. Dazu gehören neben Windows-Intel-Systemen beispielsweise ein z/OS-Mainframe und rund hundert Unix-Systeme sowie die Datenbanken Oracle, DB2, SQLServer und Btrieve. Ausserdem sind neben Dialba zahlreiche Anwendungen für die unterschiedlichen Aufgaben, die im Bankwesen zu erledigen sind, von einer einfachen Adressenliste bis zum zentralen Wertpapiergeschäft im Einsatz.
Jenseits der Konsolidierung der Kern-Anwendung in einer zentralen Lösung blieb die IT-Landschaft der Raiffeisen Informatik historisch bedingt in hohem Masse heterogen. "Bei uns kommen nahezu alle aktuellen IT-Technologien zum Einsatz", merkt Alder an. Dazu gehören neben Windows-Intel-Systemen beispielsweise ein z/OS-Mainframe und rund hundert Unix-Systeme sowie die Datenbanken Oracle, DB2, SQLServer und Btrieve. Ausserdem sind neben Dialba zahlreiche Anwendungen für die unterschiedlichen Aufgaben, die im Bankwesen zu erledigen sind, von einer einfachen Adressenliste bis zum zentralen Wertpapiergeschäft im Einsatz.
Unternehmensweites CCM
Mit der flächendeckenden Einführung von Dialba hat sich die Zuständigkeit der Raiffeisen Informatik erheblich erweitert. Sie ist seither für die komplette Entwicklung und Pflege der Kern-Applikationen der Schweizer Raffeisenbanken verantwortlich, aber auch für zahlreiche weitere Lösungen. "Wir sind heute für die gesamte Softwareentwicklung im Verband zuständig", erläutert Alder. "Daraus ergab sich die Notwendigkeit, die Entwicklungsprozesse, die Vielzahl von Software-Änderungen und die unterschiedlichen Konfigurationen für etwa 50 grössere und über 100 kleinere Applikationen einheitlich zu steuern und zu kontrollieren." Bei dieser grossen Anzahl von Applikationen, die von vielen Anwendern mit teilweise recht unterschiedlicher Technik eingesetzt werden, ergeben sich ganz zwangsläufig viele Änderungen, unterschiedliche Versionen, Release-Stände und Software-Konfigurationen, die sich ohne ein professionelles Werkzeug nicht verwalten lassen.
Change und Configuration Management im Zeichen von ITIL
Aus diesem Grund setzte die Raiffeisen Informatik ein eigenes Projekt für die Einführung eines unternehmensweiten Software Change und Configuration Management (CCM) auf. Alles, was bei der Raiffeisen Informatik an Software entwickelt wird, sollte einheitlich organisiert werden. Angesichts der Fülle von Programmen einerseits und der Bedeutung der Software andererseits, war klar, dass diese Aufgabe nicht mit traditionellen Werkzeugen zu meistern war. Mit Merkzetteln, Word-Dokumenten oder Excel-Tabellen lassen sich allenfalls die Änderungen von kleinen Projekten verwalten. "Wir wollten von Anfang an eine Lösung für das gesamte Unternehmen", erläutert Alder, "und dabei sollte die Anzahl der Werkzeuge weitgehend beschränkt werden. Es wäre nicht effizient, wenn wir für jedes Projekt oder für jede Arbeitsgruppe eigene Werkzeuge verwenden würden." Allein an Dialba arbeiten bis zu dreissig Entwickler, weitere 20 Mitarbeiter sind mit Tests und Management-Aufgaben befasst, so dass ständig rund 50 Personen an ein und dem selben Projekt arbeiten - deren Aktivitäten müssen natürlich gut aufeinander abgestimmt werden. Daneben gibt es auch die kleinen Anwendungen, mit denen nur zwei oder drei Entwickler befasst sind. Eine einheitliche Lösung für das CCM bedeutet für die Raiffeisen Informatik daher immer auch eine skalierbare Lösung.
Evaluation
Zunächst führte die Raiffeisen Informatik eine grobe Evaluierung von über zehn CCM-Lösungen durch, von denen nach der ersten Klärung IBM Rational mit Clear Quest/Case und Serena Dimensions in die engere Auswahl kamen und einer eingehenden Analyse unterzogen wurden. Bei der Auswahl spielten neben dem Funktionsumfang, Vertragslaufzeit und dem Preis auch die Wartungskosten der Lösung eine wichtige Rolle. "Für das CCM-Projektteam war entscheidend, dass die Funktionalitäten einen unternehmensweiten Einsatz erlauben", erläutert Alder, "dass wir also alle unsere Software-Projekte in einer integrierten Lösung unterbringen können." Dieser Ansatz ist bei Serena Dimensions realisiert, denn diese Lösung baut auf einer einheitlichen, unternehmensweiten Datenbank auf, die als Repository für sämtliche Projekte fungiert. "Wir benötigen für Dimensions nur eine einzige Installation, die wir auf zwei Server verteilt haben: einer verwaltet die Meta-Daten, der andere die Items (Konfigurationselemente)", führt Alder weiter aus. "Diese Architektur bietet uns ausserdem gute Ausbaumöglichkeiten, weil sie sich modular erweitern und auf weitere Standorte verteilen lässt. Auch wenn wir weitere Server für Konfigurationselemente installieren würden, wir hätten immer noch eine zentrale Datenbank für die Metadaten." Wichtig war für die Raiffeisen Informatik ausserdem, dass Serena die Bereiche Change und Configuration Management mit einem Tool abdeckt. "Wir wollten für diese zwei eng zusammenhängenden Aufgabenbereiche nicht verschiedene Lösungen implementieren, die wir dann ja auch separat hätten warten und pflegen müssen", merkt Alder dazu an.
Change und Configuration Management im Zeichen von ITIL
Für eine halbjährige Pilotphase wurden zunächst drei Applikationen ausgewählt, mit denen die Raiffeisen Informatik in unterschiedlichen Anwendungsbereichen Erfahrungen beim unternehmensweiten CCM sammeln wollte: Dialba als Eigenentwicklung mit 4GL-Werkzeugen, eine Middleware-Lösung mit Java auf Basis von Websphere als Beispiel für die Eigenentwicklung mit modernen Technologien sowie eine Lösung für Telebanking, als Beispiel für eine eingekaufte Applikation, die von der Raiffeisen Informatik nur angepasst und konfiguriert wurde. Dabei wurden sukzessive alle Elemente der Programme - Source-Files, Konfigurationen, Parametrisierungen, aber auch fertige EXE-Files - in Dimensions abgelegt, anstatt in einem File-System. "Aus diesen Elementen können wir aus Dimensions lauffähige Programme herstellen" erläutert Alder. "Dabei können wir nun jederzeit beliebige Releases, beispielsweise von Dialba, generieren." Mit dem blossen Speichern von Dateien in Dimensions ist es jedoch nicht getan: "Wichtig ist es, die Zusammenhänge zwischen den Elementen herzustellen und auch das gesamte Team mit dieser neuen Arbeit vertraut zu machen", führt Alder weiter aus. Auf dieser Grundlage organisierte die Raiffeisen Informatik nun ihre Entwicklungsarbeit neu: es gibt jetzt keine Software-Änderungen mehr, ohne einen entsprechenden Änderungsantrag, und jede Aktion muss über das Repository von Dimensions laufen. Auch die Konfigurationselemente werden mit Änderungsdokumenten verknüpft.
Nach der erfolgreichen Pilotphase wurden während eines Jahres nach und nach zunächst etwa 25 wichtige Applikationen in das Änderungs-management übernommen. Für fünf von diesen wurde dabei auch das komplette Configuration Management eingeführt. Für die restlichen Anwendungen war ein Configuration Management nicht notwendig, andere liessen sich nicht integrieren, so beispielsweise einige Applikationen auf Basis der geschlossenen Entwicklungsumgebungen von Natural/Adabas, weil hier überhaupt keine Files verfügbar sind, die in das Dimensions-System übernommen werden könnten. Für diese Applikationen wird nur ein Änderungsmanagement vorgenommen. Bis Ende 2005 werden bei der Raiffeisen Informatik rund 80 Prozent der gesamten Software mit Serena Dimensions verwaltet, beim Rest hält die Raiffeisen Informatik den Einsatz von CCM für nicht erforderlich.
IT Service Management
Noch während des CCM-Projekts wurden für die Raiffeisen Informatikneue Gesichtspunkte wichtig, die den Fokus verschoben. "Bis Mitte 2004 ging es uns beim Change und Configuration Management nur um die Software", erklärt Alder. "Mit der zunehmenden Bedeutung von ITIL wurde es notwendig, auch Änderungen im IT-Betrieb mit einzubeziehen."
Tatsächlich nehmen die laufend vorgenommenen Veränderungen im IT-Betrieb bei der Raiffeisen Informatik mittlerweile einen so grossen Umfang ein, dass er ein professionelles Management auch dieses Bereichs erforderlich macht. Gleich, ob es sich um neue Hardware, um Aufrüstungen, andere Netzwerkeinstellungen, zusätzliche Middleware, die Neukonfiguration von Servern oder um Änderungen der Software auf diesen Servern handelt: Die Auswirkungen solcher Massnahmen können gravierend sein und den IT-Betrieb nicht weniger tangieren als beispielsweise Änderungen in einer Applikation. Die dauerhafte Aufrechterhaltung des IT-Betriebs, ein Ziel das in ITIL (IT Infrastructure Library) standardisiert wurde, wird so zu einem wichtigen Aspekt auch des Änderungsmanagements. "Wir haben daher ein neues Projekt für das ITServiceManagement aufgesetzt, in dem wir alle diese Aspekte berücksichtigen", führt Alder aus. "Wir setzen auch für diesen Bereich Dimensions ein; das Werkzeug deckt die notwendigen Funktionen ab und es wäre nicht sinnvoll gewesen, für das ITServiceManagement ein separates Produkt einzusetzen."
Auf dieser Grundlage hat Raiffeisen Informatik klare Strukturen und Prozesse definiert. Wie in der Softwareentwicklung passiert auch im IT-Betrieb nichts ohne Änderungsantrag: soll zum Beispiel eine neue Software auf einem Server installiert werden, so muss ein entsprechendes Bewilligungsverfahren eingeleitet werden, in dessen Verlauf geprüft wird, ob es Auswirkungen auf andere Systeme geben kann, ob die Ressourcen ausreichen usw. Gleichzeitig werden alle Vorgänge lückenlos dokumentiert, so dass man später rekonstruieren kann, wer aus welchem Grund welche Massnahmen getroffen hat.
Auf dieser Grundlage hat Raiffeisen Informatik klare Strukturen und Prozesse definiert. Wie in der Softwareentwicklung passiert auch im IT-Betrieb nichts ohne Änderungsantrag: soll zum Beispiel eine neue Software auf einem Server installiert werden, so muss ein entsprechendes Bewilligungsverfahren eingeleitet werden, in dessen Verlauf geprüft wird, ob es Auswirkungen auf andere Systeme geben kann, ob die Ressourcen ausreichen usw. Gleichzeitig werden alle Vorgänge lückenlos dokumentiert, so dass man später rekonstruieren kann, wer aus welchem Grund welche Massnahmen getroffen hat.
So hat das Projektteam nach dem erfolgreichen Abschluss des Projekts "CCM in der Softwareentwicklung" mit dem Projekt "IT Service Management" gleich eine neue Aufgabe übernommen. "Die grundsätzliche Aufgabenstellung ist die gleiche", sagt Alder. "Nur unsere 'Kunden' haben gewechselt, denn anstelle der Softwareentwickler sprechen wir jetzt die Mitarbeiter des IT-Betriebs an." Eine weitere Expansion des Themas zeichnet sich schon ab: Mittelfristig sollen auch die Änderungen an den eigentlichen Bankprozessen, also beispielsweise die Arbeitsabläufe für den Zahlungverkehr oder die Richtlinien für die Kreditvergabe, in das Change und Configuration Management einbezogen werden.
Der Autor: Rainer Doh ist Autor in München.
Rainer Doh