Design Thinking: Kundenbedürfnisse stehen im Mittelpunkt

Zeit für wilde Ideen

Beim Design Thinking wird davon ausgegangen, dass gute Ideen kein Zufall sind und dass sich kreative Prozesse positiv beeinflussen lassen. Man muss nur wissen, wie. Das Basisgerüst wurde von David Kelley entwickelt. Er ist Gründer der auf Design und Innovationen spezialisierten Agentur IDEO im Silicon Valley. Weitere bekannte Vertreter der Methodik sind Terry Winograd und Larry Leifer der renommierten d.school an der Stanford University. Sie sind der Meinung, dass sich bestimmte Probleme besser lösen lassen, wenn Menschen unterschiedlicher Disziplinen zusammenarbeiten, gemeinsam eine Frage entwickeln und dann versuchen, diese zu beantworten. Der Prozess wird dabei häufig in mehrere Phasen aufgeteilt, an deren Ende solide Konzepte und neue Produkte stehen sollen, die intensiv geprüft und auch mit mehreren Prototypen getestet wurden.
Bildlich dargestellter Prozess beim Design Thinking: Sogenannte Iterationsschleifen werden so lange wiederholt, bis ein überzeugendes Ergebnis erzielt wurde
David Kelley und sein Bruder Tom beschreiben in ihrem Buch «Kreativität und Selbstvertrauen» anschaulich, wie die Entwicklung eines Magnetresonanztomografen (MRT) mithilfe von Design Thinking verbessert werden konnte. Die mehrere Millionen Franken teuren Apparate können Organe und Gewebe im Körperinneren detailliert darstellen, ohne dass der Patient etwas davon spürt. Technisch sind sie weitgehend ausgereift, aber vor allem bei sehr jungen Patienten verursachen die grossen Apparate teilweise massive Ängste. In einigen Fällen konnten Untersuchungen nur durchgeführt werden, nachdem ein Anästhesist den Kindern ein Beruhigungsmittel verabreicht hatte. Erst bei einem Besuch in der Röntgenabteilung eines Krankenhauses wurde Doug Dietz das Problem bewusst. Er ist einer der massgeblichen Entwickler und Designer dieser Geräte beim Hersteller General Electric. Nachdem Dietz die gefundenen Probleme mit seinem Arbeitgeber besprochen hatte, wurde er auf einen einwöchigen Design-Thinking-Workshop an der d.school in Kalifornien geschickt. Dort kam Dietz mit dem «nutzerzentrierten Design- und Innovationsansatz» in Berührung. Er lernte, Menschen zu beobachten, die bereits vorhandene Produkte nutzten. Er fing an, mit ihnen zu reden, um ihre Wünsche besser zu verstehen. Gemeinsam mit anderen Teilnehmern arbeitete Dietz dann an Prototypen, um den Bedürfnissen der Kunden besser gerecht zu werden.
Zurück am Arbeitsplatz begann Dietz, seine neuen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen. Er besuchte Kindertagesstätten, sprach mit Psychologen und stellte ein Team zusammen, um selbst einen Prototyp zu entwickeln. Das Ergebnis war ein MRT-Raum, der mit farbigen Aufklebern etwa in ein Piratenabenteuer verwandelt werden konnte. Für die medizinisch-technischen Assistenten, die das MRT bedienen, schrieben Dietz und sein Team zudem eine Art Drehbuch, das diese mit den kleinen Patienten durchspielen konnten. So fiel es den Kindern nun leichter, im Innern des Geräts still zu liegen, während die Untersuchungen durchgeführt wurden. Insgesamt entwickelte das Team neun verschiedene Abenteuer.
Die Zahl der Kinder, die für das MRT ruhiggestellt werden mussten, konnte dadurch drastisch gesenkt werden. Aber nicht nur das. Die Krankenhäuser profitieren auch wirtschaftlich von den neuen Entwicklungen, da pro Tag nun mehr Aufnahmen gemacht werden können.

Andreas Fischer
Autor(in) Andreas Fischer



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