03.09.2014, 16:14 Uhr

Geschäftskritische Prozesse in die Cloud auslagern?

Wie riskant ist es heute, sensible Daten und kritische Prozesse in die Cloud auszulagern? Woran erkennt man vertrauenswürdige Cloud-Service-Anbieter?
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PMG-Geschäftsführer Stefan Finkenzeller sprach mit CW über geschäftskritische Cloud-Prozesse (Foto: ZVG)
In den Top-500-Umfragen, die Computerworld durchführt, landet das Trendthema Cloud Computing regelmässig auf dem ersten Platz. Seit vier Jahren antworten CW-Leser auf die Frage "Was sehen Sie über die nächsten zwei Jahre als Zugpferde?" spontan mit Cloud Computing. Aber hat das Beschaffungsmodell Cloud mittlerweile in der Schweiz Fuss gefasst? CW sprach mit Stefan Finkenzeller, Geschäftsführer von PMG. Die PMG Projektraum Management GmbH betreibt gesicherte Datenräume, die Kunden zum Austausch vertraulicher Dokumente, Bilanzen, Verträge und zum Projektmanagement nutzen können. Ausserdem realisiert das Unternehmen Daten-Management-Lösungen in der Cloud. Computerworld: Herr Finkenzeller, seit Jahren gilt für die Cloud die goldene Regel: Geschäftsunkritische Geschäftsprozesse kann man getrost in die Cloud auslagern. Aber die wirklich kritischen Sachen gehören on-premise. Ist diese Regel heute immer noch gültig? Finkenzeller: Grundsätzlich gilt das nach wie vor, aber die Kunden beginnen, langsam umzudenken. Eine höhere Flexibilität, die mit der Cloud einhergeht, und steigender Kostendruck auf Unternehmensseite spielen dabei eine Rolle. Firmen wollen Kosten sparen, und zum Beispiel nicht mehr für jede neue Software einen Spezialisten einstellen müssen, der sich darum kümmert. Welche Prozesse behält man aus Sicherheitsgründen am Besten on-premise? Mit der Finanzbuchführung, Lohn- und Gehaltsabrechnung tun sich Firmen schwer. Obwohl es mittlerweile Anbieter gibt, die das komplett als Cloud-Service offerieren. Aber es gibt auch positive Beispiele. Firmenaufkäufe (M&A), also der vertrauliche Austausch von Dokumenten, Bewertungen, Bilanzen etc., werden heute komplett in der Cloud über gesicherte Datenräume abgewickelt. Welche Kriterien muss ein Cloud-Anbieter erfüllen, dem ich meine geschäftskritischen Prozesse anvertrauen möchte? Zuallererst sollten Sie sich die Frage stellen: Ist der Cloud-Anbieter seriös, verfügt er über die erforderlichen Sicherheitszertifikate und kann er mir überzeugend darlegen, dass er die von mir gewünschten Dienste auch erbringen kann. Wo werden meine Daten letztlich gespeichert, habe ich als Kunde einen persönlichen Ansprechpartner? Auch ein Besuch vor Ort kann bei der Entscheidung dafür oder dagegen hilfreich sein. Die zweite wichtige Frage lautet: Darf ich vertraglich und rechtlich meine Daten überhaupt in die Cloud auslagern. Einige amerikanische Firmen lagern die Daten ihrer Kunden in Rechenzentren in Irland. Ein persönlicher Besuch vor Ort wäre dann nicht mehr so leicht machbar... Für Unterstützungsprozesse ist Irland in Ordnung, aber bei geschäftskritischen Prozessen würde ich mehr Vorsicht walten lassen. Zu den vertrauenswürdigen Cloud-Anbietern zählt auf dem ERP-Markt sicherlich SAP, auch Salesforce ist im Prinzip ein vertrauenswürdiges Unternehmen. Aber Salesforce ist amerikanisch, und US-Gerichte können unter bestimmten Voraussetzungen die Herausgabe der Daten verlangen. Kunden sollten das in ihre Risikoabschätzung einbeziehen und dann eine Entscheidung fällen. Bedenken Sie aber bitte, dass in der Praxis mehr Daten durch stehlende Mitarbeiter entwendet werden als durch Hacking oder die amerikanische Gerichtsbarkeit. Welche Prozesse bieten sich zuallererst für die Migration in die Cloud an? Alle standardisierten Prozesse lassen sich in die Cloud auslagern, also etwa die Fakturierung, Auftragsverwaltung, die Rechnugserstellung, das Mahnwesen und Projektmanagement. Bedenken Sie aber, dass Cloud-Dienste die Prozesse im eigenen Unternehmen nicht immer eins zu eins abbilden. Bei komplexeren Geschäftsprozessen sind in der Regel Anpassungen erforderlich. Welche Migrationsprozesse in die Cloud haben Sie in den letzten Monaten durchgeführt? Zuletzt haben wir ein verteiltes Datenmanagementsystem in die Cloud migriert. Das Projekt hat eineinhalb Jahre in Anspruch genommen. Insgesamt mussten unter anderem 12.000 Aktenorder mit einem Datenvolumen von 1,5 TeraByte, die zudem noch über mehrere Standorte verteilt waren, eingesammelt und digitalisiert werden. Den Kunden haben die offensichtlichen Vorteile letztlich überzeugt. Ein vollelektronisches zentrales System garantiert einen sehr schnellen Zugriff auf die Informationen. Ausserdem sind digitalisierte Akten vor Vernichtung geschützt, ganz im Gegensatz zu Papier, das unter Umständen im Keller vor sich hinmodert. Welche Kunden bedienen Sie in der Schweiz? Wir sind mit einigen Kunden, hauptsächlich aus der Industrie, auf dem Schweizer Markt vertreten. Zurzeit arbeiten wir an Lösungen für Banken und Wirtschaftsprüfer, die besonders hohe Anforderungen an Diskretion und Sicherheit stellen.



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