IT-Trends 2022
27.12.2021, 06:21 Uhr
Mit Rückenwind ins neue Jahr
IT-Entscheider mussten 2021 Flexibilität und die Fähigkeit, sich rasch an neue Anforderungen anpassen zu können, unter Beweis stellen. Was kommt im nächsten Jahr auf sie zu? Wir zeigen die wichtigsten IT-Trends auf und erklären, wie Schweizer CIO von diesen profitieren.
Das Jahr 2021 war für die meisten von uns ein sehr arbeitsintensives. Die Hoffnung auf eine Rückkehr zu einem gewissen Grad an Normalität erfüllt sich in naher Zukunft wohl nur zum Teil, weshalb 2022 aller Voraussicht nach eine Fortsetzung des herausfordernden Jahres 2021 werden wird. CIOs und Führungspersonen in der IT mussten an mehreren Fronten Veränderungen bewältigen, die sich aus einer Vielzahl von Umwälzungen ergaben und bei denen es auf Tempo, Skalierung und die Beherrschung vielfältiger Anforderungen ankam.
«Winds of Change»
IDC fasst die anstehenden Anforderungen unter dem Schlagwort «Winds of Change» zusammen. Jeder von uns hat es ein Stück weit selbst in der Hand zu entscheiden, ob die Projekte bildlich betrachtet mit «Rückenwind» umgesetzt werden können oder ob man mit «Gegenwind» rechnen muss. Das Beherrschen beider Situationen wird wohl das realistische Szenario sein.
Die wichtigsten Herausforderungen für IT-Entscheider werden in den nächsten Monaten darin bestehen, das Cloud Computing und die digitalen Infrastrukturen in den Griff zu bekommen, das IT-Geschäftsmodell weiterzuentwickeln sowie die Nutzung von Daten und die Datensicherheit zu verbessern.
Die Kluft wächst
Ein Trend, auf den wir in vielen Artikeln immer wieder hingewiesen haben, kommt immer stärker zum Tragen: Die Kluft zwischen den Unternehmen, die von der Erholung profitieren, und denen, die ums Überleben kämpfen, vertieft sich zunehmend. CIOs müssen deswegen strategischer handeln und einen wachsenden Beitrag zum Business leisten. In den nächsten Jahren werden CIOs auch in der Schweiz entscheidend dazu beitragen, ihre Firmen durch den Wandel zu navigieren – und zwar indem sie unternehmensübergreifende IT-Ökosysteme aufbauen und verbessern, neue Geschäftsmodelle und Erlösquellen proaktiv unterstützen, Mitarbeiter fördern, die Ausfallsicherheit stärken und das Unternehmen insgesamt robuster machen.
Der Autor
Matthias Zacher
ist Senior Consulting Manager beim Marktforschungs- und Beratungshaus IDC.
Die 10 Top-Prognosen für IT-Entscheider
IT-Führungskräfte auf der ganzen Welt stehen jetzt verstärkt unter dem Druck, neue Business-Modelle zu finden, Modernisierungsbremsen zu lösen und eine nachhaltige IT einzuführen. Sie sehen sich aktuell Herausforderungen und Chancen ausgesetzt, denen sie wahrscheinlich so kein zweites Mal im Leben begegnen werden. Das gilt selbstverständlich auch für die Informatik in der Schweiz.
Prognose 1: Bis 2026 werden 65 Prozent der CIOs einen technologiegestützten, agilen und widerstandsfähigen Kreislauf aufbauen, der eine kollaborative Unternehmensführung, neue Servicebereitstellungsmodelle und eine ergebnisorientierte Ausrichtung umfasst.
Schweizer Blick: Die Bildung widerstandsfähiger technologiegestützter Kreisläufe ist auch für jede Schweizer Firma ein Muss. Vielfach sind diese Kreisläufe vorhanden; allerdings sind sie eher statisch als agil. Somit sollte Agilität stärker als bisher berücksichtigt werden. Denn überall dort, wo proaktives Handeln erforderlich ist, kann Agilität sehr nützlich sein.
Prognose 2: 60 Prozent der CIOs werden bis im Jahr 2023 hauptsächlich an ihrer Fähigkeit gemessen, neue Geschäftsmodelle und Erlösquellen zu entwickeln, die auf intensiver unternehmens- und branchenweiter Zusammenarbeit basieren.
Schweizer Blick: Dieser Aspekt ist für Schweizer IT-Entscheider noch nicht umfassend relevant. Er verweist aber auf einen Trend, den jeder Verantwortliche beachten sollte. Denn die Informatik muss ihren Beitrag zur Business-Innovation erhöhen.
Prognose 3: Bis 2025 werden 75 Prozent der CIOs und CFOs aufgrund von Projektverzögerungen oder -ausfällen, die durch die schlechte technische Umsetzung von Software oder Produkten – in der IT als technische Schulden bezeichnet – verursacht werden, gezwungen sein, formelle Verfahren für das Management dieser technischen Schulden zu forcieren oder einzuführen.
Schweizer Blick: Dieser Aspekt ist auch hierzulande relevant. Allerdings verzeichnen wir in der Schweiz eine hohe Projekttreue, sodass unsere Prognose 3 nicht ganz so häufig wie in anderen Ländern berücksichtigt werden muss.
Prognose 4: Angesichts der zunehmenden Notwendigkeit von hybriden und intelligenten Arbeitsplätzen werden bis 2024 60 Prozent der CIOs den Anwender-Support neu konzipieren und COE-Teams (Center of Excellence) einrichten, um die notwendigen Investitionen in Technologie und Prozesse zu steuern.
Schweizer Blick: Anwender-Support ist auch in der Schweiz entscheidend, um eine reibungslose Unterstützung sicherzustellen. Das ist umso wichtiger, da der Anteil der hybriden und der Home-Office-Arbeitsplätze zukünftig weiter ansteigen wird.
Prognose 5: Bis 2026 werden 85 Prozent der Unternehmen, deren Datenmanagement die Geschäfts- und Betriebsstrategien eher hemmen, CIOs in die Lage versetzen, unternehmensübergreifende Investitionen in Data Governance, Qualität und Compliance zu tätigen.
Schweizer Blick: Datenbereitstellung und Datennutzung müssen auch in den Schweizer Firmen verbessert werden. Denn die wachsende Cloud-Nutzung bringt zusätzliche Aufgaben hinsichtlich Governance, Security und Compliance mit sich.
Prognose 6: Bis 2024 werden 40 Prozent der CIOs damit scheitern, die Fähigkeit der IT zur Bereitstellung moderner digitaler Infrastrukturen, zur Unterstützung von technologiebasierter Governance des Ökosystems und zur Erzielung besserer Geschäftsergebnisse auf Basis technologischer Architekturen zu verbessern.
Schweizer Blick: Die Gefahr des Scheiterns besteht auch hierzulande. Digitale Infrastrukturen sind die Basis der digitalen Transformation. Informatikentscheider sollten diesem Aspekt besondere Aufmerksamkeit widmen, da allfällige Fehler überdurchschnittlichen Korrekturaufwand nach sich ziehen.
Schweizer Blick: Die Gefahr des Scheiterns besteht auch hierzulande. Digitale Infrastrukturen sind die Basis der digitalen Transformation. Informatikentscheider sollten diesem Aspekt besondere Aufmerksamkeit widmen, da allfällige Fehler überdurchschnittlichen Korrekturaufwand nach sich ziehen.
Prognose 7: Durch den Druck von Investoren, die Verwaltungskosten laufend zu minimieren, werden bis 2024 40 Prozent der Unternehmen mindestens 25 Prozent der direkten IT-Ausgaben in operative Produkt- und Dienstleistungsbereiche verlagern.
Schweizer Blick: Der Kostendruck wird sich für sämtliche Firmen weiter erhöhen. Das Auslagern von IT-Bereichen und -Diensten, die nicht zur Sicherstellung des Kerngeschäfts gehören, sollte aus diesem Grund als realistische Option in Betracht gezogen werden.
Prognose 8: Trotz der Kosten und Reibungsverluste werden 60 Prozent der CIOs eine systemweite Multi-Faktor-Authentifizierung als effektiven Basisschutz zur Abwehr zunehmender Cybersicherheitsbedrohungen bis 2022 nutzen.
Schweizer Blick: Sichere digitale Identitäten sind die Basis für digitales Vertrauen. IDC empfiehlt deshalb, Identity- und Asset-Management in seinen unterschiedlichen Ausprägungen einschliesslich Multi-Faktor-Authentifizierung stärker zu nutzen, da Erhebungen von IDC hier noch deutliche Lücken zeigen.
Prognose 9: Bis 2025 werden 60 Prozent der CIOs zusammenarbeiten, um gemeinsam die Vorteile von Branchenökosystemen als wichtige Ressource für Innovation, Datenaustausch, Differenzierung und Cybersecurity-Risikomanagement zu nutzen.
Schweizer Blick: Ökosysteme gehören zu Recht zu den zentralen Schlagwörtern in Business und IT. Die Zusammenarbeit und Verflechtung in Liefer- und Produktionsketten ist in der Schweiz sehr hoch. CIOs und Informatikverantwortliche müssen proaktiv die Zusammenarbeit mit dem Business vertiefen.
Prognose 10: 55 Prozent der G2000-CIOs werden bis 2023 dafür sorgen müssen, eine nachhaltige IT zu implementieren sowie Umwelt-, Sozial- und Governance-Prozesse in den Technologielebenszyklus von der Akquisition bis zum Verkauf einzubetten.
Schweizer Blick: Nachhaltigkeit und Sustainability werden mittelfristig auch in Schweizer Firmen umfassend präsent sein. Alle grossen Unternehmen und zahlreiche KMU sind bereits erste Schritte gegangen. Jeder Entscheider – nicht nur in der Informatik – sollte sich mit diesem Thema befassen.
Was CIOs und Technologie-Einkäufer beachten sollten
Angesichts der volatilen und unsicheren wirtschaftlichen Aussichten ist das, was in der Vergangenheit gut funktioniert hat, keine Garantie für zukünftigen Erfolg. Ausserdem müssen CIOs damit rechnen, dass sie zunehmend grössere und komplexere Aufgaben übernehmen werden – wie beispielsweise die immer wichtiger werdenden Themen soziale Verantwortlichkeit für IT-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter sowie die Nachhaltigkeit der IT.
CIOs und IT-Entscheider müssen sich deshalb auf neue Spielregeln einstellen. Es geht dabei um den Aufbau modularer und anpassungsfähiger digitaler Infrastrukturen, die Schaffung und Orchestrierung von Business-Ökosystemen, die als Erweiterungen der IT-Landschaften fungieren, die Beherrschung der immer komplexeren und vielfältigen Cloud-Computing-Umgebungen und die Schaffung datenzentrierter Kulturen und Anwendungsfälle.
Die Fachbereiche und die Informatik verzahnen sich immer intensiver. Schweizer CIOs, welche die «Winds of Change» beachten, werden den «Rückenwind» bald spüren und damit Hürden leichter überspringen als viele andere Kolleginnen und Kollegen.
Hinweis
Wünschen Sie stärkeren «Rückenwind»? Nehmen Sie an der aktuell laufenden Studie «Swiss IT 2022» teil. Sie erfahren dann aktuell im Frühjahr 2022, mit welchen IT-Projekten Schweizer Unternehmen die «Winds of Change» nutzen werden.
Autor(in)
Matthias
Zacher