05.07.2010, 06:00 Uhr
Der Kunde gibt die Richtung vor
Wissen Sie, was Ihre Kunden wirklich wollen? In unserer mobilen Welt sind beim Customer Relationship Management neue Ansätze gefragt. Im Vorfeld des Swiss CRM Forum erklären die Aussteller und Partner der Veranstaltung, welche Trends die CRM-Zukunft bestimmen.
Ursula Pelzl ist als Fachjournalistin im Bereich Marketing und Kommunikation für das Swiss CRM Forum tätig.
Customer Relationship Management (CRM) zählt schon seit rund zehn Jahren zu den Dauerbrennern der Unternehmens-IT. Während zunächst überwiegend Lösungen zur Vertriebsunterstützung im Fokus der Firmen standen, ist in den vergangenen Jahren die Nachfrage nach analytischen, planerischen und strategischen Lösungen stark und kontinuierlich gestiegen.
CRM- und Kundenstrategien, die den Kunden in den Mittelpunkt des Unternehmens stellen, sind im Zeitalter von Web 2.0 unverzichtbar. Statt ihre Kunden nur zu verwalten, müssen die Unternehmen ganz genau wissen, was diese denken und wie sie sich mit dem Produkt fühlen. Customer Experience Management (CEM) lautet das Gebot der Stunde. Dieses «Kundenerlebnismanagement» werde zu
einem entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen, meint etwa Phil Winters, Partner bei der Peppers & Rogers Group. Seine Schlussfolgerung: «Unternehmen müssen das Verhalten und die Erfahrungen ihrer Kunden über den gesamten Kaufentscheidungsprozess - davor und danach - verstehen, um gezielt Massnahmen zu ergreifen, die sich nachhaltig auf den Kaufentscheidungsprozess und die Kundenbeziehung auswirken.»
einem entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen, meint etwa Phil Winters, Partner bei der Peppers & Rogers Group. Seine Schlussfolgerung: «Unternehmen müssen das Verhalten und die Erfahrungen ihrer Kunden über den gesamten Kaufentscheidungsprozess - davor und danach - verstehen, um gezielt Massnahmen zu ergreifen, die sich nachhaltig auf den Kaufentscheidungsprozess und die Kundenbeziehung auswirken.»
Verschmelzung der Systeme
Diesen neuen Blickwinkel in die bestehenden Prozesse und Systeme einzubringen, wird die grösste Herausforderung der Zukunft. Michel Henlin, Marketingleiter der Codex Group, zu der auch der CRM-Anbieter Actricity gehört, fasst diese Aufgabe so zusammen: «ERP-Systeme optimieren Prozesse mit dem Ziel, die Prozessdurchlaufzeit zu kürzen und Kosten zu minimieren. CRM-Systeme lassen Kunden und Geschäftspartner teilhaben am Prozess. Ihre Meinungen und Wünsche verändern Verhalten, Prozesse und Produkte. Die eingesetzten ERP-Systeme und die Organisationskultur müssen diese Änderungen ermöglichen.» Ob sie dazu fähig sind, werde die erfolgreichen Unternehmen von den anderen unterscheiden, davon ist Henlin überzeugt.
Auch Christian Rusche, CEO der BSI Business Systems Integration AG, sieht in der Verschmelzung von CRM-Werkzeugen mit anderer Unternehmens-Software, beispielsweise dem Contact Center oder ERP-Systemen, aber auch bei der Prozessunterstützung, einen der wichtigsten Trends im CRM-Markt. Seine Vision: «Prozesslösungen leiten Anfragen des Kunden im Service oder im Call Center an den richtigen Mitarbeiter im Verkauf oder im Marketing weiter: Integriert, prozessgesteuert - das ist die Zukunft.»
Social CRM
Um Kaufmotivationen und Kundenemotionen besser auf die Spur zu kommen, spielt das Social Web eine zunehmend grosse Rolle. Es wird künftig immer wichtiger, Kundenbefindlichkeiten frühzeitig zu erkennen und im Idealfall auch steuern zu können. «CRM-Systeme der Zukunft müssen über intelligente Schnittstellen zum Social Web verfügen», folgert daher Christian Rusche. Allerdings rät er davon ab, voreilig zu handeln: «Momentan beobachten wir bei unseren Kunden, dass viele noch gar kein Social CRM brauchen oder wollen. Hier gibt es aus meiner Sicht einen etwas zu grossen Hype.»
Patrick Meister, Group Marketing Manager Dynamics bei Microsoft Schweiz, sieht diese Zukunft schon viel näher: «Aus meiner Sicht wird das Thema CRM in den nächsten zwei Jahren aus zwei Richtungen beeinflusst», erklärt er. «Technologisch betrachtet kommen Daten nicht mehr nur aus firmeninternen Applikationen, sondern auch aus Facebook, Xing und Verbandsplattformen. Darüber hinaus pflegt die jüngere Generation einen anderen, schnelleren, unverkrampfteren Umgang mit Technologie. Junge Leute teilen Informationen weltweit. Ihr CRM-System ist heute Facebook.»
Der Kunde entscheidet
Klar ist aber, dass der Kunde künftig selbst entscheidet, wann, wie, wo und ob er zum Kontakt bereit ist. «Die Unternehmen müssen lernen, damit erfolgreich umzugehen», folgert Robert Schumacher, Customer Intelligence Solutions Manager bei der SAS Institute AG. Oder anders ausgedrückt: «Der Kunde sitzt im Driver-Seat.» Es gelte daher, nach Wegen zu suchen, Informationen aus sozialen Netzwerken für ein verbessertes Kundenbeziehungsmanagement oder einen verstärkten Kundenservice zu nutzen.
Unternehmen wie SAS bieten Lösungen an, mit denen unternehmensfremde Websites und soziale Netzwerke analysiert, Opinion Leader identifiziert sowie Webverhaltensweisen auf Einzelkundenebene beobachtet werden können. Die Unternehmen erhalten dadurch nicht nur eine realitätsnahe Aussenansicht auf die eigenen Produkte, Leistungen, Brands und Einflussfaktoren, sie erkennen auch, wie soziale Netzwerke den Unternehmenserfolg beeinflussen bzw. beeinträchtigen. CRM-Verantwortliche können damit zeitnah und effizient auf Fragestellungen zu Marke, Medien, Public Relations und Kundendienst reagieren. «Die intelligente Nutzung von Informationen aus sozialen Netzwerken ist zentraler Differenziator im Wettbewerb», ist Schumacher überzeugt.
Eine Einschätzung, die Andreas Zipser, Mitglied der Geschäftsführung bei der CAS Software AG, teilt: «Es ist heute leicht möglich, Social Media Content im CRM-System strukturiert abzulegen. Per Knopfdruck können sich die Mitarbeiter das Xing-Profil anzeigen lassen, die Tweets des Kunden und jedes weiteren Portalbesuchers lesen.» Die Informationen seien so umfassender und vor allem stets aktuell. Das Produktmanagement erfährt aus den kumulierten Daten, welche Funktionen begeistern und an welchen Stellen Optimierungsbedarf besteht. Auch können die geheimen Wünsche der Kunden und Interessenten aus den Daten herausgelesen werden. «Wer diese Wünsche kennt und überraschend erfüllt, ist der Konkurrenz einen grossen Schritt voraus», meint Zipser.
Mobile Anwendungen liegen ebenfalls stark im Trend. «Welcher Geschäftsführer oder Aussendienstler hätte vor zehn Jahren ernsthaft gedacht, mit einem kleinen Smartphone problemlos und preisgünstig mobiles Kundenmanagement zu betreiben? Heute ist es zum Standard geworden. Sogar kleine und mittelständische Unternehmen statten ihre Mitarbeiter mit iPhones und Netbooks aus, um mit mobilem CRM zu punkten», so Zipser.
Von diesen mobilen CRM-Apps bzw. -Lösungen werden am Swiss CRM Forum im Zürcher Hallenstadion einige zu sehen sein.
Datenflut bändigen
Voraussetzung ist allerdings, dass die riesige Datenflut auch strukturiert genutzt wird. Christoph Wille, CRM Services Leader bei IBM Schweiz, skizziert das Problem: «Social Networks und Web 2.0 haben zur Folge, dass riesige Mengen an Informationen produziert und ausgetauscht werden. Daraus ergibt sich für das CRM der Zukunft die Herausforderung, aus dieser Datenflut die entscheidenden Informationen herauszufiltern und für das eigene Business nutzbar zu machen.» IBM präsentiert am Swiss CRM Forum eine Web-Content-Mining-Lösung, die automatisiert strukturierte und unstrukturierte Daten aus dem Internet oder Intranet sammelt, die für Marketing, Wettbewerbs- und Marktbeobachtungen sowie fürs Risikomanagement eingesetzt werden können.
«Der nächste Hype im CRM wird in mobilen Anwendungen und in den Social Media liegen», erwartet René Meier, CRM-Experte und Forum-Veranstalter. Die spannenden Fragen: Was lässt sich mit CRM-Apps bewegen? Wie kann man Kunden online in das Produktdesign einbinden? Die Community des Swiss CRM
Forum wird diese Fragen diskutieren und Antworten finden.
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Ursula Pelzl