S/4Hana 03.02.2015, 18:40 Uhr

«Grösster Launch in 23 Jahren SAP-Geschichte»

1800 Mal schneller, schlanker, benutzerfreundlicher - SAP präsentiert in New York seine neue Business Suite auf Hana. Das meint die Deutschsprachige SAP Anwendergruppe (DSAG) dazu.
SAP bringt eine neu kodierte Version seiner Enterprise Suite für Hana auf den Markt (SAP S/4Hana). Das gab das Unternehmen am Dienstag in der New Yorker Börse bekannt. CEO Bill McDermott, der für Schweizer Ohren immer etwas zu kräftig auf die Pauke haut, sprach vom "grössten Markt-Launch der letzten 23 Jahre in der Geschichte der SAP". McDermott gab aber nur den Vorredner für Hasso Plattner. Der SAP-Gründer und Aufsichtsratsvorsitzende liess es sich nicht nehmen, die neue Hana-optimierte Enterprise Suite persönlich vorzustellen.

S/4Hana: 1800 Mal schneller

Plattner bedankte sich mit dem ihm eigenen Understatement höflich für die ihm zuteil werdende Ehre, und legte dann los. Mit der neuen SAP S/4Hana integriert Walldorf die Enterprise-Suite-Module ERP, CRM, SRM, SCM und PLM zum ersten Mal in einem System. Insgesamt werden Analysen um bis zu 1800 Mal schneller. Es sei zum Beispiel kein Problem, die Performance eines Unternehmens von der Grösse der SAP "on the fly" in etwa drei Sekunden zu berechnen (simulierter Jahresabschluss).
Die extrem hohen Performance-Gewinne gehen natürlich auf das Konto der SAP-eigenen In-Memory-Datenbank Hana. Dadurch fallen temporäre Dateien und Indizes, wie sie von Disk-Datenbanken benötigt werden, schon einmal weg. SAP hat den Sourcecode, der auf Hana läuft, im Vergleich mit dem Disk-System um 60 Prozent reduziert. Ausserdem unterscheidet SAP, und das ist ein neuer Richtungsschwenk, nun zwischen aktuellen (hot data) und historischen Daten (cold data). Dieses Manko hatte die Datenbank-Konkurrenz der SAP wiederholt vorgeworfen. Unterschiedslos alles in den teuren Arbeitsspeicher zu packen sei unnötig, unrentabel und zu teuer, lautete das gängige Argument. SAP hat die Kritik offensichtlich beherzigt und sein Datenmodell geändert: Das Verhältnis zwischen heisen/aktuellen und kalten/historischen Datentypen betrage typischerweise 1 : 3 bis 1 : 4, und nur die heissen Daten landen, das ist neu, auch im Arbeitsspeicher (in-memory). Die aktuellen Daten würden zudem, wie Google das auch praktiziert, auf mehrere Instanzen verteilt, was die Performance weiter erhöhe, erklärte Plattner (Parallelverarbeitung).

Abgespeckt: von 593 auf 8,4 GByte

Plattner gab ein konkretes Beispiel, ohne allerdings den Namen des Kunden preis zu geben: Durch das neue, abgespeckte Datenmodell reduziert sich die Datenlast von 593 GByte (klassische Disk-Datenbank) auf 118,6 GByte (Hana klassisch) auf 42,4 GByte (S/4Hana) auf 8,4 GByte (nur aktuelle Daten in Hana). SAP betonte auf der Veranstaltung mehrmals, dass es sich um eine "weiche Migration" handele. Das alte Datenmodell und die alten GUIs würden nach wie vor unterstützt. Nur läuft die Enterprise Suite dann eben nicht so performant wie die neue, auf Hana optimierte S4. Ausserdem kommen die Anwender nicht in den Genuss der intuitiv bedienbaren Fiori-Benutzeroberflächen. Nächste Seite: Das kritisiert die DSAG

Das sagt die DSAG

Bereits wenige Minuten nach Ende des Markt-Launches in New York trudelten bei CW die Statements der Deutschsprachigen SAP Anwendergruppe (DSAG) ein, die Kunden aus der Schweiz, Österreich und Deutschland vertritt. SAP S/4Hana sei die Evolution der bisherigen SAP Business Suite. Das Produkt eigne sich für visionäre Unternehmen, für die innovativ abgebildete Geschäftsprozesse einen grossen Wettbewerbsvorteil darstellten, urteilt der DSAG-Vorstandsvorsitzende Marco Lenck. Für den Grossteil der Unternehmen dürfte das Produkt jedoch noch Zukunft bleiben, denn deren Prioritäten lägen eher auf klassischen Projekten rund um das ERP. Aus Sicht der DSAG sei die Tatsache erfreulich, dass Kunden grundsätzlich ein schrittweiser Übergang aus der bestehenden ERP-Welt in SAP S/4Hana ermöglicht werde, sagt Gerhard Göttert, Vorstand Anwendungsportfolio bei der DSAG, und fordert ausserdem: "Wir erwarten in diesem Zusammenhang, dass die Kunden beim notwendigen Transformationsprozess von der SAP begleitet werden". Die neue S/4Hana kann on-premise, in der privaten Cloud und in der public Cloud betrieben werden. Göttert erwartet, dass der Funktionsumfang der S4 für alle Betriebsmodelle identisch ist. Sollte es Einschränkungen geben, müssten die von SAP klar kommuniziert werden.

DSAG-Vorstand Oczko: «Keine weiteren Lizenzkosten»

Andreas Oczko, Vorstand Operations/Services & Support bei der DSAG, will steigenden Kosten bereits vorsorglich einen Riegel vorschieben: "Wir als DSAG sind davon überzeugt, dass die Kunden ein Anrecht darauf haben, dass über die Datenbank hinaus keine weitere Lizenzkosten für SAP S/4Hana entstehen. Die Unternehmen werden sich die Entwicklung in diesem Bereich genau anschauen und sehen, ob das Produkt einen entsprechenden Mehrwert liefert". Ausserdem müssten, und das ist Oczko wichtig, bestehende SAP-Produkte im Rahmen der Wartungszusage bis 2025 signifikant weiterentwickelt werden. Bestehende Produkte müssten seitens SAP zumindest gleichberechtigt zu S/4Hana behandelt werden. Update: Typischerweise zahlen Kunden 15 Prozent der Lizenzsumme für die Datenbank, auf der SAPs Business-Software läuft. Ganz gleich, ob es sich jetzt um eine Datenbank von Oracle, IBM oder um Hana handelt. SAPs Rolf Schumann sagte zu CW, dass im Rahmen einer Promotion, die Kunden die Migration auf Hana erleichtern soll, keine weiteren Kosten anfallen. Die Details und die Laufzeit der Promotion würden in den nächsten Tagen kommuniziert. Da lauert sicher Zündstoff für Diskussionen; SAP scheint ein heisser Frühling bevorzustehen. 



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