«Colocation war gestern»
«Rundum-Wohlfühlpakete»
Interessant ist, dass auch Hans Jörg Rütsche diese Tendenz sieht. Der Data-Center-Architekt, der diverse RZ-Grossprojekte in der Schweiz umgesetzt hat und heute Miteigentümer und CEO der Winterthurer Grapin (ehemals DataHub) ist, registriert ebenfalls den Vormarsch von Cloud-Lösungen. Colocation werde zwar noch thematisiert, führt er aus, sei aber oft nur noch fürs Backup gefragt. Dedizierte Rack-Angebote seien für die Unternehmen kaum mehr von Interesse. Zudem verschwände hierzulande immer öfter das zweite RZ in den Firmen. Im Fokus sieht auch er IT-Strategien, die den Unternehmen den Umstieg in die Cloud-Nutzung erleichtern. Das sei eine Situation, die inzwischen auch bei den KMU angekommen sei, wie Rütsche anfügt. Allerdings habe diese Entwicklung auch die Sensibilität für die Orte, an denen die Daten gelagert seien, wachsen lassen, schiebt er nach. Inzwischen hätten selbst die Hyperscaler erkannt, dass sie mit ihren RZs vor Ort sein müssen. Auch hiesige Unternehmen wollen sich bei der IT-Nutzung nicht mehr durch die Grenzen eines RZs beschränken lassen. Ein breites Connectivity-Angebot gerade zu den Hyperscalern werde heute vorausgesetzt. Dass hiesige RZ-Betreiber diesbezüglich mit den weltweit agierenden Konkurrenten zusammenarbeiten müssen, verstehe sich von selbst.
“RZ-Provider müssen den wachsenden Beratungsbedarf adressieren können„
Hans Jörg Rütsche, Grapin
Rütsche sieht zudem einen neuen Arbeitsbereich im RZ-Business entstehen, denn künftig müssten RZ-Provider den wachsenden Beratungsbedarf ihrer Kunden adressieren können. Wer «Rundum-Wohlfühlpakete» liefern könne, sei im Vorteil, wie er anfügt. Es gehe längst nicht mehr nur darum, RZ-Platz zu haben, unterstreicht er die Einschätzungen von Semprini. Vielmehr habe man heute Angebote vorzulegen, deren Offerten vom Datenschutz bis zur Finanzierung alle Aspekte des Servicebezugs zu umfassen haben.
Mit Connectivity Grenzen sprengen
Wie zentral für die immer öfter geforderte Cloud-Nutzung aus einem RZ ein breites Portfolio mit Verbindungsoptionen ist, haben die internationalen RZ-Player schon länger erkannt. Dass Equinix in der Schweiz seine Kapazitäten ausbaut, ist auch dieser Tatsache geschuldet. So hat Semprini soeben erst eine Zusammenarbeit mit der Swisscom bekannt gegeben. Dabei nutzt die internationale Kundschaft der Swisscom-RZs die Cloud Exchange Fabric von Equinix, um sich sicher und direkt mit Cloud-Service-Providern wie beispielsweise AWS, Microsoft Azure, die Google Cloud Platform, mit IBM SoftLayer, der Oracle Cloud oder mit Salesforce und der vCloud Air von VMware zu verbinden.
Nicht anders sieht es bei einem anderen grossen RZ-Player aus. Auch Interxion baut derzeit in Glattbrugg massiv aus. Und auch Pressesprecher Thomas Kreser streicht heraus, dass der Zürcher Campus die Netzwerk-PoPs von AWS (Direct Connect), Google (Cloud Interconnect) und Microsoft (Express Route) beherberge. Die Verbindung zu AWS und Microsoft sind die jeweils einzigen PoPs der Hersteller in der Schweiz, betont Kreser, «also die einzigen Möglichkeiten, sich physisch direkt mit diesen Clouds zu verbinden». Der Express-Route-Knoten von Microsoft sei soeben erst in Glattbrugg life gegangen, fügt er nicht ohne Stolz an. Technisch sei das deshalb interessant, weil auch alle «Verbindungen zum Schweizer Cloud-Rechenzentrum von Microsoft über diesen Knoten laufen müssen».
Autor(in)
Volker
Richert