RZ-Geschäft im Umbruch 01.07.2019, 07:00 Uhr

«Colocation war gestern»

Für die Auguren von Gartner ist das traditionelle Data Center ein Auslaufmodell. Die Digitalisierung verwandelt die Ansprüche, welche die blosse Colocation zu einem Sonderfall machen. Mit der Cloud-Nutzung rückt die Connectivity in den Fokus.
(Quelle: Pexels)
Parkplätze gibt es derzeit an der ehemaligen Blumenbörse im Zürcher Oberengstringen wenige. Es wird gebaut und die unterschiedlichsten Handwerker bevölkern das Firmengelände. Das Elektrizitätswerk Zürich baut ein Kraftwerk und Equinix selbst ist dabei, seine Rechenzentrumsfläche markant zu erweitern. Dessen hiesiger Chef will allerdings nicht sagen, für wen da gebaut wird. Dass es sich um einen der grossen Hyperscaler handelt, mag Roger Semprini weder bestätigen noch dementieren. Insofern also nichts Neues von einer Branche, deren Gold die Daten sind und die verschwiegen wie die Finanzindustrie agiert. Statt Quadratmeter zu zählen, macht Semprini auf einen neuen Trend aufmerksam: Colocation war gestern, hält er fest, Connectivity sei das zentrale Thema, das gerade bei den grossen Playern die derzeitigen Ausbauten treibe. Aus- und Neubauten von Schweizer RZ-Anbieter sind im vergangenen Jahr denn auch kaum zu registrieren.
Semprini stützt seine These auf einen im letzten Jahr erschienenen Report von Gartner. Demnach ist im Rahmen der Digitalisierung eine Entwicklung in Gang gekommen, bei der traditionelle Rechenzentren (RZ) gerade noch der Verwaltung der Altbestände dienen und für sehr spezifische Dienste im Einsatz stehen. Benötigt werden sie nur noch für Systeme, die anders nicht unterstützt werden können oder vor Ort am wirtschaftlichsten zu betreiben sind.

Cloud Computing als Treiber

Der sich abzeichnende Wandel ist insbesondere vom Cloud Computing getrieben. Damit geht einher, dass vermehrt zusätzliche Verbindungsoptionen von den RZ-Anbietern erwartet werden, genauso wie nach Anwendungen für das Internet der Dinge, Edge-Services und Saas-Angebote gefragt wird. Statt sich an bestehenden physischen Infrastrukturen zu orientieren, passen die Unternehmen ihre Strategien dem Anwendungsportfolio an. Entscheidungen aufgrund einer herkömmlichen IT-Architektur treten in den Hintergrund und werden durch servicegetriebene Strategien ersetzt. Teilt man den Optimismus von Gartner, werden statt derzeit 10 Prozent der Unternehmen 2025 bereits 80 Prozent der Unternehmen diesen Wandel geschafft haben.
Für Semprini geht der sich hier abzeichnende Trend Hand in Hand mit dem Rückgang der Nachfrage nach blos­sem Platz oder Rack-Kapazität in einem RZ. Und Gartner sieht Unternehmen, die schnell und rationell neue Anwendungen platzieren wollen, vor der Herausforderung, Geschäftsregeln zu installieren, die sich auf Bereiche wie Compliance, Datenschutz, Sicherheit, Latenz, Ausfallsicherheit, Reputation, Servicekontinuität, Standort, Verfügbarkeit und Leistung konzentrieren. Solche Richtlinien werden bestimmend dafür, wo aktuelle und künftige Workloads hingehören, und sie werden auch zur Grundlage für die Entwicklung einer umfassenden Infrastruktur-Upgrade-Strategie, hält der Report fest.

Autor(in) Volker Richert



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