06.08.2009, 13:17 Uhr

Unix feiert 40. Geburtstag

Werfen Sie mit uns einen Blick auf die Entstehungsgeschichte von Unix. Der Artikel unserer deutschen Schwesterpublikation "Computerwoche" erläutert unter anderem, wie im August 1969 alles begann.
Andrew Tanenbaum (Creative Commons/Wikimedia)
Der Programmierer Ken Thompson hatte im Sommer 1969 viel Zeit, endlich seine Ideen für ein neues Betriebssystem zu verfolgen. Seine Ehefrau und sein Sohn waren für einen Monat in den Sommerurlaub gefahren, so dass er ungestört arbeiten konnte. Auf einem PDP-7 Minicomputer von der Digital Equipment Corp. schrieb er im August 1969 die erste Unix-Version. Für Betriebssystem, Eingabeschnittstelle (Shell), Editor und Assembler-Sprache benötigte er jeweils nur eine Woche.
Thompson arbeitete damals für die Bell Laboratories. Die AT&T-Tochter hatte wenige Monate zuvor, im März 1969, das Entwicklungsprojekt Multics (Multiplex Information and Computing Services) wegen anhaltender Probleme gestoppt. Multics hatte ein Time-Sharing-System zum Ziel. Wie sein Kollege Dennis Ritchie war Thompson Mitglied des Projekt-Teams. Beide waren seit Projektende etwas orientierungslos. Vor allem hatten sie keine Lust, sich weiter mit den damals üblichen Batch-basierenden Betriebssystemen abzufinden. Allerdings wollten sie auch nicht die Arbeiten an Multics weiter verfolgen. Nachdem sie einige Ideen verworfen hatten, schrieb Thompson die erste Version des Betriebssystems. Gemeinsam mit Ritchie entwickelte er es über die kommenden Jahre weiter. Hilfe bekamen die beiden von den Bell-Labs-Kollegen Doug McIlroy, Joe Ossanna und Rudd Canaday.
Die Programmierer übernahmen einige im Rahmen des Multics-Projekt entwickelten Prinzipien. Sie achteten aber stets darauf, das Betriebssystem möglichst einfach zu halten. "Ein leistungsstarkes Betriebssystem muss nicht aufwändig sein", schrieben Ritchie und Thompson später in der Fachzeitschrift "Communication of the ACM" (CACM). "Wir hoffen, dass die Anwender Unix vor allem als einfaches, elegantes und gut zu bedienendes Betriebssystem erachten."
Die Unix-Geschichte im Zeitraffer:
1969
Der bei den Bell Laboratories angestellte Programmierer Ken Thompson legt im August 1969 die Grundlagen für Unix. Das Betriebssystem ist anfangs namenlos. Geschrieben hat es Thompson auf einem PDP-7 Minicomputer.

1970

Das Betriebssystem bekommt den Namen Unics (Uniplexed Information and Computing Service). Die Bezeichnung spielt auf das ausufernde Vorläuferprojekt Multics (Multipexed Information and Computing Service) an. Später änderte sich der Name auf ungeklärte Art und Weise in Unix.

1971

Im Februar des Jahres wird Unix auf den leistungsstärkeren Minirechner PDP-11 portiert.
Im November veröffentlichen Thompson und Ritchie erstmals das Handbuch "Unix Programmers Manual".

1972

Ritchie entwickelt die Programmiersprache C, basierend auf Thompson Vorarbeiten. Thompson überarbeitet C und ermöglicht damit die Portierung auf andere Plattformen.

1973

Unix reift heran. Die "Pipes" werden hinzugefügt. Sie ermöglichen die Kommunikation zwischen den Programmen und beeinflussen die Entwicklung von Betriebssystemen für kommenden Jahre.
Unix wird in C umgeschrieben.

1974

Im Januar 1974 bekommt die Berkely-Universität in Kaliforniern eine Unix-Kopie. Im Juli erscheint im Monatsmagazin der US-Informatik-Gesellschaft Association for Computing Machinery (ACM) der Artikel "The Unix Timesharing System". Die beiden Autoren, Dennis Ritchie und Ken Thompson, bezeichnen ihr Werk als interaktives, Multi-User-fähiges Betriebssystem für den allgemeinen Gebrauch.

1976

Der Bell-Laps-Programmierer Mike Lesk entwickelt UUCP (Unix to Unix Copy Program). Das Programm transferiert Dateien, E-Mails und Usenet-Inhalte über ein Netzwerk.

1977

Unix wird erstmals auf Plattformen portiert, die nicht von DEC stammen: Auf eine Interdata 8/32 und den IBM-Mainframe S/360.

1978

Bill Joy, ein Absolvent der Berkely-Universität, verschickt Kopien seiner ersten Berkeley Software Distribution (1BSD). Dahinter verbirgt sich ein Bell-Labs-Unix der Version 6 mit einigen Zusatzprogrammen. BSD entwickelte sich zu einem Kontrahenten für das Unix-Betriebssystem von AT&T. In den folgenden Jahren erscheinen viele Varianten, darunter FreeBSD, NetBSD, OpenBSD, Dec Ultix, SunOS, Nextstep/Openstep und Mac OS.

Die Unix-Kriege der 80er-Jahre

1980

4BSD ist das erste Unix-Betriebssystem mit TCP/IP. Das Entwicklungsprojekt wurde vom US-amerikanischen Verteidigungsministerium unterstützt.

1982

Bill Joy gründet zusammen mit Partnern Sun Microsystems, um Unix-basierende Workstations zu fertigen.

1983

AT&T veröffentlicht die erste Version des einflussreichen Betriebssystems Unix System V. Es wird später zur Basis von IBMs AIX und Hewlett-Packards (HPs) HP-UX.
Ken Thompson und Dennis Ritchie werden von der wissenschaftlichen Informatikgesellschaft Association for Computing Machinery (ACM) ausgezeichnet.
Richard Stallman macht Pläne für die freie Software GNU öffentlich (GNUs not Unix).

1984

Auf der Veranstaltung Usenix/UniForum im Winter 1984 beschreibt der Carrier AT&T seine Unix-Pläne: "Keine Werbung, kein Support, keine Bug-Fixes, Zahlung im Voraus."
In Europa gründet sich ein Konsortium von IT-Herstellern unter dem Namen X/Open. Es verfolgt das Ziel, Unix im "X/Open Portability Guide" zu standardisieren.
1985
AT&T startet mit der "System V Interface Definition" (SVID) einen Versuch, Unix zu standardisieren.

1986

Rick Rashid entwickelt mit Kollegen der Carnegie Mellon University die erste Version des Mach-Kernels. Er ersetzt den Kernel im BSD-Unix und schafft damit ein Betriebssystem mit guter Portabilität und starken Sicherheitsmechanismen, das auch in Multiprozessor-Umgebungen läuft.

1987

Die Bell Labs und Sun Microsystems geben Pläne bekannt, gemeinsam ein System zu entwickeln, das die beiden Unix-Derivate zusammenführt.
Andrew Tanenbaum, Professor für Informatik an der Freien Universität Amsterdam, schreibt mit Minix einen Open-Source-Clone für seine Vorlesungen, nachdem AT&T die Nutzung des Unix-Source-Codes an Universitäten für Lehrveranstaltungen untersagt.

1988

Der Unix-Krieg tobt. Als Reaktion auf die Partnerschaft zwischen AT&T und Sun, gründen Unix-Anbieter wie DEC, HP und IBM die Open Software Foundation (OSF), um einen Unix-Standard zu entwickeln. AT&T kontert und ruft zusammen mit Partner das Konsortium Unix International ins Leben.
Das offizielle Standardgremium IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) veröffentlicht mit Posix (Portable Operating System Interface for Unix) eine standardisierte Schnittstelle zwischen Applikationen und Betriebssystem.

1989

Unix System Labs, eine Tochter von AT&T Bell Labs, bringt Unix System V, Release 4 (SVR4) auf den Markt. Das Betriebssystem ist das Ergebnis der Kooperation mit Sun Microsystems und vereint die Derivate System V, BSD, SunOS und Xenix.

Die 90er Jahre: Linux wirbelt den Markt auf

1990

Die Hersteller-Allianz veröffentlicht mit dem Betriebssystem OSF/1 einen ersten Gegenentwurf zum SVR4. Die Software basiert im Wesentlichen auf BSD und Mach.

1991

Sun Microsystems entwickelt SVR4 weiter und bringt es unter dem Namen Solaris auf den Markt.
Linus Torvalds schreibt den Open-Source-Kernel Linux. Als Grundlage dient ihm das von Tanenbaum geschriebene Minix-Betriebssystem.

1992

Der Linux-Kernel wird mit GNU verschmolzen. Daraus entsteht das Betriebssystem GNU/Linux, das heute unter dem einfachen Namen Linux bekannt ist.

1993

Der Carrier AT&T verkauft seine Tochter Unix System Laboratories samt der Rechte am Unix-Betriebssystem an Novell.
Novell verkauft die Rechte am Markenzeichen "Unix" weiter an die X/Open Group.
Microsoft bringt mit Windows NT ein leistungsstarkes 32-Bit-Betriebssystem heraus. Die Furcht vor einem NT-Erfolg verstärkt die Standardisierungsbemühungen im Unix-Lager.

1996

X/Open verschmilzt mit der Open Software Foundation zur The Open Group

1999

US-Präsident Bill Clinton ehrt Ken Thompson und Dennis Ritchie für ihre Arbeiten in den Bell Labs.
2001
Apple veröffentlicht mit Mac OS X ein Desktop-Betriebssystem, das auf Basis des Mach-Kernels und des BSD-Betriebssystems entwickelt wurde.
Caldera übernimmt die Unix-Sparte von SCO. SCO ändert den Firmennamen in Tarantella. Aus Caldera wird The SCO Group.

2002

The Open Group kündigt Version 3 der Single Unix Specification unter der Bezeichnung Spec 1170 an.

2003

The SCO Group verklagt IBM wegen der Nutzung und Verbreitung urheberrechtlich geschützten Quellcodes im Linux-Kernel. IBM hatte vermehrt auf Linux statt auf das hauseigene Unix-Derivat AIX gesetzt. IBM klagt zurück. SCO kündigt weitere Klagen gegen Linux-Distributoren an.
Von den vielen Unix-Derivaten der Vergangenheit sind nur noch IBMs AIX, HP-UX und Suns Solaris von Bedeutung
2004
The SCO Group klagt gegen Linux-Anwender, darunter DaimlerChrysler. Die Klage wird abgewiesen.

2005

Sun Microsystems bringt den Großteil des Quellcodes von Solaris in das Open-Source-Project OpenSolaris ein. Neue Entwicklungen wie etwa das Dateisystem ZFS werden Open Source gestellt.

2007

The SCO Group meldet Insolvenz an. Das Unternehmen verliert den Rechtsstreit gegen Novell. Damit ist auch die Klage gegen IBM hinfällig.



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