Schweiz früh im Netz

Das Schweizer Forschungsnetz

Im März des gleichen Jahres berichtete Computerworld, die ETH Zürich habe bei NEC einen «Supercomputer der derzeit höchsten Leistungsklasse» geordert. Mit dem Zuschlag gingen die Wettbewerber Cray und Fujitsu-Siemens leer aus. Und die Japaner von NEC feierten eine Premiere. Sie hatten noch nie einen Hochleistungsrechner ins Ausland geliefert. Der damals brandneue SX-3 verfügte über zwei Zentralrechnereinheiten mit je 2,75 Milliarden FLOPS (Floating Point Operations Per Second) und kostete 23 Millionen Franken. Bei der Vernetzung wurde allerdings noch gespart: «Adula» – benannt nach dem Rheinwaldhorn – war über einen «Hochgeschwindigkeitskanal» mit den beiden ETHs verbunden. Durch den Kanal passten 2,0 Mbit/s. Der Ausbau auf 34 Mbit/s war allerdings schon geplant, doppelte Computerworld im April 1991 nach.
Mit der Installation im Tessin entstand vor 30 Jahren eine vierte Computer-Hochburg in der Schweiz – neben dem CERN und den ETHs. Die Rechner in Manno standen ursprünglich nur den schweizerischen Hochschulen für «spezielle Forschungsarbeiten mit grossen Datenmengen» zur Verfügung. Dabei wurde in erster Linie an die Ingenieur- und Naturwissenschaften gedacht – beispielsweise für die Simulation physikalischer Prozesse. Und weniger an die Informatik selber. Wie schnell sich die Disziplinen an­nähern sollten, war damals für Computerworld noch nicht absehbar. Die Zeitung berichtete vielmehr, dass die Zuteilung der Rechenzeit an die einzelnen Projekte nicht nach einer «Quotenregelung» erfolge, sondern nach Qualität und Wichtigkeit der Forschungsarbeiten.
Im Gegensatz zur heutigen Situation – in der das na­tionale Hochleistungsrechenzentrum auch Analysen für das CERN vornimmt – existierte 1991 noch keine Koope­ration. Die Daten aus dem 1989 fertiggestellten «Large Electron-Positron Collider» wurden noch lokal in der Westschweiz gespeichert und verarbeitet. Das CERN besass damals allerdings auch schon eine direkte Anbindung an das US-amerikanische «ANSnet». Und Tim Berners-Lee stand an der Schwelle, sein Forschungsprojekt «World Wide Web» in die Praxis zu überführen.

Das Telefonbuch des CERN

Berners-Lee hatte in seinem CERN-Büro schon zu Beginn des Jahres 1991 alle notwendigen Technologien fertig entwickelt. Sie waren allerdings noch auf die Next-Plattform beschränkt. Diese Einschränkung überwand die CERN-Gaststudentin Nicola Pellow, indem sie einen einfachen Text­browser programmierte, der auf beliebigen Plattformen lief. Um die Nutzung der neuen Technologie innerhalb des Kernforschungszentrums zu fördern, veröffentlichte Berners-Lee-Kollege Bernd Pollermann das CERN-Telefonbuch im Web. Anstatt sich auf den Mainframe für die Abfrage einer Durchwahlnummer einzuloggen, konnten nun die Informationen via Browser abgefragt werden.
Der 6. August 1991 wird als Geburtstag des Word Wide Web bezeichnet. An dem Tag ging allerdings nicht das Tele­fonbuch des CERN online. Vielmehr veröffentlichte Berners-Lee an dem Tag eine Zusammenfassung seines Projekts in der Newsgroup «alt.hypertext». Gleichzeitig lud er die Interessierten weltweit ein, sich an dem Projekt zu beteiligen. In Berners-Lees Büro im CERN lief damals schon der erste Webserver – mit detaillierten Informationen zum Projekt und zum Quellcode. Die Plattform für den Webserver war der brandneue Next Cube, den Berners-Lee aufgrund seiner grafischen Bedienoberfläche und der passenden Entwicklungsumgebung gewählt hatte.



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