KI omnipräsent 17.12.2024, 16:07 Uhr

Forcierte Entwicklung, schnelle Fortschritte

Festnetze und Mobilfunknetze bieten Privat- und Geschäftskunden dank konvergenter Konnektivität neuartige Anwendungen. Was wir vom nächsten Innovationsschritt erwarten können, erklärte am asut Lunch-Forum Dang Wenshuan, Chief Strategy Architect von Huawei Technologies.
Dang Wenshuan, Chief Strategy Architect von Huawei Technologies, gab detaillierte Einblicke in die Entwicklungstrends bei den Glasfaser- und Mobilfunknetzen.
(Quelle: Rüdiger R. Sellin)
Die künstliche Intelligenz (KI) hat längst die Front erreicht und durchdringt wie ein Sturmtief praktisch alle Lebensbereiche. Noch vor 5-6 Jahren belächelte man noch erste Gehversuche wie Chat-Bots auf Homepages, die mässig hilfreiche Hilfestellungen auf gezielte Fragen gaben. Doch nun erreicht KI eine weitere Stufe auf dem Weg zu einer der wichtigsten Technologien der Gegenwart.
Dang Wenshuan, Chief Strategy Architect von Huawei Technologies
Quelle: Rüdiger R. Sellin

Netzkonvergenz und KI

Die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien schreitet rasant voran und wird durch KI deutlich beflügelt. Dang Wenshuan, Chief Strategy Architect von Huawei Technologies, gab am asut-Anlass detaillierte Einblicke in die Entwicklungstrends bei den Glasfaser- und Mobilfunknetzen. Diese ergänzen sich ideal und bieten Privat- und Geschäftskunden dank konvergenter Konnektivität ein erweitertes Anwendungsspektrum, wobei die künstliche Intelligenz (KI) im Zentrum steht. Angetrieben von den Standardisierungsorganisationen 3GPP und ETSI werden neue Standards etwa für 5G Advanced (oder 5G+) entwickelt, die stark auf KI ausgerichtet sind und für ein neuartiges Benutzererlebnis sorgen werden.
Gemäss einer Umfrage unter 470 CEOs aus unterschiedlichen Industrien denken 59% von ihnen, dass KI einen grossen Einfluss auf den Geschäftsgang haben. 89% erwarten in Kürze einen Durchbruch dieser Technologie. Neue Funktionen werden implementiert, die Netzleistung verbessert und der Stromverbrauch weiter gesenkt. Effizienz steht rundum im Fokus, um mit weniger Energie- und Zeitaufwand bessere Ergebnisse liefern zu können. Wenshuan zeigte die stark zunehmende Datenintensität und -komplexität auf, welche dank KI schnell zunähmen und zu immer grösseren Datencentern hoher Rechenleistung führten. Im Zentrum stehe das Sammeln und intelligente Auswerten von Daten.

«Intelligente Industrie»

Wenshuan erwähnte sechs Teilbereiche, welche ein intelligentes Unternehmen ausmachen. Dazu gehören:
  • Permanent verbundene Ressourcen
  • Rundum auf KI ausgerichtete Infrastruktur
  • Völlig autonomer IT- und Netzbetrieb
  • «Augmented Reality & Workspace»
  • Adaptive User-Experience
  • Sich selbst entwickelnde Produkte, etwa abhängig vom Kundenerlebnis
Dank KI könne ein Telco eine den Verkehr in seinen Netzen genauer voraussagen und seine «Network Policy» automatisiert implementieren – und dies nach täglich wechselnden Muster, je nach Anzahl User im Netz und der entsprechenden Verkehrslast, geplanten und unvorhersehbaren Ereignissen oder bevorzugten Kunden wie Premium-Kunden oder Blaulichtorganisationen. Telcos könnten dank KI zudem ihren Netzbetrieb teilweise oder vollständig automatisieren.

Dazu besteht ein permanent laufender, von einem KI-Agent ausgeführter Prozess, bestehend aus
  • Network Monitoring
  • Analyse von Anomalitäten
  • Laufende Optimierung
  • Automatische (oder optional manuelle) Eingriffe
KI helfe nach Erfahrungen von Huawei aber auch, den Kundenservice zu verbessern. Untersuchungen zeigen, dass eine Fehlerbehebung auf dem Internet-Anschluss ab Meldung durch den Kunden bis zur Behebung rund 60-90 Minuten in Anspruch nimmt. Mithilfe von KI dauert es im Schnitt nur noch 30 Minuten, weil KI oft innert weniger Sekunden nach einer Fehleranalyse gezielte Hinweise geben kann, wo der Fehler liegt – mit Erfolg. Denn derartige Systeme befinden sich bereits im praktischen Einsatz.

Neue Möglichkeiten

Neben den Telcos profitieren aber auch andere Bereiche von KI, so das autonome Fahren. Wenshuan schwärmte von kürzeren Fahrzeiten, weniger Stau, sicherem Fahren und einfachem Parken. So läuft in Zhengzou ein Betriebsversuch mit rund 80'000 per Kamera erfassten Parkplätzen, wobei jederzeit bekannt sei, wer wo parkt (Abrechnung der Parkgebühren) und wo ein Parkplatz frei sei (Meldung an den Fahrer und der Route dorthin). Und in Wuhan laufen rund 1'000 Robot Taxis, die automatisierte Fahrdienste für Kunden ohne Auto anbieten. Während für die einzelnen Parkplätze nur je eine via 5G und 5 Mbit/s angebundene Kamera nötig sei, verwende ein Robot Taxi gleich sechs mit einem 5G-Link von rund 24 Mbit/s.
Apropos 5G: Gemäss Wenshuan stünden 2025 in der 5G-Standardisierung wichtige Entscheidungen bevor. Wolle man so weiterfahren wie bisher, also Evolution statt Revolution betreiben und die 5G-Systeme schrittweise weiterentwickeln oder ist ein Marschhalt bei den Entwicklungen etwa für 6G nötig? Wenshuan arbeitet bereits 2011 am Thema 5G und sagte, dass 5G heute besser sein könne, wenn man es gründlicher spezifiziert und vorbereitet hätte. Dies sei bei 5G Advanced und 6G unbedingt zu vermeiden, damit sich die hohen Erwartungen erfüllen könnten.
Interessiertes Publikum im so genannten «Empire-Saal» mit seinem klassizistischen Stil. Er befindet sich im ersten Stock des Berner «Restaurants zum äusseren Stand» und vermittelt Geschichte und Eleganz zugleich.
Quelle: Rüdiger R. Sellin

Fazit

Am asut Luch-Forum wurde einmal mehr deutlich, dass asiatische Länder wesentlich technikaffiner und neuen Entwicklungen deutlich offener gegenüberstehen als viele europäische Länder wie auch der Schweiz. Dies zeigt sich seit bald zwei Jahrzehnten beim harzigen FTTH-Rollout ebenso wie beim Ausbau der hiesigen Mobilfunknetze wie 5G. Beide ergänzen sich gut als Zugangstechnologien und sollen Privat- wie Geschäftskunden Unternehmen eine konvergente Konnektivität bieten. Dazu sei anzumerken, dass dieses Ziel von den Telcos seit vielen Jahren propagiert wird, man aber noch nicht wirklich weit gekommen ist. Es gibt also noch vieles zu tun, und hier ist die (Bildungs-)Politik in Bund und Kantonen ebenso gefragt wie die Betreiber.
asut
Judith Bellaiche als neue asut-Präsidentin gewählt
Judith Bellaiche, Präsidentin asut
Rüdiger R. Selin
Generalversammlung und Vorstand des Schweizerischen Verbandes der Telekommunikation (asut) haben an der Generalversammlung am 25. November 2024 in Zürich Judith Bellaiche zur neuen Präsidentin der asut bestimmt. Der bisherige Präsident Peter Grütter verbleibt weiterhin im Vorstand des Verbandes. Zudem wurde Egon Perathoner neu in den Vorstand gewählt.
Nachdem die Generalversammlung des Schweizerischen Verbandes der Telekommunikation (asut) Judith Bellaiche in den Vorstand der asut gewählt hatte, wurde sie nun vom Vorstand zur Präsidentin ernannt. Judith Bellaiche bringt als frühere Geschäftsführerin von SWICO und ehemalige GLP-Nationalrätin eine fundierte Expertise in der digitalen Wirtschaft, der Verbandsarbeit und der Schweizer Politik mit und wird im kommenden Jahr die strategische Neuausrichtung des Verbandes leiten.
Mit der Neubesetzung des Präsidiums konnte die Suche nach einer Nachfolge für Peter Grütter abgeschlossen werden. Peter Grütter hatte nach zwölf erfolgreichen Verbandsjahren seinen Rücktritt als Präsident erklärt, verbleibt jedoch weiterhin im Vorstand. An der Generalversammlung wurde zudem Egon Perathoner, ab 1. Januar 2025 CEO von Quickline, neu in den Vorstand gewählt.
asut ist der führende Verband der Telekommunikationsbranche in der Schweiz. Er gestaltet gemeinsam mit seinen Mitgliedern die digitale Transformation der Schweiz und setzt sich für optimale politische, rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen für die digitale Wirtschaft ein.
Weitere Informationen unter www.asut.ch.



Autor(in) Rüdiger Sellin



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