Datenmassen intern schnell und zuverlässig übermitteln

5G Features

Wegen des grossen Erfolgs von LTE/4G und der stark ansteigenden Datenmengen auf den Mobilfunknetzen wurde 2019 5G lanciert. Es bietet hohe Datenraten von bis zu 2 Gbit/s, sehr tiefe Latenzen von nur 3 bis 5 Millisekunden und eine Abdeckung von über 96 Prozent (Basis-5G). 5G unterstützt zudem verschiedene Nutzerprofile und reserviert für bestimmte Nutzer via «Network Slicing» eigene Netzkapazitäten. Davon profitieren nicht nur Rettungs- und Sicherheitsdienste, sondern auch «mission-critical» Anwendungen, etwa zur Verkehrsregelung in Echtzeit. Bei 5G koexistieren verschiedene Datenströme mit nutzerabhängigen Parametern, sodass zum Beispiel bestimmte Datenpakete mit minimaler Latenz und andere mit maximaler Datenrate transportiert werden.
Ein weiteres wichtiges Feature ist das sogenannte «Beam Forming». Dank variabler Antennencharakteristik kann 5G damit einen schmalen, dafür längeren Strahl («Beam») in eine entfernte Ecke einer Funkzelle führen oder aber ihn massiv kürzen, dafür verbreitern, um damit eine höhere Sendeleistung auf eine kurze Distanz zu beschränken und einem nahen Teilnehmer einen möglichst schnellen Link bereitzustellen. Besonders die ländliche 5G-Versorgung mit Breitbanddiensten via Fixed Wireless Access (FWA) profitiert davon, aber auch Funkzellen mit hoher Last. Diese Beams werden ultraschnell auf- und abgebaut und dazwischen die Daten mit hoher Geschwindigkeit übertragen. Dies zeigt die Flexibilität und Effi­zienz von 5G, das die Ressourcen situations­gerecht aufteilt.

Mobile Edge Computing (MEC)

Für Echtzeitanwendungen minimiert 5G die Latenz noch weiter, indem es einen Teil der Netzintelligenz zur ultra­schnellen Verarbeitung der Daten möglichst nah an die Endgeräte heranrückt – aus Sicht des Netzbetreibers an den Rand («Edge»). Daher spricht man hier auch vom Mobile Edge Computing (MEC). Jede Basisstation enthält einen eigenen MEC-Server, der Daten aus der Cloud beschafft, lokal speichert und verarbeitet – möglichst genau jene Daten, welche die an der Basisstation angemeldeten Clients gerade benötigen, etwa in Produktionsprozessen oder zur Verkehrslenkung. Dies erfolgt mithilfe statistischer Voraussagen, sodass lokal benötigte Daten aus einer lokalen Cloud schneller bereitgestellt werden, anstatt sie von weit her zu holen.
Zuverlässige Vernetzung von Maschinen, Robotern und Benutzern über 5G Mobile Edge Computing
Quelle: Rüdiger Sellin

Industrie 4.0 mit 5G

Die industrielle Produktion steht in Europa unter hohem Kosten- und Zeitdruck. Zudem fehlen in vielen Bereichen Fachspezialisten, sodass möglichst flexible und kostengünstige Produktionsanlagen gefordert sind. Die Idee zur Verbindung von Maschinen wird in der Praxis bereits umgesetzt und nimmt weiter zu, idealerweise mit 5G als mobiler Übertragungstechnik. Auf diese Art und Weise entstehen zurzeit in Europa zahlreiche private 5G-Campusnetze, die ein Geschäftsgebäude oder einen Campus mit mobiler Kommunikation versorgen.
Darüber vernetzte Sensoren kommunizieren über mobile Datenverbindungen untereinander oder mit einer zentralen Steuerung. Diese erkennt zum Beispiel den Standort von Ressourcen in der Produktionshalle oder auf der Baustelle, was besonders in hektischen Momenten für kühle Köpfe sorgt. Auch Maschinen und Anlagen melden via 5G ihren genauen Wartungsbedarf über Zustands- und Fehlermeldungen.

Premiumprodukte dank 5G

Gerade in der industriellen Produktion besonders hochwertiger Produkte wie in der Medizinaltechnik verbreitet sich 5G schnell. Sensoren erfassen etwa den genauen Standort von angelieferten oder selbst gefertigten Halbfertigprodukten und Teilen, deren Status sowie potenzielle Fehler während der Produktion. So nutzt das innovative Schweizer Medizinaltechnik-Unternehmen Ypsomed ein 5G-Campusnetz bereits seit 2017 am Standort Solothurn und konnte dank hoher Effizienz Arbeitsplätze in der Schweiz sichern.
Ein gutes Beispiel für die 5G-Nutzung in der Produktion liefert auch die deutsche Autoindustrie, wo nicht nur Anlagen und Maschinen, sondern schrittweise auch Industrieroboter via 5G vernetzt werden. Dank 5G besteht zudem die Möglichkeit zum Laden grosser Software-Pakete. Der Software-Anteil steigt laufend, auch wegen der wachsenden Anzahl an Assistenzsystemen und komplexen Steuergeräten. Vor deren Inbetriebnahme müssen in der laufenden Produktion schnellstmöglich grosse Datenmengen aufs Fahrzeug geladen werden, was erst mit 5G möglich wird.
Kontinuierliche Maschinenkommunikation via 5G
Quelle: Rüdiger Sellin

5G als Schlüsseltechnologie

Nach Expertenmeinung wird die voll vernetzte Fabrik einen grossen Einfluss auf die zukünftige Produktion haben. Eine leistungsfähige Netzarchitektur, die Reaktionen in Echtzeit erlaubt, ist für diese Entwicklung unerlässlich. Neben der sehr hohen Zuverlässigkeit brilliert 5G auch mit seinem tiefen Energiebedarf. Trotzdem bietet 5G eine rund 1000-fach höhere Netzkapazität als das immer noch leistungsfähige 4G/LTE und kann mit weniger Energie eine deutlich grössere Anzahl von Endgeräten mit mobiler Konnektivität versorgen.
Bei der hohen Endgerätedichte in Logistikcentern, in der produzierenden Industrie oder im Verkehr, aber auch auf Baustellen oder in Bahntunnels wird 5G damit zur Schlüsseltechnologie. Denn eine garantierte Bandbreite zu jeder Zeit und an jedem Ort mit schneller und praktisch verzögerungsfreier Datenkommunikation dank ultratiefer Latenz sind einzigartige Eigenschaften, die ein WLAN bei Weitem nicht bieten kann – erst recht nicht, wenn hohe Sicherheit gewünscht ist.
5G-Campusnetze
Im Geschäftsbereich existieren Dutzende Ideen zur Nutzung von 5G. Man könnte nicht nur öffentliches, sondern auch firmeninternes Terrain bestens mit ultraschnellen mobilen Verbindungen versorgen. In der Öffentlichkeit sorgt die Zahl 5 gefolgt vom einem G noch immer für heisse Diskussionen. Dass private 5G-Sender hierzulande auf Firmenterrains nur selten anzutreffen sind, hat weitere Gründe.
So gibt es in der Schweiz keine weitreichende industrielle Massenproduktion wie etwa in Deutschland oder Frankreich. Und man trifft nur selten auf Politiker, die unsere Kommunikationsnetze im Fokus haben und sich dafür einsetzen. Auch 5G-Campusnetze werden sogar in den zuständigen Bundesämtern kaum wahrgenommen. In Konsequenz sind dafür auch keine Frequenzen vorgesehen. Ob 5G-Campusnetze bei der nächsten Frequenzauktion (2028) im Blickfeld des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) oder der Versteigerungsinstanz ComCom sind, ist unbekannt.
Interessierte Firmen können beim Bakom lediglich eine «Funkversuchskonzession» beantragen, die aber nur während eines Jahres gültig ist. Diese Möglichkeit hat die Stürmsfs AG, ein Metallverarbeiter in Goldach, genutzt und setzt 5G als Netztechnologie für ihr Werksgelände ein. Zwar nutzen andere Firmen 5G-Kleinsender auf ihrem Campus, der jedoch an eine öffentliche 5G-Domäne angehängt wird. Trotz sicherheitstechnischer Vorbehalte ist dies zurzeit jedoch die einzige Möglichkeit ausserhalb der «Funkversuche».
In Deutschland vergibt die zuständige Bundesnetzagentur (BNetzA) entsprechende Lizenzen für 5G-Campusnetze im reservierten Frequenzband (3,7–3,8 GHz) recht freizügig. Dafür werden jeweils nur wenige Tausend Euro fällig, was die Hürden für 5G-Campusnetze bewusst tief hält. Die Anwendungen reichen von der industriellen Produktion und ICT-Firmen über Forschungsinstitute und Hochschulen bis hin zur Forstwirtschaft und Filmstudios. Bis Ende Januar 2023 erfolgten bereits rund 300 Frequenzzuteilungen durch die BNetzA. Die entsprechende Liste wird jeden Monat länger.
Zudem fördert das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) 5G-Campusnetze allein 2022 mit 33 Millionen Euro für sieben Projekte mit 56 Partnern. Weitere vier deutsch-französische 5G-Kooperationen wurden mit weiteren 17,7 Millionen Euro gefördert. In der Schweiz hingegen erhält kein Netzbetreiber öffentliche Fördergelder.
Das grösste deutsche 5G-Campusnetz besteht auf dem Messegelände Hannover. Es ist mit einer überdachten Fläche von 496 000 Quadratmetern und 26 Messehallen das grösste Messegelände der Welt. Zu der 131 Hektar grossen Kernfläche gehört auch ein Tagungszentrum. Die traditionelle Hannover-Messe bietet auch vielen Schweizer Firmen eine ideale Vermarktungsplattform.



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