Datenbrillen sind auf dem Vormarsch

Im Gespräch mit Michael Zawrel von Microsoft

Michael Zawrel, Senior Product Marketing Manager Devices bei Microsoft, erklärt, wie die Windows-Mixed-Reality-Plattform funktioniert und warum Unternehmen trotz des hohen Preises von knapp 5500 Franken auf die HoloLens setzen sollten.
Michael Zawrel: Senior Product Marketing Manager Devices bei Microsoft
Quelle: Microsoft
Computerworld: Herr Zawrel, Microsoft hat mit dem Fall Creators Update im Oktober 2017 Mixed Reality als festen Bestandteil von Windows 10 eingeführt. Was zeichnet dieses System aus?
Michael Zawrel: Windows Mixed Reality ist eine durchgängige Plattform zur Erstellung und Nutzung von Mixed-Reality-Anwendungen. Entwickler können auf der Plattform MR-Inhalte für die verschiedensten Gerätetypen und Szenarien programmieren – etwa für die App Mixed Reality Viewer auf dem PC, für eine Anwendung auf der Microsoft HoloLens oder auch für vollimmer­sive Virtual-Reality-Erfahrungen auf den neuen Windows-Mixed- Reality-Headsets unserer Partner. Anwendungen lassen sich sogar über verschiedene Gerätetypen hinweg nutzen.
Computerworld: Die von Ihnen erwähnten Mixed-Reality-Headsets, die Ende 2017 auf den Markt kamen, haben für einige Verwirrung gesorgt, weil es sich eigentlich um VR-Brillen handelt. Warum bevorzugt Microsoft den Begriff «Mixed Reality»?
Zawrel: Wir orientieren uns an der 1994 von Paul Milgram und Fumio Kishino aufgestellten Definition, wonach Mixed Reality eine Vermischung der physischen und digitalen Welt darstellt. Das umfasst das ganze Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten. Auch VR-Anwendungen sind eine Mischung aus virtuellen und physischen Komponenten. Zum Beispiel werden Orientierung und Bewegungen über Controller und Sensoren aus der physischen Welt in die künstliche digitale Welt übertragen. Deshalb sprechen wir primär von Mixed Reality.
Computerworld: Windows Mixed Reality wird oft mit der HoloLens gleichgesetzt. Trägt das nicht auch zur Begriffsverwirrung bei?
Zawrel: Die Microsoft HoloLens hat natürlich eine Sonderstellung. Sie ist der erste völlig eigenständige, kabellose holografische Computer, ein Windows-10-Rechner, den man auf dem Kopf tragen kann. In das Blickfeld des Trägers lassen sich digitale Objekte – sogenannte Hologramme – einblenden, und zwar so, als ob sie Teil der Realität wären.
Computerworld: Wie funktioniert das technisch?
Zawrel: Die in der Brille verbauten Sensoren scannen kontinuierlich die Umgebung und erstellen davon eine räumliche Karte, wir nennen das «Spatial Mapping». So lassen sich digitale Objekte auf Oberflächen wie einem Tisch, dem Boden oder der Wand platzieren. Hinzu kommt, dass man die holografischen Objekte per Gesten- und Sprachsteuerung bedienen oder verändern kann. Das ermöglicht viele Anwendungsszenarien.
Computerworld: Gibt es aktuelle Beispiele für den HoloLens-Einsatz, die Sie besonders bemerkenswert finden?
Zawrel: Sicher. Zusammen mit BMW und der Agentur Saint Elmo’s haben wir etwa ein Szenario für den Verkauf umgesetzt, in dem der interessierte Kunde den neuen BMW X2 holografisch erleben und konfigurieren kann. Das Szenario setzt stark auf spielerische Elemente und Social-Media-Integration. So kann der Nutzer beispielsweise das Auto durch einen Hindernis-Parcours navigieren oder es virtuell umlackieren.
Computerworld: Ist die HoloLens für solche Aktionen nicht zu teuer? Die Commercial Edition kostet immerhin knapp 5500 Franken …
Zawrel: Es kommt immer auf das Ziel an, das man erreichen will. Mit der Microsoft HoloLens erwirbt man eine innovative Technologie, die sich nachhaltig einsetzen lässt – nicht nur für ein Projekt. Grundsätzlich entscheidet aber natürlich immer der Kunde.
Computerworld: Die aktuelle HoloLens ist nicht nur sehr teuer, sondern auch schwer, was bei einer längeren Tragezeit zu Nackenbeschwerden und Kopfschmerzen führen kann. Schränkt das die Einsatzgebiete nicht erheblich ein?
Zawrel: Die HoloLens ist primär für aufgabenorientiertes Arbeiten konzipiert: Ich setze sie auf, erledige meine Arbeit und setze sie wieder ab. Es ist aber auf jeden Fall wichtig, dass die Brille richtig eingestellt wird, damit sie komfortabel sitzt. Im Übrigen ist sie mit 579 Gramm nicht schwerer als vergleichbare Geräte.
Computerworld: Ein anderer Kritikpunkt betrifft das eingeschränkte Gesichtsfeld der HoloLens …
Zawrel: Wir adressieren mit der HoloLens ausschliesslich ein kommerzielles Umfeld. Dort ist es durchaus wichtig, dass ich meine Umgebung weiterhin wahrnehmen kann.
Anmerkung: Dieser Bericht ist ursprünglich in unserer deutschen Schwesterzeitschrift com! professional erschienen. Der Text wurde von der Computerworld-Redaktion übernommen und leicht angepasst.



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