22.10.2010, 11:34 Uhr

Apple begräbt die Scheibe

Frage: Was haben Festplatten, DVDs und Blu-Ray-Discs gemeinsam? Antwort: Sie gehören in der Welt von Apple zu einer bedrohten Spezies.
Apple ist immer wieder dafür gut, uns die Trends der Zukunft zu zeigen - und damit richtig zu liegen. Wenn das auch für die Massenspeicher gilt, dann können wir uns bald von Festplatten, DVDs und anderen Scheiben verabschieden. Doch der Reihe nach.

Die DVD ist tot ...

Die DVD hat bei Apple nichts mehr zu melden. Doch seien wir ehrlich: Die praktische Scheibe darf auf ein relativ langes und erfolgreiches Leben zurückblicken. Bei ihrer Einführung Mitte der Neunzigerjahre sorgte sie für massloses Entzücken, weil die Bilder auf dem Fernseher so «scharf» wie noch nie waren. Doch 15 Jahre später kann sie mit einer Auflösung von 720 x 576 Pixel gerade noch mit einer Webcam konkurrieren. Heute sind HD-Formate angesagt.
Das bekommt auch die Software «iDVD» zu spüren, die Bestandteil von Apples «iLife»-Paket ist. Früher wurde sie mit Stolz von Apple herumgezeigt, weil sich mit ihr Filme in Rekordzeit zusammenstellen, mit hochwertigen Menüs ausstatten und auf DVD brennen liessen. Doch das Schicksal dieser Software ist besiegelt. Zwar gehört iDVD nach wie vor zum brandneuen Paket «iLife '11», doch wird es auf der Apple-Website noch nicht einmal erwähnt. Das letzte grosse Upgrade stammt aus dem Jahr 2006, und danach wurden mehr oder weniger nur noch die grafischen Vorlagen verbessert und erweitert. Es wäre ausserdem sehr verwunderlich, wenn iDVD auch in der nächsten iLife-Version noch einmal auftaucht.

... und die Blu-Ray riecht bereits komisch

Die Blu-Ray sollte die DVD eigentlich ersetzen, aber das ist der Filmindustrie bis jetzt nur leidlich gelungen. Der sinnlose Formatkrieg gegen die HD-DVD verhinderte einen Blitzstart, und als sich Blu-Ray endlich als Siegerformat fühlen durfte, war die Medienwelt bereits einen Schritt weiter. Heute offeriert sogar YouTube Filme in Full-HD-Auflösung, und auch andere Branchengrössen konzentrieren sich voll auf das Streaming über Internet. Microsoft setzte kurzfristig auf die HD-DVD, doch als dieses Format den Kürzeren zog, wandte man sich nicht etwa auf die Blu-Ray zu - stattdessen konzentriert sich der Software-Riese mit dem Zune-Marktplatz auf das Streaming von Full-HD-Filmen über die Xbox 360.
Steve Jobs ging noch einen Schritt weiter und gab der Blu-Ray vom Start weg nie eine Chance. Stattdessen beklagte er die komplizierte Lizensierungs-Prozedur und die benutzerunfreundlichen Kopierschutz-Massnahmen. Auch heute gibt es keinen einzigen Apple-Rechner, den man mit einem Blu-Ray-Laufwerk bestellen könnte - und kaum jemand scheint das zu stören. Stattdessen setzt Apple voll auf Inhalte, die aus dem Internet geladen werden.

Das Ende der Festplatte?

Aber auch das Schicksal der Festplatte scheint besiegelt. Das neue, in der Schweiz noch nicht erhältliche Apple TV, wurde von seiner Festplatte befreit. Stattdessen ist das Gerät voll und ganz darauf ausgelegt, Inhalte vom Desktop-Rechner über das lokale Netzwerk zum Fernseher zu streamen. Das ist auch sinnvoll, denn warum sollten die multimedialen Inhalte auf jedem einzelnen Rechner gespeichert werden?
Doch es geht noch weiter: Sogar das brandneue Macbook Air, das eigentlich als Notebook gilt, speichert seine Inhalte nur noch in einem Flash-Speicher. Das garantiert extrem kurze Zugriffszeiten, einen geringen Stromverbrauch und eine längere Akku-Laufzeit. Ein DVD-Laufwerk fehlt hingegen ganz. Deshalb wird konsequenterweise auch keine System-DVD beigelegt; stattdessen gehört zum Lieferumfang ein USB-Speicherstick, der für die System-Wiederherstellung verwendet werden kann.
In Zukunft dreht sich nicht mehr - jedenfalls nicht, wenn es um die Speicherung unserer Daten geht. Stattdessen sollten wir im Keller schon mal ein lauschiges Plätzchen für den heimischen Server mit 20 Terabyte suchen; also für das einzige Gerät im Haus, in dessen Bauch noch billige Festplatten rotieren werden.



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